29.03.2020 10:13

Meldung


„Spiel meines Lebens“ - Teil 2: „Boss Koss“ schießt Arminia in die Zweite Liga!

„Es gab zwei Dinge, die mir in meinem Leben eine wirkliche Freude bereitet haben. Die Hochzeit mit meiner geliebten Frau und als Eckhard Koss meine Arminia in Herford zum Aufstieg in die Zweite Bundesliga schoss…!“
Aufstieg Zweite Liga Arminia Hannover Bus
An jeder Milchkanne wird nach dem gelungenen Aufstieg von Herford bis Hannover gehalten. Aus dem privaten Archiv von Koss.

Von Oliver Steffan

Bereits drei Tage nach dem Herford-Spiel fliegen die Arminen zum ersten Auswärtsspiel nach Berlin zur Partie gegen Union 06 und kommen nach einem 1:2 ohne Punkte wieder heim. Revanchieren können sich die „Blauen“ gegen die Berliner zwei Wochen später am „Bischofsholer Damm“ - und dann gleich richtig mit einem 6:0-Kantersieg. Somit ist der Tisch bereitet für den großen „Showdown“ am 17. Juni 1976 in Herford: der SC empfängt Arminia Hannover zum alles entscheidenden Duell. Einen Zähler benötigen die „Blauen“ noch, um in die Zweite Bundesliga aufzusteigen.

Zu Teil 1

Artikelfoto Eckhard Koss Teil 1
 
28.03.2020

„Spiel meines Lebens“ - Teil 1: „Boss Koss“ schießt Arminia in die Zweite Liga!

Koss lehnt Bundesliga-Karriere zugunsten seines Studiums ab / Die wilden 70er Jahre


Eckhard Koss Fußballkeller
Eckhard Koss in seinem Fußballkeller. Aus dem privaten Archiv von Koss.
Eckhard Koss erinnert sich: „Das wichtigste Spiel in meinem Leben sollte auch das beste Spiel meines Lebens werden; doch der Reihe nach. Wir reisten zuversichtlich nach Herford, um im Ludwig-Jahn-Stadion zu bestehen. Schon beim Warmmachen wurde die besondere Atmosphäre, nach dem mit aller Härte geführten Hinspiel, deutlich. Im mit 18.400 Zuschauern vollbesetzten Rund brannte bei hochsommerlichen Temperaturen richtig der Baum, die Luft, der Rasen. In der ersten Hälfte standen wir recht gut, kontrollierten das Spiel, spielten abgezockt und kamen kaum in Verlegenheit.“

Klaus Berg vom „Westfalen-Blatt“ notiert: „Hannover hatte die erste Halbzeit gehört, wobei die Abwehr um Mannschaftskapitän Koss besonderen Anteil hatte. Ähnlich wie in Hannover wurde auch diese Partie hart an der Grenze des Erlaubten ausgetragen, wobei das spielerische Können von beiden Seiten nicht zu kurz kam.“

Eckhard Koss Jubel Aufstieg Arminia Hannover
Der Ausgleichstrefffer von Eckhard Koss im entscheidenden Spiel in Herford wird frenetisch bejubelt. Aus dem privaten Archiv von Koss.
Koss: „Nach der Pause gerieten wir völlig unnötig in Bedrängnis. SC-Trainer Dietrich Garbers brachte kurz nach dem Wechsel mit Jochen 'Gazelle' Dzieciol einen unbekümmerten jungen Burschen, der für viel Wirbel sorgte und uns ganz schön beschäftigt hat. In der 51. Minute gelang Siekmann der viel umjubele Führungstreffer, wir waren noch gar nicht richtig geordnet, da stand es nach 57 Minuten schon 2:0 für Herford, Dzieciol netzte ein. Zum Glück steckten wir diesen Schock fix weg. Mittelstürmer Peter Burkhardt, unser Jüngster, der in den 80ern für Preußen Hameln kickte, verkürzte fünf Minuten später nach einer Ecke aus kurzer Distanz zum 1:2. Herford wurde nun nervös, agierte immer überhasteter. Wir wollten natürlich jetzt nachlegen. Als unser Vorstopper Reinhard Brandt einen langen Pass auf den rechten Flügel schlug, nahm ich den Ball nach innen mit, ging an einem Gegenspieler vorbei und zog unhaltbar halbhoch per Vollspann ins kurze Eck ab. Der Ball schlug ein, ich riss die Arme hoch und meine Mitspieler und die mitgereisten 2.000 Fans aus Hannover jubelten ausgelassen. Herfords Torschütze Dzieciol verlor kurz darauf dann noch die Nerven, schlug mir in den Magen und wurde von Schiri Holste wegen dieser Tätlichkeit des Feldes verwiesen. Das kam uns natürlich zupass. In Überzahl profitierten wir von unserer Cleverness, so brachten wir das Remis über die Zeit. Eng wurde es noch einmal, als Flüsshöh in der 89. Minute nur den Pfosten für die Herforder traf.“

Arminia Hannover Eckhard Koss Jubel Aufstieg
So sehen Aufsteiger aus! Aus dem privaten Archiv von Koss.
„Was nach dem Spiel passierte, sprengte unser Vorstellungsvermögen. Wir fuhren mit einem eigens für den Aufstieg gecharterten Doppeldecker-Bus über die Autobahn zurück nach Hannover und hielten immer wieder an, um ausgiebig zu feiern und hatten, in weiser Voraussicht, genügend Getränke an Bord. In Hannover angekommen, ging es schnurstracks in die Altstadt, hupend, winkend und immer wieder im Kreis fahrend. In den Kneipen der Altstadt feierten wir dann mit unseren Fans bis in die Morgenstunden – es war göttlich!“, hat Eckhard Koss auch mehr als vier Jahrzehnte nach dem großen Triumph die Bilder von damals noch genau vor Augen.

