04.04.2020 09:30

Meldung


„Spiel meines Lebens“: So gerät Schiri-Legende Stolpe an die Pfeife

Als Spieler erkennt Stolpe seine Leidenschaft für die Pfeife / Teil eins einer Jahrzehnte andauernden Laufbahn
Von Oliver Steffan

Reinhard Stolpe Portrait
Reinhard Stolpe.
Es gibt Schiedsrichter, die mit ausladender Gestik oder viel Brimborium auf dem Sportplatz agieren und die Pfeife zum Glühen bringen, es gibt Schiedsrichter, die versuchen, sich als „Kartenspieler“ gegenüber den Akteuren auf dem Feld Respekt zu verschaffen und es gibt Reinhard Stolpe. Der von allen Spielern im Kreis geschätzte Unparteiische sorgt mit seiner stets unaufgeregten, jegliche Hektik vermeidenden, angenehmen Spielleitung schon seit Jahrzehnten für Ruhe und Ordnung auf dem Rasen. Als Spieler früher selbst durchaus mit Emotionen dabei, weiß der sympathische „Grandseigneur“ der pfeifenden Zunft, wie mit bösen Buben auf dem Platz oder stets unzufriedenen, sich dauernd beschwerenden Trainern am Spielfeldrand umzugehen ist. Einmal ist aber auch Reinhard Stolpe mit seinem Latein am Ende…


Beim HSC macht Reinhard Stolpe als junger Spieler die ersten Versuche mit dem Ball, wechselt dann beizeiten zu den Preußen und bezeichnet sich selbst als „Ur-Preuße“.

Preußen Hameln A-Jugend 1963
Preußen Hamelns A-Jugend im Jahr 1963. Obere Reihe v. l.: Trainer Kühne, Roloff, Bolte, Wenthe, Pinkenburg, Stolpe, König, Drespe, Betreuer Wenthe. Untere Reihe v.l.: Theophil, Hauschild, Kindermann, Röpke, Weber.
„Wir durften als erste Preußen-Jugend-Mannschaft im Bezirk starten. Zuvor klappte das aus finanziellen Gründen nicht und wir haben die gegnerischen Mannschaften im Kreis nach Belieben verhauen. Sofort sind wir mit einer erstklassige Truppe um Günther 'Paule' Hauschildt, Hans-Günther König, 'Kalle' Dohme, Rainer Drespe, Rolf-Jürgen 'Macker' Weber unter Trainer 'Manni' Kühne in die Bezirksjugend - Sonderklasse Hannover aufgestiegen. Gegner waren damals unter anderem Hannover 96 und Arminia Hannover“, merkt Stolpe an.

Im Herrenbereich kickt der offensive Mittelfeldspieler anfangs in der Preußen-Reserve, schafft Ende der 60er Jahre unter Trainer Siegfried König für ein Jahr den Sprung ins 07-Verbandsliga-Team. Aus privaten Gründen heuert der Rechtsfuß beim TSC Fischbeck an, kickt mit den Engel-Brüdern und Peter Cimander in der höchsten Kreis-Staffel, der damaligen 1. Kreisklasse, bevor ihn ein Angebot der Sportfreunde Höfingen als Spielertrainer ereilt. Gegen den TuS Hessisch Oldendorf, den die Höfinger auf dem Weg nach oben nicht stoppen können, kommen auf den kleinen Sportplatz in „Texas“ über 700 Zuschauer. Die Sportfreunde aus Höfingen bleiben die großen Pechvögel in den 70ern und auch zu Beginn der 80er.

