03.06.2020 08:47

Spiel meines Lebens - Teil 2


Meyers „Spiel des Lebens“: Historischer Kreisliga-Aufstieg mit Thal!

Im Jahr 1999 gelingt Meyer, Bredereck & Co. die Sensation / Auch mit Groß Berkel gelingt Meyer ein Aufstieg
RW Thal Kreisliga Aufstieg 1999
RW Thal steigt 1999 das erste und bis heutige einzige Mal in die Kreisliga auf – unter der Führung von Trainer Stephan Meyer.
Er stürmt, die Jugendzeit eingeschlossen, rund 20 Jahre für den MTSV Aerzen – und doch wirkt seine Laufbahn als aktiver Spieler unvollendet. Gerade einmal 27 Jahre zählend, muss Stephan Meyer fußballerisch deutlich kürzer treten. Ein Kreuzbandriss macht das Fußballspielen für ihn nicht unmöglich, aber erschwert es bedeutend. Fortan fungiert er aus der Aerzener Personalnot heraus als Trainer der zweiten Mannschaft, steht nur noch ab und an persönlich auf dem Rasen. Bald hängt er die Schuhe komplett an den Nagel. Aber nicht, um dem Fußball den Rücken zu kehren, sondern die Stollenschuhe durch eine Taktiktafel zu ersetzen. „Mit 27 war das Knie kaputt. Danach habe ich es noch einmal versucht, aber es ging nicht mehr. Ich war dann Spielertrainer bei Aerzen II, weil sie keinen anderen gefunden haben. Mit Teilzeiteinsätzen war es noch möglich, ein wenig Fußball zu spielen“, sagt Meyer. Dass sich die Entscheidung, Trainer zu werden, als goldrichtig herausstellen wird, weiß er zu diesem Zeitpunkt noch nicht...


Stephan Meyer heute.
„Ich war etwa eineinhalb Jahre lang Trainer von Aerzens Reserve und bin dann zum SC RW Thal gewechselt“, erzählt Meyer, der in Thal in der 1. Kreisklasse, Staffel 2 nicht nur für eine große Aufbruchsstimmung sorgt, sondern auch einen Freund fürs Leben findet: Markus Bredereck. „Zwischen uns hat sich eine beste Freundschaft entwickelt. Für mich ist er nicht nur einer der besten Spieler, sondern auch einer der besten Sportler, die ich je persönlich kennengelernt habe. Auf dem Platz konnte er alles, hat unter mir jede Position gespielt, stand sogar aushilfsweise im Tor, war hauptsächlich aber ein genialer Stürmer. Und über den Fußball hinaus hat er jede Ballsportart in kürzester Zeit erlernt. Vor allem im Golf wurde schnell richtig gut, hatte irgendwann ein Handicap von 12 und das als ein Späteinsteiger. Er ist einer der tollsten Menschen, die ich je kennenlernen durfte. Leider ist er vor zwei Jahren viel zu früh verstorben. Das hat mich schwer getroffen.“

Nicht nur menschlich, sondern auch sportlich fühlt sich Meyer in Thal pudelwohl. In seiner dritten Saison, 1998/99, wird ihm mit den Rot-Weißen schließlich der größte Erfolg der Vereinsgeschichte gelingen: der Kreisliga-Aufstieg. Hinter dem für die 1. Kreisklasse viel zu starken SV Lachem (66 Pkt, 120:35 Tore) wird Thal Zweiter (54 Pkt, 70:44 Tore) und qualifiziert sich damit für die Aufstiegsrelegation. Am 29. Juni 1999 kommt es auf der Emmerthaler Bezirkssportanlage schließlich zum Aufstiegsgipfel gegen Tündern II, Vizemeister der Staffel 1. Thal setzt sich mit 2:1 durch, macht den Aufstieg perfekt, darf trotz eines Dienstags bis spät in die Nacht feiern – immerhin sind Meyer, sein Torjäger Bredereck & Co. absolute Kreisliga-Pioniere für RW Thal. „Ich war so voll wie danach nie wieder“, lacht Meyer: „Vielleicht ist dieses Spiel für mich als Trainer tatsächlich das Spiel des Lebens.“

Überschattet wird das Erfolgserlebnis für Meyer persönlich allerdings von der für viele überraschend kommenden Trennung. „In meinem dritten Jahr in Thal, jenem Aufstiegsjahr, kam der Verein auf mich zu, wir sind zusammen essen gegangen, wie wir es immer getan haben, wenn es etwas zu besprechen gab. Statt der bisherigen schnell abgemachten Verlängerungen, wurde mir diesmal aber mitgeteilt, dass man nicht mit mir verlängern wollte. Für mich persönlich war es natürlich eine Genugtuung, mich mit dem Kreisliga-Aufstieg zu verabschieden“, erinnert sich Meyer, der von Klaus Wellhausen beerbt wird.