Heinz Groszstück schrieb für die „Neue Presse Hannover“: „Koss war der Matchwinner - spielte wie in seinen besten Tagen und konnte seine großartige Leistung mit dem Ausgleichstor einfach toll krönen.“

Hannover-Derby vor 60.000 Zuschauern, Walter Froschs 27 Gelbe Karten & der Ritterschlag von Präsident Höxtermann

Arminia Hannover zweite Liga Mannschaftsfoto
Nach dem Aufstieg in die Zweite Bundesliga geht der SV Arminia Hannover mit folgendem Aufgebot in die Saison 1976/77: Hintere Reihe von links: Betreuer Weber, Mrosko, Vogeler, Burkhardt, Brand, Röhl, Behrends, Bebensee, Friedrichsen, Trainer Bohnsack. Vordere Reihe von links: Klose, Krüger, Koss, Schrader, Becker, Kaiser, Slodcyk, Reh, Holdorb. Aus dem privaten Archiv von Koss.
In der Zweiten Bundesliga startet der Aufsteiger im Juli 1976 wie die Feuerwehr. Bis zum 11. Spieltag führen die Arminen  in der neuen Saison sensationell die Tabelle der Zweiten Liga an. Am 16. Oktober 1976 drücken beim Derby Hannover 96 gegen Arminia Hannover im Niedersachsenstadion viele der 60.000 Zuschauer (!!!) dem Außenseiter die Daumen. Mit 0:1 verlieren die Bohnsack-Schützlinge gegen die von Hannes Baldauf trainierten „Roten", Torschütze ist der spätere HSV-Stürmer und 83er Europapokal-Sieger Jürgen Milewski - die mögliche Wachablösung findet nicht statt.

Walter Frosch vom Aufsteiger FC St. Pauli erhält in jener Saison bei 37 Einsätzen insgesamt 27 Gelbe Karten (!!!). Dies ist der Auslöser, weswegen es einige Jahre später zu einer automatischen Sperre von einem Spiel nach vier, heute fünf, Gelben Karten kommt.

Nach zwei Jahren in der Zweiten Bundesliga, Sohnemann Jan ist inzwischen geboren, fordert der Job als Baurat in Peine Eckhard Koss so sehr, das der spätere Hamelner Stadtdirektor seine Karriere in Burgdorf ausklingen lässt: „Junge Spieler rückten nach und die Familie, der Job und das Trainieren und Spielen unter Profibedingungen ließen sich ganz einfach nicht mehr vereinbaren. In Burgdorf konnte ich dann in der Bezirksoberliga mit ehemaligen Spezies, mit denen ich über Jahre bei der Arminia gekickt habe, zusammenspielen. Es war alles gut und auch der richtige Zeitpunkt abzutreten!“

Otto Hoextermann Eckhard Koss Arminia Hannover
Präsident Otto Höxtermann gratuliert Kapitäm Eckhard Koss und seinen Kameraden zum Aufstieg. Aus dem privaten Archiv von Koss.
Arminias legendärer Präsident Otto Höxtermann erweist Eckhard Koss 2002 anlässlich seines 90. Geburtstag, bei dem Generationen von Fußballgrößen zu seinem Fest geladen sind, eine besondere Ehre, als er in seiner launigen Rede bekennt: „Es gab zwei Dinge, die mir in meinem Leben eine wirkliche Freude bereitet haben. Die Hochzeit mit meiner geliebten Frau und als Eckhard Koss meine Arminia in Herford zum Aufstieg in die Zweite Bundesliga schoss…!“

Mehr kann ein Kapitän nicht für seinen Präsidenten tun...



Die Aufstellungen: SC Herford - Arminia Hannover 2:2 (0:0).

SC Herford:
Derow - Weidenhammer - Windmann (67. Hildebrandt) - Stremming (48. Dziecol) - Balcerzak - Lubasch - Wehmeier - Flüshöh - Siekmann - Muchow - Bittner
Arminia Hannover:
Schröder - Koss - Becker - Brandt - Vogeler - Behrends - Bienert (67. Wolpert) - Burkhardt - Mrosko - Friedrichsen - Klose
Schiedsrichter: Holste (Mülheim)
Zuschauer: 18.400 Zuschauer (ausverkauft)
Tore: 1:0 Siekmann (51.), 2:0 Dziecol (57.), 2:1 Burkhardt (62.), 2:2 Koss (73.)
Gelbe Karten: Herford: Flüshöh  Hannover:  Friedrichsen, Mrosko, Behrends
Rote Karte: Dzietiol
Beste Spieler: Herford: Weidenhammer, Lubasch, Bittner,  Hannover: Koss, Mrosko, Friedrichsen

Die Ergebnisse: Aufstiegsrunde 2. Liga Nord: Gruppe B

  • 27.05.1976: Arminia Hannover - SC Herford 1:0
  • 30.05.1976: SC Union 06 Berlin - Arminia Hannover 2:1
  • 07.06.1976: SC Herford - SC Union 06 Berlin 1:0
  • 13.06.1976: Arminia Hannover - SC Union 06 Berlin 6:0
  • 17.06.1976: SC Herford - Arminia Hannover 2:2
  • 20.06.1976: SC Union 06 Berlin - SC Herford 0:5


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