01.07.2020 08:40

Spiel meines Lebens - Teil 4


Erst Fast-Aufstieg, dann der Abstieg – Trainer Marahrens im Gefühlschaos

Marahrens lehnt „Knebelvertrag“ in Afferde ab / Beim TuS H.O. hat Marahrens erst großen Erfolg – dann folgt der freie Fall
Von Oliver Steffan

Nach dem Studium verschlägt es den angehenden Sport- und Politik-Lehrer Axel Marahrens zum Referendariat nach Hameln - und als Trainer will der ehrgeizige Vollblutsportler voll durchstarten...

Die Preußen Hameln-Neuzugänge im Sommer 1984
Die Preußen Hameln-Neuzugänge im Sommer 1984. Oben v.li.: Taylor, Co-Trainer Marahrens, Meyer, Giehr, Trainer Wasner. Vorne v.li.: Bowen, Motzner, Zeynel, Karaffa, Burkhardt. Foto: Heinrich Vollmer.
Andy Pfitzner empfiehlt seinem Trainer bei den Hamelner Preußen, Reinhard „Fatty“ Wasner, vor der Saison 1984/85 den 31-jährigen Neu-Hamelner als Co-Trainer zu verpflichten. Wasner, der den zuvor tätigen Preußen-Trainer Günther König, der im Dezember 1983 seinen Rücktritt erklärt, ablöst, tritt in der Vorbereitung seinen Urlaub an. Marahrens leitet das Trainingsgeschehen dann im Juli 1984 über Wochen und bereitet das Team akribisch auf die erfolgreiche Saison vor, in der am Ende der Bezirkspokal-Sieg 1985 im Finale gegen den TSV Stelingen folgt.

„Mit Torhüter 'Siggi' Motzner habe ich während der Woche vormittags mehrere Extra-Schichten eingelegt. Er hatte Urlaub beim Grenzschutz, ich hatte noch Sommerferien und er übersprang gerade vier Spielklassen von der Kreisliga in die Landesliga. Bestmöglich vorbereitet wollte er in die Serie gehen und das war er auch, holte sich den Stammplatz zwischen den Pfosten und gab der Abwehr richtig Halt“, kann sich „The Smiling One“ Marahrens noch genau an seine Anfänge im Trainergeschäft erinnern.

„Leider wurde mir seitens des Studienseminars Hameln eine längerfristige Arbeit bei 07 untersagt, denn ich hätte als 'Nebentätigkeit' während meines Referendariats nur eine Stunde pro Woche arbeiten dürfen. Das ging natürlich hinten und vorne nicht und so musste ich bei den Preußen schon nach kurzer Zeit wieder aufhören“, bedauert Axel, der Truppe um Kapitän „Andi“ Loges nur kurzfristig geholfen zu haben.

1987 - Schwierige Verhandlungen in Pfitzners WG-Zimmer in Göttingen...
1987 - Schwierige Verhandlungen in Pfitzners WG-Zimmer in Göttingen... Aus dem privaten Archiv von Marahrens.
„Zur Saison 1987/88 hatte ich vor, richtig ins Trainergeschäft einzusteigen. In der DeWeZet las ich, dass Dieter Hergert in Afferde aufhören würde und der Verein schon eine Idee hatte, wie es weitergehen sollte. Trotz dessen rief ich Norbert Jäkel an, stellte mich vor und unterbreitete ihm mein Konzept. Jäkel antwortete, dass der Verein sich schon für einen neuen Trainer entschieden hätte, bat aber trotzdem um Bedenkzeit und sagte mir dann Tage später, für mich völlig überraschend, zu. Blöd war nur, dass ich einen vierwöchigen Segel-Turn in der Ägäis absagen musste, denn ich wollte ab dem ersten Tag zur Verfügung stehen und gleich richtig Gas geben“, erzählt Axel schmunzelnd.

„Die Spielergespräche kurz vor der Wechselfrist gestalteten sich dann recht schwierig, aber schlussendlich konnten meine Argumente überzeugen“, stellt Marahrens nicht zum ersten Mal seine Überredungskünste unter Beweis.

