31.03.2020 09:34

Meldung


„Spiel meines Lebens“ - Teil 2: Kreisliga-Rekordschütze Hahn – der Zauberfuß

Lachems Aufstiegsgipfel gegen Hellas Hannover im Jahr 2003 / Brockmanns Psycho- & Taktikspielchen, Hahns Nerven aus Drahtseilen
SV Lachem Mannschaftsfoto 2002-03
Der SV Lachem 2002/2003. Hintere Reihe v.l.: Axel Hahn, Markus Wienecke, Marco Blana, Thomas Wilde, André Tomkowiak. Mittlere Reihe v.l.: Trainer Dirk Brockmann, Cedomir Tuvic, Lars Melzer, Heiko Maluschka, Martin Rietsch, Betreuer Rainer Eigelsbach. Vordere Reihe v.l.: Ralf Schacht, Dennis Hausmann, Stephen Sword, Gregor Raudzis. Es fehlen: David Kawan, Armin Mentzel, Michael Berger, Karsten Grinda, Karsten Hoberg, Andreas Schmidt, Stefan Thiele. Aus dem privaten Archiv von Steffan.
Von Oliver Steffan

Im Sommer 2002 erfolgt dann der Startschuss in eine Saison, die in die Geschichtsbücher im beschaulichen Weserdörfchen eingehen soll und Axel Hahn, nunmehr 41 Lenze, macht auf seine alten Tage das Spiel seines Lebens.

„Männer, durchhalten! Das Elfmeterschießen werden wir gewinnen”, schärft Trainer Dirk Brockmann seinen Kameraden in der kurzen Pause der Verlängerung beim Aufstiegsspiel des Kreisliga-Vizemeisters SV Lachem gegen den SV Iraklis Hellas aus Hannover ein.


Bester Kreisliga-Torschütze aller Zeiten: Oliver Steffan (li.) überreicht Axel Hahn feierliche die Trophäe für einen Rekord, der bis heute unerreicht ist.
Die Saison 2002/2003 verläuft für den Geheimfavoriten aus Lachem nicht so wie erwartet, Pyrmont ist einfach zu stark. Mit den Alt-Stars Axel Hahn, Michael Berger, Stephen Sword, Top-Torjäger Marco Blana, dem langen Heiko Maluschka und den jungen Wilden um Gregor Raudzis und Lars Melzer soll der Erfolg, so Macher Homeyer, irgendwie gelingen. Im Pokal putzen die Lachemer die in der Punktspielrunde souverän aufspielenden Pyrmonter – mit zwei Remis und 28 Siegen in den 30 Punktspielen der ewige “Kreisliga-Punktemeister“- mit 3:0, doch nach dem Spiel kommt es zu einer Schlägerei. Allein dem Pyrmonter Offensiv-Trio Marco Heetel/Torben Rihn/Krisztian Majer gelingen in dieser Serie unglaubliche 70 Tore in der Punktspiel-Runde. Das Pokalfinale vergeigt Titelverteidiger Lachem dann gegen den TSV Nettelrede mit 1:4, (0:1 Rautzis, 1:1 Heinze, 2:1 Polzin, 3:1 Polzin, 4:1 Pichel), hat aber noch ein ganz heißes Eisen im Feuer. So prophezeit Nettelredes Coach Kurt Gaßmann den Brockmann-Schützlingen noch den Aufstieg in der Relegation.

Am vorletzten Spieltag der Kreisliga-Saison reist der SV Lachem nach Grohnde. Die Mannschaft des Relegationsgegners aus Hannover – die griechischen Riesen des SV Iraklis Hellas Hannover, gespickt mit drei ehemaligen Erstliga-Spielern - schaut geschlossen zu. Mit einer völlig veränderten Aufstellung - u.a. spielt Blana auf dem Liberoposten – und einem anderen taktischen System, versucht Trainer Brockmann die Hannoveraner zu irritieren. 3:0 gewinnt Lachem und die sieggewohnten Kicker aus der Landeshauptstadt geben Hahn, Berger, Blana, Wienecke und Co. noch mit auf den Weg: „So scheiße, wie ihr hier gespielt habt, nageln wir euch nächste Woche an die Wand!”

