03.04.2020 08:46

Meldung


„Spiel meines Lebens": „Auge" Buchholz über Luden, Steinwürfe, Spuckattacken

„Die Erlebnisse von damals nimmt uns keiner mehr“ / Buchholz & Loges werden in ganz Niedersachsen geachtet
TuS Hessisch Oldendorf Mannschaftsfoto 1990/91
Der TuS Hessisch Oldendorf in der Saison 1990/91 – es ist die letzte Saison als Spieler von Günther Buchholz. Aus dem privaten Archiv von Oliver Steffan.
Von Oliver Steffan

Am Ende der Aufstiegsrunde sind es dann die beiden Vertreter Niedersachsens, die den Weg in die Oberliga antreten dürfen: TuS Hessisch Oldendorf und der TSR Olympia Wilhelmshaven.

Zur Saison 1982/83 verstärken Dirk Schumachers und Kai Taylor (beide Preußen Hameln) sowie Roland Giehr (Friesen Hänigsen) den Aufsteiger TuS Hessisch Oldendorf.
In der ewigen Tabelle der Amateur-Oberliga Nord Klasse (Zeitraum 1974 bis 1994) belegt der TuS den vierzigsten Platz.

Immerhin drei Jahre lang halten sich die Oldendorfer in der höchsten deutschen Amateur-Liga.

„Die Erlebnisse von damals nimmt uns keiner mehr“, ist „Auge“ noch immer angetan von dem, was seine Kameraden und er dann noch erleben dürfen.

„Auge“ beißt sich nun auch in Liga 3 in alle Gegenspieler rein, zieht noch jedem Stürmer den Zahn. „Nicht ganz“, wendet er abwehrend ein: „Wilfried Feldhaus, der langjährige Kapitän der Werder-Amateure, auch Bundesliga-Spieler und später beim TSV Verden am Ball, hat mir in jeder Partie drei Knoten in die Beine gespielt, da konnte ich machen, was ich wollte – 'Willi' habe ich nie stoppen können – so ist das eben“, grinst er.

Günther Auge Buchholz wird Trainer
Günther „Auge“ Buchholz wird nach seiner aktiven Laufbahn Trainer. Foto: Heinrich Vollmer.
„Als wir in der Saison 1982/83 in Lübeck an der 'Lohmühle' spielten, saß auf einem Teil der Tribüne ein Haufen Luden, Hardcore-Fans, die mit dem VfB sympathisierten und ihr Geld auf spezielle Weise verdienten“, erinnert sich Buchholz: „Lübeck war im Abstiegskampf, brauchte jeden Punkt und wir schaffen ein 0:0. Ich habe gedacht, die fressen uns auf. Die ersten Steine flogen in Richtung Bus, bevor uns die Wasserschutzpolizei herausgeleitet hat. Am Ende der Serie stiegen die Hansestädter, punktgleich mit dem VfB Oldenburg, aufgrund des schlechteren Torverhältnisses ab. Ein Punkt fehlte...“

Auch an die Spiele in Bremen hat „Auge“ Buchholz besondere Erinnerungen: „Otto Rehhagel hat auf dem legendären Platz 11 immer im Gebüsch gestanden und sich versteckt, wenn wir in Bremen gespielt haben und nach Werder-Talenten und ordentlichen Kickern beim Gegner Ausschau gehalten.“

„Beim Einlaufen am 'Millerntor' auf St. Pauli, alle schwärmen heute von der tollen Atmosphäre und den besonderen Fans, haben wir noch andere Dinge erlebt. Wir wurden bespuckt, einige Zuschauer haben versucht, mit Regenschirmen auf uns einzudreschen. Da hast du schon vor dem Spiel die Jacke vollgekriegt“, erzählt Buchholz schmunzelnd.

Günther Auge Buchholz auf der Bank TuS Hessisch Oldendorf
Verfolgt gebannt das Spielgeschehen: Günther „Auge“ Buchholz als Trainer. Foto: Rolf-Henning Schnell.
„In Oldenburg wurden wir empfangen wie Staatsoberhäupter“, lacht der 62-Jährige: „Mit Schlips und Kragen hat uns der Vorstand vom Mannschaftsbus bis zu den Kabinen im altehrwürdigen Stadion 'Donnerschwee' begleitet – ich dachte: Junge, was ist denn hier los?!“

„An der 'Bremer Brücke' gegen den VfL Osnabrück unterlagen wir in der Saison 1984/85 vor 4.000 Zuschauern mit 0:4 beim späteren Meister. Neale Marmon war vor der Serie von uns zum VfL gewechselt. Ein Punktspiel, in dem wir so dermaßen chancenlos waren, habe ich nie wieder erlebt. In der ersten Halbzeit waren wir nicht ein einziges Mal über die Mittellinie gelangt, in der Osnabrücker Hälfte, so überlegen waren die“, kann sich der große Kämpfer auch an die letzte Oberliga-Saison des TuS noch genau erinnern.