Für Meyer bringt die Trennung von Thal nicht nur einen Wohnzimmer- sondern auch einen Landkreiswechsel mit sich. Aufsteigen tut er trotzdem – in die Kreisliga Schaumburg. Der SC Deckbergen-Schaumburg klopft an und verpflichtet Meyer. Doch schnell wird klar: Hier passt nichts zusammen. Meyer erinnert sich an ein kurioses halbes Jahr: „Deckbergen-Schaumburg hatte damals drei Herrenmannschaften und für keine der drei Herren einen Trainer, nur Betreuer. Also habe ich alle drei Mannschaften trainiert und trotzdem waren nur vier Leute beim Training. Das hat den Aufwand, den ich betreiben musste, nicht gerechtfertigt und deshalb habe ich dem Verein im Winter mitgeteilt, dass ich aufhören werde und der Verein genügend Zeit habe, einen Nachfolger zu suchen. Der damalige Spartenleiter bat mich dann noch, gegenüber der Presse bloß nicht zu sagen, dass ich aus eigenem Antrieb hingeschmissen hätte, sondern sich beide Seiten im Einvernehmen getrennt haben – aus Angst, dass sie keinen Nachfolger mehr für mich finden:“

Parallel wird in Thal klar: Die Kreisliga ist dann doch eine Nummer zu groß für den kleinen Dorfverein, zumal der Sportclub ein ungünstiges Jahr erwischt hat – die Kreisliga 1999/00 gilt bis heute als die wohl stärkste in der Hameln-Pyrmonter Geschichte, Thal ist hoffnungslos überfordert. Der Verein und Wellhausen trennen sich und plötzlich ist Meyer wieder dick im Geschäft. „Thal ist auf mich zugekommen mit der Frage: 'Willst du nicht versuchen, den größten Erfolg der Vereinsgeschichte zu untermauern und den Abstieg verhindern?' Ich glaube, dass beide Parteien in diesem halben Jahr gemerkt haben, dass sie zusammengehören. Also habe ich zugesagt“, erzählt Meyer. Doch selbst „Meister-Meyer“, wie er viele Jahre später genannt wird, kann nicht zaubern. Die Rot-Weißen sind nicht mehr zu retten, der Abstieg steht bereits vor Saisonende fest (16. Platz, 29:157 Tore, 13 Punkte). In den folgenden Jahren gehören Coach Meyer und seine Thaler wieder zum festen Inventar der 1. Kreisklasse, Staffel 2, ehe es erneut heißt: Abschied nehmen.

Meyer zieht es nach Groß Berkel, genauer gesagt zum TSV. Und was erneut deutlich wird: Er kommt, um zu bleiben. Und: Mit Meyer kommt der Erfolg. 2002 seinen Einstand gegeben, feiert Meyer mit den Hummertalern in der Saison 2005/06 den Aufstieg in die mittlerweile eingeführte Leistungsklasse, der eingleisigen Liga unter dem Kreisoberhaus. Anschließend hält sich Meyer mit Groß Berkel in der Leistungsklasse, ehe nach sechs Jahren im Sommer 2008 der Abschied folgt. Im ersten Jahr ohne den Trainer-Fuchs steigt der TSV übrigens mit nur fünf Zählern wieder in die 1. Kreisklasse ab. Insbesondere einen Mann hat Meyer aus dieser Zeit bis heute in bester Erinnerung: „Ich habe Alexander Zenker damals aus der Zweiten hochgeholt. Seitdem ist er der Macher im Verein – bis heute. Er hat einen großen Anteil daran, dass der TSV Groß Berkel nach wie vor zwei Herrenmannschaften stellt, darüber hinaus sogar eine Altherren.“

Der Grund für die Trennung? Eine von Meyers zwei alten Fußball-Lieben: (noch) nicht Aerzen, sondern erneut Thal. „Obwohl einige Jahre vergangen waren, waren der Verein, die Mannschaft und ich immer noch auf einer Wellenlänge. Und mit Markus Bredereck hat nach wie vor mein bester Kumpel dort gespielt. Es hat einfach unheimlich viel Spaß gemacht“, so Meyer, der für seinen Wechsel auch einen persönlichen „Abstieg“ in die 1. Kreisklasse, Staffel 2 in Kauf nimmt. Bitter: Diesmal ist Meyers Ära in Thal zwar erneut vom Erfolg gezeichnet, wird aber nicht von Erfolg gekrönt. Zweimal werden die Rot-Weißen Vizemeister, 2008/09 hinter der SpVgg. Bad Pyrmont II , 2009/10 hinter dem damals aufstrebenden TuS Hessisch Oldendorf, schaffen nicht den Sprung in die Leistungsklasse.

Dann denkt sich Meyer: Es gibt ja nicht nur Thal, sondern auch noch seinen MTSV Aerzen. Der Verein, bei dem er – abgesehen von einem Jahr in der Jugend – seine komplette Zeit als aktiver Fußballer verbracht hat. Doch dazu am Sonntag mehr...

Zu Teil 1

MTSV Aerzen 1987/88
 
31.05.2020

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