Brockmanns Psycho- und Taktikspielchen

Axel Hahn Kreisauswahl Lauenstein AWesA
Axel Hahn spielte 2011 für die Kreisauswahl der lokalen Fußballlegenden.
Der Relegationsmodus sieht nur zwei Spiele vor. In Holtensen trifft die Bückeburger Reserve, Zweiter der Kreisliga Schaumburg auf den Zweiten der Kreisliga Hannover Stadt, den SV Iraklis. Die Griechen spielen groß auf und lassen den Bückeburgern beim 3:1-Sieg keine Chance. Das entscheidende Relegationsspiel findet am 09.06.2003 auf neutralem Gelände, dem Sportplatz in Hilligsfeld, statt. Etliche Busse aus Hannover mit griechischen Fans machen sich auf den Weg ins Weserbergland, doch gefühlte 99% der Zuschauer feuern die Lachemer an, die Kreisoberen haben sich glücklicher Weise für einen Hamelner Ort für das wichtige Spiel eingesetzt. Iraklis stürmt von Beginn an, berennt das Lachemer Gehäuse und dann rutscht dem großen Rückhalt der Lachemer in der Saison, dem erstklassigen Keeper Stephen Sword, auch noch ein haltbarer Ball durch die Finger. Einen schmeichelhaften Elfmeter versenkt Axel Hahn dann für die Lachemer zum 1:1. Die bärenstarken Griechen machen jetzt richtig Dampf, selbst ein Platzverweis für einen Verteidiger stecken die Hannoveraner weg. Fliegt ein Ball ins Seitenaus haben es die Lachemer trotz Überzahl nicht eilig, die Griechen fangen an zu kochen. Es geht hin und her, immer wieder setzen die Lachemer mit den schnellen Blana und André Tomkowiak, der ein großes Spiel macht, Nadelstiche. Das Tempo ist unglaublich.

„Ich wüsste nicht, dass ich ein solch kräftezehrendes Spiel schon einmal in meiner Laufbahn absolvieren musste, wir sind gerannt wie die Teufel und die Griechen waren echt gut!“, zollt Hahn dem Gegner aus der Landeshauptstadt noch Jahre später großen Respekt.

Autoscheinwerfer als Fluchtlichtersatz

"Oldstar" Axel Hahn scheitert an TC-Keeper Marcel Janssen
Axel Hahn holte mit den „Oldstars“ beim Stadtsparkassen-Turnier in Afferde fünfmal in Folge den Titel. Aus dem privaten Archiv von Steffan.
In der Verlängerung retten sich die SVL-Kicker, auf dem Zahnfleisch kriechend, ins Elfmeterschießen. Inzwischen ist es dunkel geworden, Autos fahren hinter das Tor, um den Schützen und Hütern genügend Licht zu spenden. Vier Schützen für das finale Schießen sind schnell gefunden, doch kein weiterer Techniker oder Kanonier lässt sich ermuntern, aus elf Metern anzutreten. Armin Mentzel, hart am Mann, noch härter im Umgang mit dem Ball, bietet dem Trainer an zu schießen. „Mach keine Faxen, Armin! Wer will denn jetzt noch schießen?“ Als sich keiner findet, meint Mentzel kurz: „Trainer, ich schieße!” „Nun gut, Armin, hau ihn rein!”, gibt Brockmann seinem Verteidiger die klare Anweisung mit auf den Weg und fängt an zu beten.

