27.03.2020 08:22

Meldung


„Spiel meines Lebens“ Teil 3: „Jimmy“ Günzel – der Nationalspieler des TuS H.O.

Günzel ist der wohl beste Tempospieler der Hameln-Pyrmonter Fußball-Historie / Über die Preußen-Jugend zu Volker Finkes Havelsern und von da aus zum TuS Hessisch Oldendorf
Matthias Jimmy Guenzel TuS Hessisch Oldendorf
Immer einen Schritt vorne: Matthias „Jimmy“ Günzel eilt seinem Gegenspieler Andreas Paker davon. Foto: erschienen in der Dewezet vom 04. Oktober 1992, Fotografenkürzel: lkl (Klarname unbekannt).
Von Oliver Steffan

TuS Hessisch Oldendorf 1992/93 Mannschaftsfoto
Der TuS Hessisch Oldendorf in der Saison 1992/93. Foto: aus dem privaten Archiv von Günzel.
Unter Trainer Uwe Cording, der mit den Preußen im Sommer 1993 triumphal in die Dritte Liga aufsteigt, spielt der TuS in der Serie 1990/91 eine bärenstarke Saison. Fünf Spieltage vor Saisonende gastieren die Weserstädter am 14. April 1991 im altehrwürdigen Stadion am „Bischofsholer Damm“, um sich mit den Amateuren von Hannover 96 zu duellieren. Spitzenreiter 96 kämpft mit den Sportfreunden Ricklingen und dem TuS um den Aufstieg in die Verbandsliga – und es sollte mal wieder ein „Jimmy-Day“ werden. Drei Gegenspieler verschleißt der temporeiche Flügelstürmer, als ihn Trainer Cording in der 86. Minute auswechselt: „Ich war total überrascht, dachte zuerst: Was ist denn hier los? Warum nimmt der Trainer mich denn heute raus? Erst als sich die mitgereisten Oldendorfer Fans und die komplette Haupttribüne mit den 96-Fans erhebt und applaudiert, war mir klar, dass mir der Coach einen besonderen Abgang ermöglichen und mich belohnen wollte“, erkennt Günzel spät, aber nicht zu spät.

Matthias Jimmy Guenzel TuS Hessisch Oldendorf
Nur durch Fouls zu stoppen: Matthias „Jimmy“ Günzel wird mal wieder zu Fall gebracht. Foto: Rolf-Henning Schnell.
Der TuS gewinnt 2:1 und hat alle Chancen auf den Aufstieg. Am Ende der Saison setzen sich die 96er jedoch noch hauchdünn vor den punktgleichen Ricklingern und dem TuS durch und steigen auf. Die Ricklinger wittern Verrat – vor dem  letzten Spieltag ist Ricklingen noch Tabellenführer. Der 6:0-Sieg Sieg der Roten gegen den VfB Oldenburg am letzten Spieltag soll erkauft worden sein. Da Ricklingen in Oesede nur mit 4:1 gewinnt, ziehen die Hannoveraner noch an den Sportfreunden vorbei. Ricklingens Manager Hoppe, der Chef einer Privatdetektei, stellt Nachforschungen an, lässt die Oldenburger sogar auf der Abschlussfahrt überwachen, um an entscheidende Informationen zu gelangen. Die Sache verläuft jedoch im Sande, gerichtsverwertbare Beweise gibt es nicht. Ausschließlich Gerüchte reichen nicht, der Aufstieg der 96-Amateure hat Bestand. Ricklingen muss noch ein Jahr warten, bevor der Triumphzug bis in die Oberliga beginnt. Zuvor putzen die von Erfolgstrainer Rainer Behrends gecoachten Klasse-Kicker den TuS Hessisch Oldendorf im Bezirkspokalfinale noch mit 5:1.

Matthias Jimmy Guenzel TuS Hessisch Oldendorf
Matthias Günzel nimmt Bückeburg auseinander. Foto: Rolf-Henning Schnell.
All die aufgeführten Begegnungen zählt Günzel, der große Muhammed Ali-Fan, zu den großartigsten Erlebnissen in seiner Karriere: „Ich denke aber immer an die beiden stärksten Spiele zurück, die ich bestritten habe. Interessanterweise beide gegen den VfL Bückeburg. Zwei Dinge müssen zuvor noch bedacht sein: So stark ich in der Jugend noch im Abschluss war, im Herrenbereich war ich häufig nicht abgezockt genug vor dem gegnerischen Tor, habe ganz einfach zu wenig Tore gemacht. Zudem war für mich die allererste Aktion im Spiel immer sehr wichtig. Klappte der erste Trick, dann ging es richtig los, bin ich jedoch gleich hängengeblieben, dann hätte mich der Trainer in vielen Begegnungen bereits nach fünf Minuten auswechseln können“, gibt der stets überaus faire, bescheidene und anständige Sportsmann frank und frei zu.

