Autor: Oliver Steffan. Erschienen in der Chronik: „40 Jahre Kreisliga Hameln-Pyrmont“. Das Buch wurde im Jahr 2019 veröffentlich. Die „jüngere“ Geschicht wird ggf. ergänzt.
In der Saison 1989/90 erblickt ein neuer Kreisligist das Licht der Welt: Der TSV Grohnde wird unter Trainer Friedhelm Brockmann Meister in der Leistungsklasse. Es hat sich eine eingeschworene Gemeinschaft gebildet: Torhüter Olaf Rindt macht hinten dicht, im Feld ziehen Mittelfeldregisseur Heiko Kerstan, der lauf- und kampfstarke Marco Herr und Allrounder Thomas Schröer die Fäden, vorne machen Volker Schulz und Carsten Baumgardt – mit 103 Treffern der drittbeste Kreisliga-Torschütze der 90-er Jahre – die Tore. „Er war ein unglaublich guter Stürmer“, erinnert sich Klaus Wittchow, der die Mannschaft über viele Jahre hinweg als Betreuer begleitet. Der „Star“ sei jedoch immer der Zusammenhalt gewesen: „Es hat eine unglaubliche Kameradschaft geherrscht. Der Kern der Mannschaft ist immer zusammen geblieben“. Das Premierenjahr im Kreis-Oberhaus endet auf einem beachtlichen sechsten Rang, obwohl die mit viel Elan, Vorfreude und Ambition in die Saison blickende Brockmann-Elf den Start in die Kreis-Elite krachend verpatzt: Am ersten Spieltag unterliegt der TSV dem FC Flegessen mit 0:5 auf eigenem Platz. Erst am dritten Spieltag kommen die Grohnder mit einem 3:1-Sieg gegen Lauenstein ins Rollen und gewöhnen sich an das Niveau der Kreisliga. Zum treffsichersten Mann wird in dieser Spielzeit der damals 18-jährige Baumgardt, der 20 Mal knipst und eigentlich noch A-Jugend spielen könnte. Da ahnt allerdings noch keiner: Die darauffolgende Saison 1991/92 wird zur besten der 99-jährigen Vereinsgeschichte gehören.

