03.09.2019 12:21

Oberliga


Der ehemalige Drittligist kommt: Kickers Emden auf der Kampfbahn!

BSV Kickers Emden im Porträt / Die „Deichkicker“ sind nach schwierigen Jahren erstarkt
BSV Kickers Emden Torjubel
Kickers Emden bejubelte am Samstag gegen den Heesliner SC einen Heimsieg (Foto: Ursel Wullert).

Wenn die Kickers aus Emden am Samstag, 16 Uhr, auf der Hamelner Kampfbahn gastieren, führt für jeden Fußball-Liebhaber in der Region eigentlich kein Weg an dieser Begegnung vorbei. Mit dem Barenburger Sportverein ist ein Verein in der Rattenfängerstadt zu Gast, der Niedersachsens Fußball mitgeprägt hat. Die Ostfriesen erblickten am 24. März 1946 das Licht der Welt und arbeiteten sich zügig in die damals noch zweitklassige Amateuroberliga Niedersachsen-West vor, wo sie sich von 1949 bis 1963 hielten, ehe der Abstieg in die Verbandsliga Nord erfolgte. Die bis dato beste Saison der Vereinsgeschichte spielten die Kickers 1950/51, als sie Meister wurden, den Aufstieg in die erste Liga aber knapp verpassten. In den 60er, 70er und 80er Jahren spielte Emden in der Verbands- oder Landesliga – bis 1990/91 die Stadt im Ausnahmezustand war: Nach der Meisterschaft in der Verbandsliga, setzten sich die Kickers auch in der Relegation durch und stiegen in die drittklassige Oberliga Nord auf. Es war der Beginn der „goldenen 90er Jahre“.

Champions League-Sieger Jörg Heinrich bei den Kickers

Jörg Heinrich Kickers Emden
Jörg Heinrich von 1990 bis 1994 bei den Kickers (Foto: Christian Göke).
1992/93 spielte Emden im DFB-Pokal gegen den damaligen Bundesligisten 1. FC Saarbrücken (1:5-Niederlage) und qualifizierte sich in der darauffolgenden Spielzeit gar für die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga – scheiterte dort jedoch. Von 1990 bis 1994 spielte zudem ein junger Mann für die „Deichkinder“, der Jahre später die ganzen großen Titel im Weltfußball in die Höhe strecken sollte: Champions League- und Weltpokalsieger Jörg Heinrich lief 86 Mal für die Kickers auf, erzielte beachtliche 20 Tore – und wechselte anschließend zum SC Freiburg, dann zu Borussia Dortmund. Nach dem NFV-Pokalsieg 1996, war 1996/97 Bundesligist Fortuna Düsseldorf in der 50.000 Einwohner-Stadt zu Gast, um gegen die Kickers die erste DFB-Pokal-Runde zu bestreiten und siegte mit 3:1. Die glorreichen Tage in der mittlerweile umbenannten Regionalliga-Nord sollten kurz vor der Jahrtausendwende jedoch vorerst ein Ende finden. 1999 folgte der Abstieg in die Oberliga Niedersachsen/Bremen, wo der Verein als Top-Team meist oben mitspielte. Im Milleniumsjahr 2000 streckte der Oberligist den NFV-Pokal erneut in die Höhe und qualifizierte sich wieder für den DFB-Pokal. Diesmal reiste Zweitligist FSV Mainz 05 an und setzte sich knapp mit 1:0 durch.