Neuzugänge in Afferde 1987 v.l.: Trainer Axel Marahrens, Dirk Rekate, Oliver Steffan, Rüdiger Tretau und Jörg Willmer.
...die allerdings von Erfolg gekrönt sind. Neuzugänge in Afferde 1987 v.l.: Trainer Axel Marahrens, Dirk Rekate, Oliver Steffan, Rüdiger Tretau und Jörg Willmer. Foto: Rolf-Henning Schnell.
Die Eintracht startet in der Bezirksliga Süd wie die Feuerwehr, übernimmt am fünften Spieltag die Tabellenführung und mischt während der kompletten Saison oben mit: „Im Winter hätten wir den Referendar am Hamelner Studienseminsar, Achim Sarstedt, der zuvor beim TSV Stelingen in der Landesliga gespielt hat, für 40 DM Spritgeld im Monat verpflichten können. Jens Rekate war verletzt und wir brauchten unbedingt noch einen guten Spieler, um das greifbare Ziel, den Aufstieg, zu erreichen, zu realisieren. Der Manager lehnte ab. Drei Jahre später wurde Sarstedt übrigens Assistent von Trainer Volker Finke, zuerst beim TSV Havelse und dann später 16 Jahre beim SC Freiburg“, so Marahrens, der anschließend ein neues Arbeitspapier als Afferder Coach unterschreiben soll: „Vor der entscheidenden Begegnung am viertletzten Spieltag gegen den Tabellenführer Linden 07, das Spitzenspiel Erster gegen Zweiter, unterbreitete mir Manager Jäkel ein Vertragsangebot für die kommende Spielzeit, das so inakzeptabel war, dass ich beinahe geplatzt wäre. Ich habe das Schriftstück von einem befreundeten Anwalt prüfen lassen, der mir abriet zu unterschreiben, denn ich hätte als Trainer kaum Einfluss auf die sportliche Ausrichtung gehabt, hätte einem 'Knebelvertrag' zugestimmt, wenn ich unterzeichnet hätte. Ich habe dann abgelehnt“, bedauert Marahrens seinen Abgang nach nur einem Jahr in Afferde.

„Die Zusammenarbeit mit dem sportlichen Leiter Norbert Jäkel war durchaus schwierig. Norbert war der Macher, hatte die Fäden in der Hand und war es gewohnt, dass seine Vorstellungen eins zu eins umgesetzt wurden. So krachte es dann immer wieder zwischen uns. Nach meiner Zeit in Afferde haben wir dann noch einiges aufgearbeitet, wir sind noch heute in Kontakt“, sieht der damalige Jung-Trainer sein erstes Engagement bei der Eintracht als harte, jedoch gewinnbringende Lehrzeit an.

Die Begegnung gegen den Primus Linden entscheidet die Eintracht übrigens durch zwei Weiner-Treffer mit 2:1 für sich. Aus den letzten drei Spielen hätten nun 3:3 Punkte zum Aufstieg gereicht. Die Mannschaft wird in der Woche nach dem Linden-Spiel vom Vorstand informiert, dass der beliebte und erfolgreiche Trainer nicht verlängert und holt abschließend noch 0:6 Punkte aus den drei verbleibenden Partien.

Für die folgende Spielzeit ist es im Mai 1988 nunmehr zu spät irgendwo als Coach anzuheuern...

Im November 1988 erklärt Hessisch Oldendorfs Trainer Werner Nolte nach einer 1:5-Klatsche seiner Mannen in Nordhorn, nur Oliver Jelinek trifft für den TuS, der an einem Debakel vorbeischliddert, beim heimischen Verbandsligisten seinen Rücktritt. „Gento“ Loges und „Auge“ Buchholz, die alten Recken, leiten kurzfristig das Training, doch Manager Arno Karnau lässt keine Hetze bei der Suche nach einem Nachfolger aufkommen: „Wir warten erst einmal in Ruhe ab, es ist keine Eile geboten, vielleicht wird der Verein erst nach der Winterpause einen neuen Trainer präsentieren!“

Doch bereits eine Woche später sind sich die Oldendorfer mit dem A-Lizenz-Inhaber Marahrens einig: „Er spricht die Sprache der Spieler. Wir erhoffen uns von ihm frische Impulse“, erklärt TuS-Manager Karnau.

Mit 10:16 Punkten steckt der TuS tief im Abstiegsstrudel, doch auch die Preußen stehen mit 11:15 Zählern in der vierten Liga nicht viel besser da. Der TuS holt von November 1988 bis April 1989 wichtige Punkte, etliche Punkte werden aber auch abgegeben. Befreien können sich die Grün-Weißen nicht.