Karsten „Boxer“ Grinda haut den ersten Lachemer Strafstoß mit Macht und seiner ausgezeichneten sowie sehr speziellen Schusstechnik ins Hellas-Gehäuse. Aufatmen. Stephen Sword pariert gleich den ersten Elfer der Griechen, das bringt Sicherheit. André Tomkowiak und Markus „Hummer“ Wienecke verwandeln ebenso wie alle weiteren Griechen, ohne mit der Wimper zu zucken. Dann ist Mentzel an der Reihe; humorlos schweißt der Abwehrspezialist das Leder ins Netz und macht seine Ankündigung wahr.

Nerven aus Stahl und der Elfmeter-Strahl ins Netz

Die Griechen, nun unter Druck, verwandeln ihren vorletzten Elfmeter und wahren die letzte Chance auf den Aufstieg. Nun liegt es an Axel Hahn, den entscheidenden Elfmeter in die Maschen zu setzen. Die Kameraden machen sich schon zum Jubeln bereit, denn wenn ein Kicker auf dem Platz Nerven aus Stahl hat, dann der „Hahne“. Als Axel den Ball, natürlich volles Programm, ins Griechen-Tor hämmert, kennt der Jubel keine Grenzen. Die Griechen, die an alles andere als an eine Niederlage gedacht haben, schleichen zerknirscht vom Platz. Die 700 Zuschauer, niemand verlässt vor Ende des Showdowns vom Punkt das TBH-Sportgelände, singen, tanzen, feiern vor Freude.
Die Dewezet titelt am 10. Juni 2003: „Axel Hahn der Held in Hilligsfeld!“ Sportredakteur Roland Giehr schreibt weiter: „Umjubelter Held beim größten Erfolg der Lachemer Vereinsgeschichte war Axel Hahn, der nicht nur in der regulären Spielzeit einen – allerdings sehr schmeichelhaften – Strafstoß (45. Minute) zum vorläufigen 1:1-Endstand verwandelte, sondern auch mit dem 5:3 im Elfmeterschießen den Schluss-Akkord setzte.“

Mit einem Autokorso geht es für die Lachemer Helden dann spätabends durch die Hamelner Innenstadt. Im „Havanna“ am Bahnhof wird gefeiert, allerdings, es ist ja ein Dienstag, noch nicht so arg lang – das wird am Wochenende nachgeholt. Zudem sind die Aufstiegskicker nach 120 endlos langen Minuten stehend K.O. und Axel Hahn hat allen gezeigt, dass es auf die alten Tage noch so richtig geht…

Mit 44 Jahren steht der selbständige Kaufmann im Pharmabereich am 27. Mai 2006 beim 3:2-Sieg gegen Preußen Hameln 07 II im Trikot des TuS Germania Hagen letztmalig als Kreisliga-Spieler auf dem Platz. Danach holt er mit seinen Kameraden auf Hagens Höhen selbstverständlich noch ein paar Mal die Altliga-Meisterschaft…

Eines ist aber klar: Niemand wird Axel Hahn den Titel „Bester Torjäger der Kreisliga Hameln-Pyrmont aller Zeiten“ jemals streitig machen können…

Eine verkürzte Version dieses Textes über Axel Hahn und das Spiel seines Lebens ist übrigens in der Chronik „40 Jahre Kreisliga Hameln-Pyrmont“ abgedruckt.

Zu Teil 1:

SSK Cup 2002 Old-Stars Axel Hahn
 
30.03.2020

„Spiel meines Lebens“ - Teil 1: Kreisliga-Rekordschütze Hahn – der Zauberfuß

Ein Mann – 243 Kreisliga-Tore  / Legendär sein Spruch: „Da wäre ich im Leben nicht hingegangen, hätte lieber den nächsten Ball reingemacht“

65 / 76

Autor des Artikels

Team AWesA
Team AWesA
Das Team AWesA stellt Euch die aktuellsten Sportnachrichten aus Hameln-Pyrmont kostenlos zur Verfügung. Bei Fragen und Anregungen kannst Du uns gern kontaktieren. Schickt ihr uns Infos, bereiten wir diese zu vollwertigen Artikeln auf.
Telefon: 05155 / 2819-320
info@awesa.de

Webdesign & CMS by cybox