TSV Grohnde in der Saison 1991/92. Obere Reihe v.l.: Dirk Ruhm, Heiko Kerstan, Volker Schulz, Marco Herr, Gunther Bernhard, Wolfgang Kolodzik, Andrew
Thomas, Betreuer Klaus Wittchow, Trainer Friedhelm Brockmann. Untere Reihe v.l.: Michael Basen, André Tomkowiak, Arnd Neumann, Olaf Rindt, Thomas Schröer, Carsten Baumgardt,
Wolfgang Helms.
Ohne große Veränderungen im Kader spielen sich die Grohnder regelrecht in einen Rausch und mischen plötzlich ganz vorne mit. „Die Mannschaft hat sich immer besser eingespielt, immer weiter entwickelt. Der Wille und die Kampfbereitschaft haben uns ausgezeichnet. Viele Spiele haben wir in den letzten 20 Minuten gewonnen. Die dritte Halbzeit war danach länger als die Spiele“, lacht Wittchow und ergänzt: „Das war eine tolle Zeit“. Das Umfeld stimmt einfach, das liegt auch an Wittchow selbst. „Er ist die gute Seele des Vereins, er hat neben dem Platz mindestens so viel gegeben wie die Spieler auf dem Feld“, erzählt Stürmer Baumgardt. Nach einem spannenden Dreikampf um die Meisterschaft, in dem der HSC BW Tündern II letztlich abgehängt wird, kommt es am letzten Spieltag zu einem echten Meisterschaftsfinale. Bisperode ist Erster, Grohnde Zweiter – die Brockmann-Elf muss das Finale auswärts gewinnen, um am Ende die „Meisterschale“ gen Himmel zu strecken. Über 400 Zuschauer sehen, wie Bisperode scheinbar unbeirrt Richtung Titel marschiert: Drummer und Dylinger (Strafstoß) bringen die Blau-Gelben mit 2:0 in Front. Mit dem Mut der Verzweiflung kommen die Grohnder in der Schlussphase zurück. Und wie: Kerstan und Schröer schießen in der 81. und 85. Minute den 2:2- Ausgleich. Zu mehr reicht es allerdings nicht – die Meisterschaft geht nach Bisperode, in Grohnde herrscht grenzenlose Trauer. „Wir waren natürlich enttäuscht. Wir hatten es in eigener Hand, aber es hat nicht sollen sein“, bedauert Wittchow fast 20 Jahre später. Die darauffolgende Relegation und damit verbundene Chance auf den nachträglichen Aufstieg stellt sich als geplatzter Traum heraus. „Wir haben das erste Spiel 3:2 gewonnen, das zweite 0:2 verloren – das war‘s“, erinnert sich Wittchow und ergänzt: „Ob ein Aufstieg so gut gewesen wäre, weiß ich rückblickend gar nicht. Der Verein war und ist nicht für die Bezirksebene gemacht.“
In der darauffolgenden Saison wird Michael Siepenkort neuer Trainer. Er positioniert den sich kaum verändernden Kader auf einem soliden fünften Rang, 1993/94 wird es der siebte Platz – ehe das Emmerthaler Dorf noch einmal oben anklopft. In der Saison 1994/95 spielt der TSV um die Bezirksrelegation, liefert sich ein packendes Rennen mit dem Gemeinde-Rivalen SC Börry, der ausgerechnet mit dem Ex-Grohnder Michael Basen den Torschützenkönig (21 Tore) hat. In der Endabrechnung erreicht Börry bei Punktgleichheit (31:21) nur aufgrund des besseren Torverhältnisses Platz zwei. Anschließend rückt der Aufstiegskampf in die Ferne, der TSV hält sich in den zwei darauffolgenden Jahren im oberen Mittelfeld auf. Es deutet sich langsam an: Die geringe Fluktuation innerhalb des Kaders entwickelt sich vom Trumpf zur Achillesferse. Zu wenig junge Spieler rücken nach, der Stamm altert. Dem muss die Mannschaft 1997/98 Tribut zollen. Mit nur elf Punkten wird Grohnde Letzter und steigt in die Leistungsklasse ab. „Die Spieler sind älter geworden, einige sind weggezogen, das Umfeld hat sich verändert“, erläutert Wittchow.
Zugeschlagen ist das Kapitel Kreisliga allerdings nur vorübergehend – zur Saison 2001/02 kehrt der TSV unter Trainer Wolfgang Kirk zurück. Allerdings können die Grohnder nicht an die glorreichen Zeiten aus den 90-er Jahren anknüpfen. Von Beginn an befindet sich die Mannschaft im Abstiegskampf und entgeht der direkten Degradierung mit dem 14. und damit drittletzten Rang nur knapp. „Damals hatte Grohnde einen guten Kader, der allerdings nur knapp dem Abstieg entronnen ist“, erinnert sich Sven Mathewes, der ab der darauffolgenden Saison seine Herrenlaufbahn in Grohnde startet und den Verein über viele Jahre hinweg prägen wird: „Nach der Saison sind deshalb viele Spieler weggegangen. Es ging in der Saison 2002/03 mehr darum, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, als dass wir wirklich konkurrenzfähig waren. Ältere Spieler wie Michael Klimasch, Burkhard Ohm oder Ralf Käse mussten in die Bresche springen, um die Mannschaft am Leben zu halten. Wir hatten keinen richtigen Torwart und der Kader bestand aus vielen fast 40-Jährigen“. Die Konsequenz: Mit sieben Punkten und einem Torverhältnis von 24:101 verabschiedet sich Grohnde für einige Jahre in die Leistungsklasse.