Bis zum Schluss bleiben die Oldendorfer im unteren Tabellendrittel, gewinnen Ende April dann jedoch traditionell bei den Preußen. Beim 2:0-Sieg im Weserbergland-Stadion treffen der lange Uwe Bake und Dirk Brockmann vor gut 1.000 Zuschauern für den deutlich überlegenen TuS. Die DeWeZet titelt: „TuS-Doppelschlag stürzt Preußen 07 in große Abstiegsnot - Ängstliche Hauschild-Elf mit dem 0:2 noch gut bedient!“ Die Oldendorfer überflügeln Preußen nach dem Erfolg in der Tabelle. Dieser Sieg sieben Spieltage vor Schluss ist eminent wichtig und so sind die Karten im Abstiegskampf recht vielversprechend. Am fünftletzten Spieltag haben die Oldendorfer aufgrund der 17er-Staffel Pause. „Große Teile der Mannschaft fliegen, obwohl ich beim Vorstand interveniert hatte, auf Mannschaftsfahrt – die Reise war schon lange zuvor gebucht“, moniert Marahrens. Große Teil im Verein sind sich bereits wohl zu sicher. 

Axel Marahrens im Jahr 1989
Axel Marahrens im Jahr 1989. Foto: Heinrich Vollmer.
„Wir waren ja auch schon fast gerettet, die DeWeZet titelt nach einem weiteren Sieg vier Spieltage vor Saisonende: 'Preußen und TuS so gut wie durch', doch es kam anders. In Delmenhorst führen wir Anfang Mai 1989 gegen einen direkten Abstiegskonkurrenten zur Pause mit 2:0, spielen bärenstark und kassieren dann die lächerlichsten Elfmeter meiner Trainer-Laufbahn, die dann zum 2:2 führten. Manager Karnau wäre fast durchgedreht, drei Spieler mussten 'Ralle' Fehrmann zurückgehalten, sonst hätte er den Schiri platt gemacht.  Mit einem Sieg in Delmenhorst wäre der Klassenerhalt gesichert gewesen. In der Woche drauf haben wir das Spitzenteam aus Nordhorn voll im Griff, führen wieder 2:0 und verlieren nach unglaublichen individuellen Fehlern noch mit 2:3. Delmenhorst gewann zeitgleich in Hänigsen 1:0, Preußen in Verden mit 4:0 und wir rutschten auf einen Abstiegsplatz. Da Delmenhorst am letzten Spieltag noch mit 4:2 gegen Wilhelmshaven gewann, 5:1 Punkte aus den letzten drei Begegnungen holt, und wir in Lohne verloren, war der Abstieg perfekt“, erinnert sich Marahrens mit versteinerter Miene an die unglückliche Saison 1988/89  - vom Fast-Aufsteiger 1988, als die Aufstiegsrunde schon erreicht schien, zum Absteiger 1989…

Übermorgen lest Ihr: Iron-Axel, große Zeiten in Afferde und später der Restart...



Zu Teil 1

Das 1:0 im Pokal-Finale 1977
 
24.06.2020

Vollblutsportler, passionierter Trainer, Ironman: Axel Marahrens

Mit neun Jahren beginnt die Sport-Laufbahn des Axel M. / 1977 gewinnt Marahrens mit WTW Wallensen den Kreispokal

Zu Teil 2

WTW Wallensen 1977/1978
 
26.06.2020

WTW & Marahrens wollen in die Bezirksklasse – Rennen gegen Lauenstein

Harter Winter sorgt für extremen Schlussspurt / Bis zu drei Aufsteiger in der Saison 1978/79

Zu Teil 3

WTW Wallensen 1978
 
28.06.2020

Showdown für die Geschichte: WTW & Marahrens vs. MTV Lauenstein!

Wallensen marschiert erstmals in der Vereinsgeschichte in die Bezirksklasse / Marahrens macht A-Lizenz
13 / 76

Autor des Artikels

Team AWesA
Team AWesA
Das Team AWesA stellt Euch die aktuellsten Sportnachrichten aus Hameln-Pyrmont kostenlos zur Verfügung. Bei Fragen und Anregungen kannst Du uns gern kontaktieren. Schickt ihr uns Infos, bereiten wir diese zu vollwertigen Artikeln auf.
Telefon: 05155 / 2819-320
info@awesa.de

Webdesign & CMS by cybox