26.06.2020 08:19

Spiel meines Lebens - Teil 2


WTW & Marahrens wollen in die Bezirksklasse – Rennen gegen Lauenstein

Harter Winter sorgt für extremen Schlussspurt / Bis zu drei Aufsteiger in der Saison 1978/79
Von Oliver Steffan

WTW Wallensen 1977/1978
WTW Wallensen 1977/78. Hintere Reihe v.l.: Betreuer Wilhelm Hümme, Betreuer Martin Normann, Friedhelm Roloff, Eckhard Schütte, Kalle Sürig, Dietmar Knopp, Walter Constabel, Gunter Stapel, Axel „Hanjo" Marahrens, Trainer Siegfried Bartsch, Sponsor Heini Sonnemeyer. Vordere Reihe v.l.: Herbert Roloff, Hansi Kirsch, Jürgen „Hugo“ Brinkmann, Jörg Steins, Lothar „Hammer“ Nickel, Axel „Kuddel“ Strehlow. Aus dem privaten Archiv von Marahrens. 
Zwei Aufsteiger, und einen weiteren möglichen Aufsteiger nach einem Relegationsspiel gegen den Dritten der Kreisklasse Hildesheim, soll es zum Ende der Serie 1978/79 geben, denn durch die Gebietsreform, die neue Zuschneidung der Kreise und die Neugründung der Kreisliga zur Saison 1979/80 ergibt sich, einmalig in der Geschichte des Fußball-Kreises, die Möglichkeit, dass drei Teams aus der Kreisklasse in den Bezirk aufrücken können. Axel Marahrens und seinen Wallensern steht eine kuriose, schweißtreibende und vor allem spannende Spielzeit bevor...

„Nach den jeweils zweiten Plätzen in der Endabrechnung in den beiden Jahren zuvor, hatten wir uns ganz fest vorgenommen, in der neuen Spielzeit den großen Wurf zu schaffen. Ein Platz unter den ersten Dreien war absolut realistisch, alles andere als ein Aufstieg fast schon eine Katastrophe. Ich überredete meinen Studienfreund Matthias Götzen, ein erstklassiger Außenverteidiger, dass er zu uns kommen sollte. Er sagte: 'Ich komme nur, wenn ihr es ernst meint!' Und wir meinten es verdammt ernst. Donnerstags sind wir aus Göttingen zum Training angereist, abends wieder in die Uni-Stadt gefahren, freitags fuhren wir wieder Richtung Wallensen. Matthias verbrachte das Wochenende bei seiner Freundin in Unna, war sonntags dann pünktlich zu den Spielen vor Ort, bevor wir am Abend dann wieder nach Göttingen zurückkehrten. Wir waren wirklich heiß auf die Saison. Christian Politze, der vom Grenzschutz aus Braunschweig kam und wir 'Göttinger Studenten' haben es irgendwie geschafft, immer mindestens einmal die Woche zum Training zu erscheinen“, erzählt Marahrens.

Jürgen Sikora, aus der viertklassigen Landesliga als Keeper bei der SpVgg. Bad Pyrmont zum WTW stoßend, übernimmt in Wallensen damals 31-jährig seinen ersten Trainerposten. Der WTW nimmt richtig Geld in die Hand, verpflichtet den B-Lizenz-Inhaber, und hofft auf Erfolge. „Jürgen hat mir dann auch meinen Spitznamen verpasst, den ich in Wallensen noch heute innehabe: 'Hanjo'. Bei Hannover 96, später dann 1860 München und dem VfB Stuttgart spielte damals ein gewisser Hans-Joachim 'Hanjo' Weller, dem ich, so Coach Sikora, sehr ähnlich gewesen sei – optisch und wohl auch von der Spielweise. Laufstark, viel unterwegs, passsicher und erst ab der 75. Minute so richtig wichtig – ich habe das durchaus als Kompliment gesehen“, lacht Axel.