Fünf Jahre später, in der Saison 2008/09, ist eine neue Generation an Fußballern herangewachsen, die den gesamten Fußballkreis auf den Kopf stellt. Unter Trainer Klaus Wellhausen spielt mit Allrounder Robert Engel, Offensiv-Spezialist Enver Dragusha, Torwart Niels Conrad, Torjäger Christopher „Toffa“ Thomas, Spielmacher Patrick Kursch, Manndecker Jan Beye, Stürmer Jan-Philipp Schreiber, Antreiber Mathewes sowie den Brüdern Alexander und Peter Blech eine junge und talentierte Mannschaft, die von den erfahrenen Leitwölfen wie Kapitän Frank Scheel, André Tomkowiak oder Marco Herr angeführt wird. In der Leistungsklasse wird Grohnde Meister und realisiert die Rückkehr in die Kreisliga – das alleine ist genügend Stoff für eine historische Saison. Allerdings geben sich die „jungen Wilden“ damit nicht zufrieden. Im Kreispokal gelingt der wohl größte Coup der Vereinsgeschichte. Am 1. Juni 2009 steigt das große Finale gegen BW Salzhemmendorf. In einem denkwürdigen Endspiel präsentiert sich der TSV wie im Rausch – mit 4:1 wird der Favorit aus der Kreisliga vom Platz gefegt, Dragusha wird mit einem Dreierpack zum Matchwinner. Insgesamt fünf Kreisligisten kegelt die Wellhausen-Elf aus dem Wettbewerb, holt die Trophäe und feiert trotz eines Montags bis spät in die Nacht. Torgarant Thomas, heute Spielertrainer beim TSV, erinnert sich: „Ich bin der Meinung, dass Klaus einer fußballerisch mittelmäßigen Mannschaft vorgelebt hat, dass man mit den Attributen Spaß, Wille und Leidenschaft trotzdem zum Erfolg kommen kann. Klaus wusste mit jedem Charakter umzugehen und war eine treue Seele. Er akzeptiert jeden Menschen, wie er ist. Das haben die Spieler an ihm so sehr geschätzt.“
In der Kreisligasaison 2009/10 angekommen, wird jedoch auch klar: Im Alltag ist die Kreisliga eine andere Nummer. Nachdem die Ergebnisse ausbleiben und Unruhe im Verein entsteht, tritt Wellhausen im Oktober 2009 plötzlich zurück. „Das war ein Schock für uns. Wir wollten Klaus als Trainer behalten“, meint Thomas, „wir haben versucht, ihn umzustimmen, leider ohne Erfolg.“ Auf Wellhausen folgt Dirk Heyder als Mann an der Seitenlinie. Dazu holt Heyder mit Tamer Öktem und Cihangier Sevinc im Winter noch weitere Verstärkungen. Am Ende kriegt Grohnde noch die Kurve und wird Elfter.
Die ersehnte Konstanz kommt allerdings auch nicht mit Coach Heyder. In der Folgesaison spielt der TSV wieder gegen den Abstieg. Aufgrund fehlenden Erfolgs beenden Heyder und der Verein die Zusammenarbeit – Uwe Filla nimmt Platz auf dem Trainerstuhl, stabilisiert die Mannschaft und schafft am Ende noch mit dem 14. Platz den Klassenerhalt „Er war und ist ein absoluter Experte. Er hat sehr hohe Ansprüche an uns gestellt, die vielleicht manchmal auch zu hoch waren“, so Thomas. Sportlich läuft es fortan rund: 2011/12 wird Grohnde Neunter und befindet sich in ruhigen Gewässern, im Jahr darauf verbessert sich die Mannschaft auf den siebten Rang und verpflichtet überdies mit Tobias Stegmaier einen richtig guten Torhüter. Dann steht die Trennung an, der noch junge Trainer Oliver Bock übernimmt das Team im Sommer 2013.
„Oli war jung, dynamisch und hungrig. Mit ihm wurde eine ganz neue Euphorie entfacht“, erklärt Thomas, der zu diesem Zeitpunkt in der Offensive ein neues talentiertes Eigengewächs an seiner Seite hat: Felix Opitz gehört seit einigen Jahren zu den Leistungsträgern. Jung, frisch und unbekümmert, stellt Grohnde ein letztes Mal die Kreisliga auf den Kopf. Der 1:3-Auftakt gegen Lachem verunsichert das Team um Kapitän Mathewes keineswegs – im Gegenteil: Über vier Spieltage hinweg führt der TSV die Kreisliga-Tabelle an und wird einen Punkt hinter Lachem (31) Vize-Herbstmeister. Nach der Winterpause findet die schier unglaubliche Form der Grohnder jedoch ein abruptes Ende. Bis Saisonende rutscht der TSV auf den sechsten Rang ab. „Wir haben eine grandiose Hinrunde gespielt. Nach der Winterpause sind wir in eine Negativserie geraten und haben viele Spiele hintereinander verloren. Obwohl mit Christian Henne und Hendrik Hochmann noch zwei gute Spieler im Winter gekommen sind, konnten wir unsere Form nicht halten“, bedauert Thomas rückblickend.
Die anschließenden Jahre verlaufen sportlich eher mau: 2014/15 wird Grohnde Zehnter, zum Saisonende bricht Bock seine Zelte ab und wird Trainer in Salzhemmendorf. Mit A-Lizenz-Trainer Axel Marahrens wollen die Grohnder noch einmal angreifen, doch der Schuss geht nach hinten los. „Axel hat eine Menge auf dem Kasten und tut alles für seine Spieler. Allerdings hatte er Ansprüche an den Verein, die auf dem Dorf nicht erfüllt werden können. Die Vorstellungen lagen einfach zu weit auseinander“, beschreibt „Toffa“ die Zusammenarbeit mit Marahrens. Nach einem Jahr und dem elften Rang ist schon wieder Schluss – und die Mannschaft droht auseinanderzubrechen. Beye wechselt mit Sevinc nach Tündern, Thomas spielt ebenfalls mit Wechselgedanken und Grohnde steht ohne Trainer da. „Dann kam Spartenleiter Robert Engel auf mich zu und hat gefragt, ob ich die Mannschaft in der schwierigen Situation als Spielertrainer übernehmen will. Ich habe aus Verbundenheit zum Verein und meinem Heimatort zugesagt“, erläutert Thomas. Sportlich gesehen ist Grohnde in der Kreisliga 2016/17 nicht mehr konkurrenzfähig, holt nur zehn Punkte und steigt trotz des eigentlichen Klassenerhalts freiwillig ab, doch rückblickend stellt sich die Entscheidung als goldrichtig heraus. „Wir wollten einen Neustart in der 1. Kreisklasse und der hat sich als absolut richtiger Schritt herausgestellt. Personell und sportlich hätte es in der Kreisliga keinen Sinn mehr gemacht. So haben wir den Spaß am Fußball für uns neu entdeckt und uns personell neu aufgestellt. Mit den Zimmermann-Brüdern, den Blechs, Lukas Arndt, Felix Opitz, Nils Petersohn, Robert Engel und Jonas Herr haben wir viele Grohnder in der Mannschaft. Vielleicht sind wir mittelfristig noch einmal gerüstet, um wieder im Kreis-Oberhaus anzuklopfen“, will Thomas in der Zukunft mit dem TSV weitere Kreisliga-Geschichten schreiben - und schreibt sie aktuell sogar, denn 2020 gelingt die Rückkehr in die höchste Liga Hameln-Pyrmonts.
Liga