Sensation in der 3. Liga – mit bitterem Ende

Wappen Kickers Emden2004/05 feierte die Stadt, nach sechsjähriger Abstinenz, die Meisterschaft in der Oberliga Nord und die daraus resultierende Rückkehr in die drittklassige Regionalliga Nord. Emden wurde mit 81 Punkten souveräner Meister vor Wilhelmshaven. In den darauffolgenden drei Spielzeiten entwickelten sich die Kickers zu einer festen Größe in der Regionalliga und erhielt den Spitznamen „die Ottifanten“ - mit dem legendären Vertreter des deutschen Humors, Otto Waalkes, der aus Emden stammt, verbindet den Verein seit Jahrzehnten ein besonderes Verhältnis. Ende der 1980er Jahre war Waalkes Hauptsponsor des BSV und gestattete dem Verein 2005, den „Ottifanten“ in seinen Publikationen zu verwenden. Sportlich lief es weiterhin rund. Als sich der DFB entschied, zur Saison 2008/09 eine dritte Profi-Spielklasse, die 3. Liga, einzuführen, qualifizierten sich die Kickers als Neuntplatzierter prompt und galten fortan als „gallisches Dorf“ im professionellen Fußball. Finanziell war der Verein gegenüber den großen Budgets deutlich im Nachteil – dennoch spielte der „Underdog“ unter Trainer Stefan Emmerling, mit der Erfahrung von 246 Bundesliga- und 106 Zweitligaspielen als Profi bestückt, eine sensationelle Saison. Emden behauptete sich unter großen Namen wie Union Berlin, Fortuna Düsseldorf, SpVgg Unterhaching, Eintracht Braunschweig – um nur einige zu nennen – und wurde in der Endabrechnung Sechster. Darüber hinaus gelang der mittlerweile dritte NFV-Pokalsieg Dennoch folgte nach einem der aufregendsten Jahre der Vereinsgeschichte das „Bad End“. Finanzielle Altlasten bewogen die Verantwortlichen dazu, sich aus dem teuren Profisport zurückzuziehen und einen Neustart in der Oberliga West zu wagen.

Drei Millionen Euro Schulden bedeuten Insolvenz

Im ersten Oberliga-Jahr (2009/10) gab es zu Beginn trotzdem ein Highlight. Dank des NFV-Triumphs war Emden wieder für den DFB-Pokal qualifiziert und hatte den 1. FC Köln zu Gast (0:3-Niederlage). Zudem qualifizierten sich die Kickers für die eingleisige Oberliga Niedersachsen. 2010/11 erreicht der BSV erneut das NFV-Pokalfinale, musste sich diesmal jedoch Eintracht Braunschweig mit 1:2 geschlagen geben. Dennoch war der Verein wieder beim DFB-Pokal dabei, verlor zu Beginn der Spielzeit 2011/12 mit 1:5 gegen den FSV Frankfurt. Was zu diesem Zeitpunkt nur wenige wussten: Es ist bis heute letzte Spiel auf Bundesebene. Wenige Monate später, am 24. November 2011, gaben Präsident Günter Schmaler und der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Strahmann auf der Jahreshauptversammlung bekannt, dass der Verein Insolvenz beantragen müsse. Die Schulden betrugen rund drei Millionen Euro. Gleichzeitig bedeutete das Insolvenzverfahren Rückzug aus dem Spielbetrieb, Emden bestritt 2011/12 nur 19 Spiele.

Die Rückkehr in die „Königsklasse" Niedersachsens

BSV Kickers Emden Humba nach dem Heimsieg
Emdens Marvin-Reiner-Wilhelm Eilerts stimmt nach dem Heimsieg das Humba an (Foto: Ursel Wullert).
Fortan ging der Verein in der Landesliga Weser-Ems an den Start und stellte sich dort neu auf. Nach sieben Jahren in der sechsten Liga war es endlich so weit: Die Kickers Emden hatten sich zu einem Topteam der Liga gemausert und wurden in der abgelaufenen Saison 2018/19 Vizemeister. Da Meister SV Bevern auf den Aufstieg verzichtete, durften die Kickers in die „Königsklasse" Niedersachsens zurückkehren. Zudem gelang dem Verein an der Seitenlinie ein Coup: Mit Emmerling ist der ehemalige Drittliga-Coach der Emdener in diesem Sommer zurückgekehrt und soll die Mannschaft in der fünften Liga etablieren. Mittlerweile haben sich erste Erfolgserlebnisse eingestellt. Nachdem der BSV die ersten drei Spiele verlor, gelangen Siege gegen Northeim (2:1) und den starken Heeslinger SC (2:1). Ausgerechnet vor dem Aufsteigerduell gegen den HSC BW Tündern scheint die Elf von Emmerling also in die Spur gefunden zu haben – und kommt mit ordentlich Selbstvertrauen in die Rattenfängerstatt. Was für die „Lokalmatadoren" aus Tündern möglich ist? Das wissen wir am frühen Samstagabend.
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