1978/1979: Wallensens Kalle Sürig setzt sich gegen einen Afferder Spieler durch
1978/1979: Wallensens „Kalle“ Sürig setzt sich gegen einen Afferder Spieler durch. Aus dem privaten Archiv von Marahrens.
Von Beginn an ziehen Aufsteiger Eintracht Afferde und der Bezirksklassen-Absteiger TSV Groß Berkel dann in der Saison 1978/79 einsam ihre Kreise. Nach zwölf Begegnungen beträgt der Vorsprung der beiden mit 21:3 Punkten ganz oben rangierenden Teams bereits sechs Zähler auf den Drittplatzierten HSC Hameln. Wallensen, mit 14:10 Zählern am 16. November 1978, dem letzten Spiel vor der langen Pause viertplatziert, lässt bis zum Winter zu viele einfach zu erzielende Punkte liegen.

Der unglaublich heftige Winter 78/79 sorgt dafür, dass der Ball erst wieder am 25. März 1979 rollt. Ab Mitte Januar, als es eigentlich weitergehen soll, fallen zehn Wochen lang (!) sämtliche Begegnungen im Kreis aus. Der WTW kommt erstklassig aus den Startlöchern, Preußen III wird mit 6:0 nicht von der „Thüster Platte“, sondern dem Ausweichfeld, dem Coppenbrügger Hartplatz, geputzt. Stapel und Sürig (je 2) sowie Constabel und Marahrens schießen den WTW auf Rang drei. Der Absteiger MTV Lauenstein hat vor der Begegnung gegen den Tabellenführer, den TSV Groß Berkel (der MTV verliert mit 1:2 und fällt mit 10:14 Punkten zurück ins untere Mittelfeld), erst elf Spiele absolviert und bis Anfang Juni 1979 - die Saison wird verlängert - in gut zwei Monaten kaum schaffbare 19 Partien (!) zu bestreiten.

Das Wetter schlägt weiter Kapriolen, immer wieder fallen Spiele aus. So muss die Drittvertretung der Preußen vom 05. Mai bis zum 05. Juni 1979 nunmehr noch elf Punktspiele durchführen…

Wallensen, nach einem 6:1-Sieg gegen das Kellerkind, den VTSV Hämelschenburg (Kitta für den VTSV, Constabel (3), Stapel, Politze und Sürig für WTW heißen die Torschützen) hält drittplatziert (27:15 Punkte) den Drei-Punkte-Vorsprung auf den TuS Rohden, den MTV Lauenstein, der nach dem Winter eine Serie von 14:4 Zählern hinlegt und die Reserve des TuS Hessisch Oldendorf (alle 24:18 Punkte). Rohden agiert allerdings zu unbeständig – siegt der TuS durch drei Stummeier-Tore mit 4:3 beim Primus in Groß Berkel, kassieren die Westkreisler eine Woche drauf eine 1:10-Packung bei BW Tündern.

In den letzten Spielen spitzt sich die Lage zu. Rohden kippt aus dem Aufstiegsrennen, der TuS Hessisch Oldendorf II, Lauenstein und Wallensen liefern sich ein spannendes Rennen um den dritten Platz, der zum Aufstiegsspiel reicht.

Wallensen, das Mitte Mai die schwierigen Aufgaben gegen die beiden potentiellen Aufsteiger zu erledigen hat, siegt gegen Groß Berkel daheim nach drei Stapel- und zwei Nickel-Toren, bei Gegentoren von Schnüll, Stobbe und Tusz, mit 5:3 und erkämpft auch in Afferde ein unerwartetes 2:2 (Gericke und Siebert für die Eintracht, ein Afferder  Eigentor und Sürig für WTW). Als am 25. Mai die Begegnungen des MTV Lauenstein gegen die Pyrmonter Reserve und das Spiel des HSC Hameln gegen Wallensen wegen Gewitters abgebrochen werden müssen, steigen den Verantwortlichen im Kreis-Vorstand die Schweißperlen auf die Stirn, es wird eng mit den Terminen…

Marahrens berichtet: „Zu allem Überfluss habe ich mir drei Wochen vor Saisonschluss, in der ganz heißen Phase, beim 3:2-Sieg in Aerzen, einen Muskelfaserriss zugezogen. Ich bin dann in Göttingen zu Helmut Wiegand, dem Physiotherapeuten von Göttingen 05, der später dann auch Trainer in Hannoversch Münden war, in die Praxis und habe ihn bekniet, mich noch irgendwie fit zu kriegen. Er meinte nur kurz: 'Axel, du kommst jeden Tag vorbei, Unterwassermassage und manuelle Therapie – wenn du alles so machst, wie ich es dir sage, dann bist du beim Saisonfinale dabei!'“