TSV Grohnde - SG Eimbeckhausen/Hamelspringe (2023)

SSG Halvestorf II - TSV Grohnde (2023)

SV Germania Beber-Rohrsen - TSV Grohnde (2023)

TSV Groß Berkel - TSV Grohnde (2023)

TSV Grohnde - TSG Emmerthal (2023)

TSV Bisperode - TSV Grohnde (2023)

TSV Grohnde - TSV Bisperode (2022)

TSV Grohnde – TSG Emmerthal (2022)

TSV Grohnde - BW Tündern U23 (2021)

TSG Emmerthal - TSV Grohnde (2021)

SC RW Thal - TSV Grohnde (2020)

TSG Emmerthal - TSV Grohnde (2020)

TSV Grohnde - SG Flegessen (2019)

TSV Grohnde - FC Latferde (2019)

SV Hajen - TSV Grohnde (2018)

SV Azadi Hameln - TSV Grohnde (2017)

TSV Grohnde - FC Latferde (2017)

TSG Emmerthal - TSV Grohnde (2017)

TSV Grohnde - BW Salzhemmendorf (2016)

TSV Grohnde - TSG Emmerthal (2016)

TSV Grohnde - Eintracht Afferde (2015)

TSV Grohnde - FC Latferde (2015)

TSV Grohnde - VfB Hemeringen (2015)

Eintracht Afferde - TSV Grohnde (2015)

TSV Grohnde - VfB Hemeringen (2015)

TSV Grohnde - MTV Lauenstein (2014)

TSV Grohnde - Eintracht Afferde (2014)

TSV Grohnde - TSG Emmerthal (2014)

FC Latferde - TSV Grohnde (2014)

SC Börry - TSV Grohnde (2014)

TSV Grohnde - VfB Hemeringen (2013)

TSG Emmerthal - TSV Grohnde (2013)

FC Latferde 80 - TSV Grohnde (2013)

SV Hastenbeck - TSV Grohnde (2013)

SV Eintracht Afferde - TSV Grohnde (2012)

TSV Grohnde - SC Börry (2012)

TSV Grohnde - SC Börry (2012)

TSG Emmerthal - TSV Grohnde (2011)

WTW Wallensen - TSV Grohnde (2011)

VfB Eimbeckhausen - TSV Grohnde (2011)

TSV Grohnde - TSG Emmerthal (2011)

TSV Grohnde - Eintracht Afferde (2011)

TSV Grohnde - TSG Emmerthal (2011)

TSV Grohnde - SV Lachem (2011)
Pokal

TSV Grohnde - RW Hessisch Oldendorf (2013)

TSV Lüntorf - TSV Grohnde (2012)

TSV Grohnde - MTSV Aerzen (2011)