„Den Vogel haben wir am letzten Spieltag der Saison 1981/82 abgeschossen. Bis zum vorletzten Spieltag standen wir die gesamte Saison über an der Tabellenspitze, schienen schon Ostern aufgestiegen zu sein, kamen dann aber ins Trudeln. Vor der letzten Heimpartie waren wir aufgrund eines 2:2-Unentschiedens bei den Pyrmonter Bergdörfern hinter die SSG Halvestorf auf Rang 2 abgerutscht. Gegen Emmerthal II taten wir uns dann furchtbar schwer, kamen erst kurz vor Schluss zum 3:3. Allerdings führte Germania Hagen zu diesem Zeitpunkt gegen Halvestorf mit 3:2, das wäre der Aufstieg gewesen. Mit dem Schlusspfiff fiel dann noch das 3:3 auf dem Hagen und wir guckten in die Röhre. Angeblich soll Hagens letzter Mann über den Ball getreten haben“, ist sich Stolpe lächelnd auch nach fast vierzig Jahren sicher, dass beim Halvestorfer Aufstieg nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. So bleibt es dabei, dass sich die Sportfreunde in den 80ern noch weitere Male anschicken, endlich in das Kreis-Oberhaus aufzusteigen, es jedoch nie schaffen werden.

SF Höfingen mit Spielertrainer Reinhard Stolpe
SF Höfingen mit Spielertrainer Reinhard Stolpe.
Vier Jahre zuvor geschieht das, was Reinhard Stolpe den für ihn entscheidenden Moment in seinem Fußballer-Leben bezeichnet: „Bei der Partie des TSC Fischbeck gegen den HSC Hameln erscheint der angesetzte Schiedsrichter nicht. Ein Fischbecker sagte nur: 'Der Reinhard ist ein guter Kicker, der kann doch auch bestimmt pfeifen.' Obwohl ich noch keinen Schiri-Schein hatte, habe ich das Spiel geleitet. Ich habe gemerkt, dass es gar nicht so einfach ist als Unparteiischer, zumal ich Hamelns 'Kalle' Karbautzki nach einem rüden Foul mit Rot vom Platz stellen musste. Bei aller Anstrengung wusste ich aber: Das ist mein Ding, machte kurze Zeit später die Schiri-Prüfung und pfiff, neben meiner Tätigkeit als Spielertrainer, die ersten Begegnungen. Häufig bekam ich zu hören, dass ich als über 30-Jähriger doch gar nicht erst hätte anfangen sollen zu pfeifen, ich doch sowieso nicht mehr groß aufsteigen würde. Helmut Niehoff, mein alter Schiri-Kollege, bestärkte mich jedoch weiterzumachen, meinte, dass ich mich auf meinem Weg nicht beirren lassen sollte.“

So folgen Jahre, in denen Stolpe neben den Spielen im Kreis, aufgrund guter Leistungen wird er befördert, auch im Bezirk pfeift.

„Die Derbys Wallensen gegen Lauenstein oder Bad Pyrmont gegen Hagen habe ich am liebsten gepfiffen. Mit den 'Leithammeln' der beteiligten Mannschaften sprach ich vor dem Spiel ein paar Worte. Dem Hagener Frank Mundhenk und dem Pyrmonter 'Konny' Schenk habe ich dann gesagt, dass sie doch ordentlich spielen können und die Jungs etwas beruhigen sollen. Das klappte auch zumeist, trotz der vielen Zuschauer, heißer Zweikämpfe und einer gewissen Brisanz gab es keine bösen Aktionen“, weiß Stolpe damals wie heute, wie es geht. Viele heimische Spieler  halten Reinhard Stolpe aufgrund seiner wohltuend zurückhaltenden Art, seinem Feingefühl bei der Verhängung persönlicher Strafen und seinem stets freundlichen Umgang mit den Spielern für den besten Unparteiischen, der in den vergangenen gut 40 Jahren Punktspiele in der Kreisliga geleitet hat.

Allerdings sollte es dann das Spiel geben, das der „Mann in Schwarz“, später auch gern mal in gelb, nie vergessen wird und das ihn auch heute noch bisweilen verfolgt...

Morgen lest Ihr: „Kriegsähnliche“ Zustände in Bad Münder, Stolpes legendärer Leserbrief und ein künftiger Bundesliga-Schiedsrichter macht seine ersten Schritte.
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