Vom Sonntag, den 25. Mai bis Pfingstmontag, den 04. Juni 1979 bestreitet der HSC Hameln kurz vor Feierabend unglaubliche, nie mehr erreichte, sechs Punktspiele (!!!) in neun Tagen (!!!) – man gut, dass es für die Hamelner sowohl nach oben als nach unten um nichts mehr geht.

Wallensen (2:0 gegen Friesen Bakede), Lauenstein (1:0-Erfolg in Löwensen) und Hessisch Oldendorf (6:2 gegen den HSC)  gehen mit Siegen in die „Woche der Wahrheit“. Lauenstein (32:20 Punkte) und Hessisch Oldendorf (31:21 Zähler), haben gegenüber dem WTW (35:19 Punkte) noch ein (Nachhol-)Spiel mehr zu bestreiten und somit in den letzten acht Tagen vier Partien zu absolvieren.

Der TSV Groß Berkel steht bereits drei Spieltage vor Schluss uneinholbar als Aufsteiger fest. Eintracht Afferde folgt als Aufsteiger Nummer zwei einige Tage später.

Bisperode luchst dem TuS II im Nachholspiel am Dienstag vor Pfingsten beim 0:0 einen wichtigen Punkt ab, Lauenstein gewinnt gegen den HSC mit 3:0 (J. Kruppki, Getzschmann und Buckley treffen) und somit muss sich über Pfingsten alles entscheiden.

Wallensen geht mit zwei Punkten Vorsprung auf Lauenstein und Oldendorf in die beiden letzten Begegnungen am Pfingstsamstag und -montag.

Am Samstag erledigt der MTV seine Hausaufgaben sorgfältig. Cleverer als die Hummetaler können die Ith-Burschen die MTSV-Führung durch Willi Gurgel kontern und nach Toren von Joachim Kruppki und Holger Tietz wichtige Punkte einstreichen. Franzke bringt den VfB Hemeringen in Oldendorf mit 1:0 nach vorn, doch Schmidt (2), Kroh, Brixius, Bradt und Diekmann schießen noch ein 6:1 für die TuS-Reserve heraus. Doch völlig unerwartet patzt der WTW in Rohden. Nach Stapels Führungstreffer verhindert der überragende TuS-Keeper Schmidt weitere Einschläge. Es kommt, wie es kommen muss – Torjäger Stummeier knipst zweimal und Wallensen verliert wichtige Punkte bei der 1:2-Niederlage.

Vor dem finalen Spieltag weisen somit sowohl die Wallensener, der MTV Lauenstein als auch der TuS II 36:22 Punkte auf …

Abschlusstabelle 1978 1979
Abschlusstabelle 1978/79. Quelle: Dewezet. 
Wallensen fegt dann am Pfingstmontag, mit ordentlich Wut im Bauch, den VfB Hemeringen 8:0  vom Feld. Der überragende Gunter Stapel locht fünfmal, zudem Walter Constabel (2) und Lothar Nickel. Der MTV Lauenstein zeigt sich voll auf der Höhe und kommt zu einem 7:0-Erfolg über den TSV Bisperode. Achim Höhn, Klaus Schumacher und Ottmar Steffan (alle jeweils zwei Tore) sowie Joachim Kruppki markieren die Treffer. Die TuS-Reserve muss sich mit einem 2:2 gegen Friesen Bakede begnügen (Tore: U. Hansch (2) für Bakede und G. König sowie R. Schmidt für den TuS) und kippt aus dem Aufstiegsrennen.

Punktgleich segeln Wallensen und Lauenstein ins Ziel und müssen ein Entscheidungsspiel um den dritten Platz bestreiten, das Torverhältnis zählt in jener Saison noch nicht.

Übermorgen lest Ihr: Alles oder nichts – WTW und Lauenstein kämpfen um Berechtigung für Entscheidungsspiel


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