Am 03. September 1993, einem Freitagabend, mischt Günzel die Abwehr des VfL nahezu im Alleingang auf, spielt wie aufgezogen. Die Schaumburger Zeitung titelt einen Tag später: „Fußball paradox – TuS turmhoch überlegen, aber Bückeburg glücklicher 3:1-Sieger“. Im Text heißt es weiter: “Oldendorfs 'Jimmy' Günzel wurde vor 650 begeisterten Zuschauern zur tragischen Figur des Abends. Er allein hätte die Bückeburger in Grund und Boden schießen können, kam geschickt aus der Tiefe und blieb von der Bückeburger Defensive gänzlich unbedacht. Nur im Abschluss klappte gar nichts!“ Günzels Abschlussschwäche halt...

Matthias Jimmy Guenzel TuS Hessisch Oldendorf
Matthias Günzel – wie immer – mit heruntergezogenen Stutzen. Foto: Heinrich Vollmer.
Deutlich besser läuft es ein Jahr zuvor: Der VfL Bückeburg kommt am 8. Spieltag, dem 04. Oktober 1992, als Aufsteiger zum Nachbarschafts-Duell ins Oldendorfer Waldstadion und wird von „Jimmy“ einmal kräftig durchgeschüttelt: „Die Härte seitens der Gegenspieler hat mir nie etwas ausgemacht. Gegen Spieler, die mir nur auf die Socken hauen wollten, fühlte ich mich besonders herausgefordert, wollte es ihnen mit spielerischen Mitteln zeigen. Bückeburgs Andy Paker, mit dem ich beim TuS ein Jahr zusammengespielt hatte, war für viele Stürmer in der Niedersachsen-Liga ein rotes Tuch, er galt als härtester Manndecker der Staffel. Ich habe mich gern mit ihm gemessen, eigentlich immer Katz und Maus mit ihm gespielt und gegen ihn auch mein Spiel des Lebens gemacht. Die Dewezet-Überschrift 'Günzel wackelt Paker aus!' ist unter uns alten TuS-Kickern noch heute ein geflügeltes Wort. Ich spielte ihn in der 44. Minute auf dem rechten Flügel mehrfach aus, war schon vorbei, ließ ihn wieder rankommen, wartete mit meiner Flanke, ehe der lange Edler eingelaufen war und meine Vorlage zum 1:0 nur einnicken musste. In der zweiten Halbzeit ging es dann noch richtig ab und wir gewannen mit 3:0.“

Eberhard Gräf notiert für die Dewezet: „Günzel wurde zur spielentscheidenden Figur. In der 67. Minute verlud er Achilles und verwandelte zum 2:0. Den Schlusspunkt setzte der 27-Jährige mit einem famosen Solo, narrte die gesamte Bückeburger Abwehr und zuletzt auch Torhüter Struckmeier; die VfL-Defensive stand auf verlorenem Posten gegen den besten Spieler auf dem Platz!“

Die TuS-Legenden Dirk Brockmann, „Rolli“ Schünemann und auch Günther Buchholz sind sich einig: „Wir haben mit keinem Spieler zusammengespielt, der einen Gegner an guten Tagen so dermaßen schwindlig spielen konnte. 'Jimmy' war in diesen Spielen auch von mehreren Gegenspielern nicht zu stoppen, einfach eine Maschine!“ Ein Nationalspieler aus Hameln – immer mit vollem Einsatz auf dem rechten Flügel unterwegs, aber nie abgehoben...

TuS Hessisch Oldendorf:
Schultze - Steffan - Werk - Mork (87. S. Cerici) - B. Cerici (51. Sariboga) - Holste - Günzel - Scheler, A. - Brockmann - Holstein - Edler.
Trainer: Günther Buchholz.
VfL Bückeburg:
Struckmeier - Blaume - Paker - Vogt - Achilles - Ruppelt (47. Büngel) - Bomba (74. Kusch) - Ruhe - Seifert - Rösener.
Trainer: Dittmar Schönbeck
Zuschauer: 600
Tore: 1:0 (44.) Edler, nach großartiger Vorarbeit von Günzel; 2:0 (67.) Günzel, der sich gedankenschnell durchsetzt; 3:0 (88.) Günzel, nach großartigem Solo.

Zu Teil 1

Matthias Jimmy Guenzel Jugend Nationalspieler 1981
 
25.03.2020

„Spiel meines Lebens“ Teil 1: „Jimmy“ Günzel – der Nationalspieler des TuS H.O.

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Zu Teil 2

Matthias Jimmy Guenzel TuS Hessisch Oldendorf
 
26.03.2020

„Spiel meines Lebens“ Teil 2: „Jimmy“ Günzel – der Nationalspieler des TuS H.O.

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