08.09.2010 08:58

Jetzt ist es offiziell


Aus und vorbei! Preußen zieht erste Herren aus der Landesliga zurück

Von Alvensleben: Verein fehlen 30.000 Euro / Auch zweite Mannschaft steht vor dem Rückzug
Roman von Alvensleben Roman Klodnyckyj Preussen Hameln 07 AWesA
Versteinerte Miene: Roman von Alvensleben (re.) und Roman Klodnyckyj auf der Pressekonferenz.

Um 15.36 Uhr war es offiziell: Der amtierende Vorstand des Hamelner Traditionsvereins Preußen 07 gab auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz die Abmeldung der ersten Herren-Mannschaft aus der Landesliga bekannt! Rund ein Jahr, nachdem die Blau-Weiß-Roten an der Tabellenspitze der Oberliga Niedersachsen standen, ist damit der Tiefpunkt der Vereinsgeschichte erreicht. Aktueller Anlass für den Rückzug war der kurzfristige Absprung eines Sponsors. Der ging mit dem Verlust von 11.000 Euro einher, die im Etat eingeplant waren. „Wir können den Spielbetrieb in der Landesliga bis Weihnachten nicht Aufrecht erhalten, auch wenn es mir in der Seele wehtut. Mich macht es traurig, wenn Traditionen untergehen“, erklärte Roman von Alvensleben, der indes nicht von seinem Posten zurücktreten wird. „Wenn jemand kommt, der die Aufgabe übernehmen möchte, mache ich aber sofort platz. Es haben aber zu viele Leute den Rückzug an Stellen gewählt, wo es der Verein überhaupt nicht gebrauchen konnte. Das gehört sich einfach nicht“, so der 07-Vorsitzende. Er wolle, gemeinsam mit seinem Vorstands-Team, das möglicherweise anstehende Insolvenzverfahren begleiten – und unterstützen.

Voraussetzung für Neugründung geschaffen


Der Spielbetrieb im Jugendbereich sowie der Altherren und Altsenioren geht indes weiter. Jedenfalls vorläufig. Denn mit Abschluss eines Insolvenzverfahrens wird es den Verein SpVgg. Preußen Hameln 07 nicht mehr geben. Die Voraussetzungen für eine Neugründung – wie das Namensrecht und eine mögliche Übernahme des Vereinsheims – seien, so von Alvensleben, aber gegeben. Dafür müssten sich sieben Personen zusammenfinden, die dann beim Amtsgericht eingetragen werden. Unklar ist derweil, wie es mit der zweiten Herren in der Leistungsklasse weitergeht – und ob die jetzigen Landesliga-Spieler mit sofortiger Wirkung bei anderen Vereinen spielberechtigt sind. „Wir werden jetzt Gespräche führen, um dies abzuklären. Wenn wir dann sehen, dass es nur noch neun oder zehn Leute sind, werden wir auch hier die Notbremse ziehen“, erläutert Vize-Vorsitzender Roman Klodnyckyj.

100 Euro durch Unternehmens-Anschreiben, 37 Euro durch Spenden-Hotline


Wie hoch die Verbindlichkeiten des Vereins genau sind, darüber herrscht Unklarheit. Fest steht: Es handelt sich um eine sechsstellige Summe. „Es sind uns zu viele Forderungen und Verbindlichkeiten übertragen worden, von denen wir vorher nichts gewusst haben“, macht von Alvensleben deutlich. Dennoch hätten rund 30.000 Euro gereicht, um den Spielbetrieb in der Landesliga weiterzuführen. Von Alvensleben: „Das ist letztendlich nicht viel, um über 100 Jahre Tradition am Leben zu halten.“ Beim Insolvenzverfahren des ehemaligen Zweitligisten Arminia Hannover hätten höhere Summen zur Verfügung gestanden. „Da waren gleich 40.000 Euro im Topf! Das war für den Insolvenzverwalter wesentlich einfacher“, stellt von Alvensleben klar. Doch alle Anstrengungen, Mehreinnahmen zu regenerieren, waren letztendlich nicht von Erfolg gekrönt. Bei einem Anschreiben an 250 Unternehmen kamen 100 Euro zusammen. Als der 07-Fanclub eine Spenden-Hotline im Internet ins Leben rief, standen am Ende 37 Euro zu Buche. Auch die Sportwoche mit den Spielen gegen Meppen, Hannover 96 und Fortuna Düsseldorf brachte nicht den erhofften Umsatz.