„Gento“ und „Auge“ sind DIE Gesichter und Sympathievermittler beim TuS. Welch überragenden Stellenwert Buchholz und Loges beim TuS haben, wird zum Abschluss ihrer Karriere, Ende der 80er Jahre bei den Auswärtsspielen, deutlich. Steigen die Oldendorfer Spieler in Lingen aus dem Bus, so umarmt der Trainer der Gastgeber, Hubert Hüring, Meppener Fußball-Legende mit mehr als 800 Pflichtspielen und langjähriger Kapitän der Niedersachsen-Auswahl, die beiden Altmeister und begrüßt sie freudestrahlend: „Moin 'Auge', moin 'Gento', schön, dass ihr wieder mal im Emsland seid!“ In Wilhelmshaven heißt es von Trainer Hans-Hermann Mindermann  nur kurz: „Na, ihr alten Säcke, halten die Knochen noch?!“ Überall kennt und schätzt man die beiden Urgesteine.

Reinhard Gento Loges TuS Hessisch Olendorf Ralf Scheler Preußen Hameln
TuS-Legende Reinhard „Gento“ Loges eilt dem grätschenden Preußen Ralf Scheler davon.
Im letzten Spiel der beiden heimischen Fußballgrößen in einem Team wird deutlich, wie „Auge“ und „Gento“ zueinander stehen. Reinhard wird Spielertrainer bei seinem Heimatverein in Elbrinxen, es soll Günthers letztes Jahr als Spieler sein. In Barsinghausen geht es zum Ende der Saison 1989/90 gegen die A-Jugend-Niedersachsen-Auswahl, die zwei Wochen später in Duisburg-Wedau um die Deutsche Meisterschaft spielen wird - Bundesliga-Nachwuchsspieler von Hannover 96, Eintracht Braunschweig und Kicker vom VfL Wolfsburg. Zwei Minuten vor Schluss, es steht 2:2, führen die Auswahl-Spieler einen Einwurf auf Höhe Mittellinie aus. Günther läuft an, kommt angeflogen, setzt noch einmal auf und haut mit einer „Krebs-Schere“, beide Füße um einen Knöchel, einen jungen Burschen volles Programm um. Er entschuldigt sich, sieht nur Gelb und trabt in „Buchholz-Manier" langsam davon. Der „Youngster" wird jammernd, mit schmerzverzerrtem Gesicht und von den Betreuern gestützt vom Platz getragen. In der Kabine fragen die Mitspieler ganz aufgeregt und völlig irritiert: „Günther, was war denn da eben noch los?! Warum wolltest du den denn umbringen?“ Ganz ruhig antwortet „Auge“: „Bei der Ecke fünf Minuten zuvor hat der Bengel 'Gento' angemacht: 'Was willst du alter Sack denn eigentlich hier?' Das gehört sich nicht, so verhält man sich nicht gegenüber meinem Freund 'Gento'. Der Schnösel muss noch lernen, was es heißt, Respekt zu zeigen.“

Nach knapp 600 Punktspielen allein im Herrenbereich für die Oldendorfer, löst Günther Buchholz den zu Stern Misburg und dann eine Saison später zu den Preußen wechselnden Uwe Cording als Chef auf der TuS-Kommandobrücke ab. In den Jahren darauf lernen noch etliche junge Spieler im Schaumburger Land eine ganze Menge vom Mann mit dem großen Erfahrungsschatz.

„Was mir am meisten gegeben hat in all den Jahren war,“ so der Segelhorster abschließend: „Dass wir diese alte Fußball-Romantik von den '11 Freunden' noch wirklich gelebt haben. Der Zusammenhalt war einmalig, das hat man auch auf dem Platz gespürt. Mit vielen Spielern habe ich ein Jahrzehnt zusammengespielt und nach dem Training oder den Punktspielen haben wir tatsächlich zwei Stunden zusammengesessen und über Gott und die Welt geredet – heute unvorstellbar …“

Der TuS und „Auge“ Buchholz – ein pralles Vereins- und Fußballerleben, mit dem Spiel seines Lebens gegen Urania Hamburg!

Zu Teil 2

Günther Auge Buchholz Vorschau
 
02.04.2020

„Spiel meines Lebens": „Auge" Buchholz & der TuS - Aufstieg in Liga 3

Knallharter Spieler, umso feinerer Kerl – Vorstopper Buchholz wird geliebt & gefürchtet / Der zweite Teil zur Geschichte der Hessisch Oldendorfer Fußball-Legende

Zu Teil 1

Günther Auge Buchholz Vorschau
 
01.04.2020

„Spiel meines Lebens": Knallharter Spieler, umso feinerer Kerl – „Auge" Buchholz

Knallharter Spieler, umso feinerer Kerl – Vorstopper Buchholz wird geliebt & gefürchtet / Der erste Teil zur Geschichte der Hessisch Oldendorfer Fußball-Legende


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