Von Alvensleben: „Auch Stadt Hameln hat ihren Teil beigetragen“


Ein Grund für die finanzielle Misere sei zudem gewesen, dass der Verkauf von Speisen und Getränken im Weserberglandstadion nicht beim Verein gelegen hätten. „Ein Verein kann nur überleben, wenn er diese Einnahmen hat. Die Stadt Hameln hat letztendlich auch ihren Teil dazu beigetragen“, unterstreicht von Alvensleben. Klodnyckyj hatte für die Situation eine bildliche Beschreibung parat: „Der Verein hängt an den Schläuchen des Insolvenzgerichts, Insolvenzverwalters und der Gläubiger, die den Patienten auf der Intensivstation am Leben halten.“ Deshalb stellte von Alvensleben klar: „Wenn die Gläubiger sagen, wir verzichten, ist dieser Verein gerettet!“

„Du entschuldigst Dich zu viel“ – Götze nimmt von Alvensleben in Schutz


Deshalb fiel auch das Fazit von Günther Götze drastisch aus. „Der Verein lässt sich auch in Zukunft nicht am Leben halten. Das ist ein totgeborenes Kind! Dann muss man letztlich auch sagen: Hameln hat es einfach nicht verdient“, fand der kommissarische Schatzmeister deutliche Worte. Ausdrücklich lobte er das Engagement und die Arbeit von Alvenslebens – und nahm den Vorsitzenden in Schutz: „Ich finde, dass Du Dich viel zu viel entschuldigst!“ Der Preußen-Vorsitzende legte nach: „Dann ist es letztendlich nicht gewollt, dass dieser Verein existiert! Die Leute, die in irgendwelchen Foren sagen: Von Alvensleben, tritt doch zurück! Warum machen sie es nicht selbst?“ Nach Abschluss eines möglichen Insolvenzverfahrens, das derzeit von Insolvenzverwalter Dr. Eckart geprüft wird, wird von Alvensleben nicht mehr zur Verfügung stehen. Wie auch Klodnyckyj, der bekräftigte: „Wenn noch einmal in einem Vorstand aktiv, dann nur noch in einem Brieftauben- oder Kaninchenzüchterverein!“

Schünemann: „Stehe als Trainer nicht mehr zur Verfügung“


Beendet ist damit auch die Trainertätigkeit von Rolf Schünemann, der seit Mitte Juli unermüdlich an einer schlagkräftigen Landesliga-Riege gearbeitet hatte. „Der Weg, in der Landesliga anzufangen, war genau der richtige! Sonst hätten wir gar keine Spieler zusammenbekommen“, stellte Schünemann klar, dessen Arbeit vom Vorstand noch einmal in höchsten Tönen gelobt wurde. „Ich werde als Trainer nicht mehr zur Verfügung stehen, aber als Spieler in der Zweiten die Saison zu Ende spielen“, so der sichtlich enttäuschte Übungsleiter, der allerdings Zweifel an einem Fortbestand des Reserve-Teams, das in der Leistungsklasse am Ball ist, hat: „Ich glaube nicht, dass die Zweite am Sonntag spielen wird.“ Mit gutem Grund: Gestern hatten sich die Akteure des Landesliga-Kaders gegen ein Weitermachen in der zweiten Mannschaft ausgesprochen. Das unterstrich auch Daniel Magaschütz noch einmal: „In der Zweiten werde ich nicht spielen.“ Definitiv vom Spielbetrieb zurückgezogen werden derweil die Bezirksliga-C-Junioren der 07er. „Das war die Konsequenz aus der Abmeldung der ersten Herren“, erläutert Jugendleiter Carsten Dreier.

So bleiben den Preußen-Fans drei Hoffungen: Die Gläubiger verzichten auf ihr Geld, ein Groß-Sponsor steigt kurzerhand wie Phönix aus der Asche – oder der Name Preußen Hameln 07 geht aus einem Insolvenzverfahren in einem neuen, nicht von Schulden belasteter Verein hervor. Derzeit dürfte aber nur letztere Variante realistisch sein.


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