25.04.2020 08:50

Spiel meines Lebens


„Spiel meines Lebens": Stöck & Preußen – eine Liebe, die alle Krisen meistert

Ein Mann, der Preußen verkörpert wie kaum ein anderer / Teil 3 von 3
Preußen Hameln Kreisliga-Meister 2002
Preußen Hameln ist Kreismeister 2002. Foto: Rolf-Henning Schnell.
Von Oliver Steffan

Thomas Stöck und Preußen Hameln – eine Liebe, die niemals endet. Oder doch? Im Sommer 1999 überschlagen sich nach dem Abstieg aus der Niedersachsen-Liga die Ereignisse, gehen in Hameln die Lichter aus. Der Verein ist mit 700.000 Mark verschuldet. Dazu kommt noch eine Gewerbesteuernachforderung in Höhe von 220.000 Mark. In einer Mitgliederbefragung votieren 70 Prozent für einen freiwilligen Rückzug in die Kreisliga Hameln-Pyrmont, um eine finanzielle Konsolidierung herbeizuführen. Eine Mannschaft gibt es im Juni 1999 nicht und „Stöcki“, mit 27 Jahren im besten Fußballalter, muss ja irgendetwas unternehmen, er will doch einfach nur spielen...

„Das Angebot, das Frank Jürgens, 'Kalle' Kruse und ich vom SC Harsum – ja genau die Harsumer, gegen die ich mein 'Spiel des Lebens' gemacht habe“, erzählt er grinsend: „Die Konditionen waren O.k. und wir wechselten in den Landkreis Hildesheim. Nach drei Wochen, wir hatten gegen den von Kai Oswald trainierten Niedersachsen-Ligisten Wehrstedt 65 ein Freundschaftsspiel mit 2:1 gewonnen, habe ich dann beim Training meiner Jungs in Hameln zugeguckt. In der Zwischenzeit hatte Trainer Dirk Schumachers bei den Preußen  eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt. Dann bin ich auf den Harsumer Trainer, den Ex-96-Profi Roland Kosien, zugegangen und habe ihm gebeichtet, dass ich zurück nach Hameln gehen werde, ich hatte nämlich noch kein Punktspiel bestritten. Er wollte mich, weil er mit mir als Spielmacher geplant hatte, nicht gehen lassen. Die Vereine einigten sich irgendwie und ich war wieder da, wo ich ja nie weg wollte. Das einzig Blöde war, dass die Preußen 1.000 DM mehr für mich berappen mussten, als sie von Harsum bekommen hatten. Wo die Kohle dann herkam, das weiß ich bis heute nicht“, erzählt er lachend: „Natürlich war es keine feine Art gegenüber dem SCH mit dem Wechsel retour, aber ich konnte im Juni nicht ahnen, dass es möglich ist, dass wir eine wettbewerbsfähige Mannschaft stellen könnten – und ich bin nun mal ein Preuße durch und durch.“

Thomas Stöck 1999 Preußen Hameln RW Thal
Gegen RW Thal zaubern die Preußen zum Saisonauftakt in der Kreisliga-Saison 1999/00. Links: Thomas Stöck. Foto: Aus dem privaten Archiv von Stöck.
„Mit der neuen Elf um die Torjäger Günay Camci und Roland Giehr, die sich ein Wettrennen im 'Buden-Machen' lieferten, eilten wir von Saisonbeginn an von Erfolg zu Erfolg. Es ging los mit einem 9:0 bei Aufsteiger RW Thal vor 350 Zuschauern. Das Spiel wurde mit Verspätung angepfiffen, weil es einen solchen Zuschauerandrang in dem kleinen Dorf vor Pyrmont noch nie gegeben hat. Zur Halbserie der Saison 1999/2000 hatten wir acht Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten, SV Eintracht Afferde 06, und wurden in einem dramatischen Finish noch von den Afferdern abgefangen. 1.050 Besucher sorgten bei unserem 1:3 gegen die Eintracht  Anfang Mai 2000 im Weserbergland-Stadion für einen vermutlich ewigen Zuschauer-Rekord in der Kreisliga Hameln-Pyrmont“, schwelgt Stöck in Erinnerungen.

Preußen Hameln Aufstieg 2002
Der Hamelner Aufstiegsjubel 2002. Foto: aus dem privaten Archiv von Stöck.
„In der darauffolgenden Saison sollte es noch schlimmer kommen. Wir waren mit unserem Sieg in Fischbeck am letzten Spieltag eigentlich schon Meister. In der Nachspielzeit kam unser Kontrahent, der von 'Auge' Buchholz gecoachte TuS Hessisch Oldendorf, noch durch einen Treffer von Marcus Edler auf der Kampfbahn gegen Tündern II zum 2:1-Erfolg und wir machten wieder eine lange Nase. Im dritten Kreisliga-Jahr sollte es dann endlich klappen. Trainer Jürgen Sikora löste Dirk Schumachers in der Winterpause ab und startete mit uns eine Super-Serie. In den 13 verbleibenden Punktspielen holten wir 13 Siege und wurden Kreisliga-Meister der Saison 2001/2002. Unter dem Neu-Trainer Kai Oswald flogen wir nach dem Aufstieg aus dem Stand auf Rang zwei in der Bezirksklasse und im Jahr drauf wurden wir Meister und Aufsteiger in die Bezirksliga. Meine Karriere in der Ersten beendete ich drei (!!!) Wochen nach meiner dritten Meniskus-Operation. Wir spielten am letzten Spieltag in 'meinem Weserbergland-Stadion', die letzten fünf Minuten wurde ich von Kai eingewechselt; ich konnte kaum laufen, aber ich spielte. Ein richtiges Abschiedsspiel wurde mir somit leider versagt. Doch wofür hat man echte Freunde? Mein langjähriger Freund und Fußball-Kamerad Jens “Jenne“ Oppermann kam nach dem Abpfiff  mit Bratwurst und Bier - meinem Lieblingsessen und Lieblingsgetränk – auf den Platz. Mir kamen die Tränen vor Rührung und anschließend wurde im 07-Heim der Abschied gebührend gefeiert. Diese Geste werde ich “Jenne“ nie vergessen. Ich habe dann noch in der Zweiten, wenn Not am Mann war, ausgeholfen“, berichtet der Steuerfachangestellte von seinen letzten aktiven Jahren im Seniorenbereich. Mit den Alten Herren der 07er feiert „Stöcki“ dann noch als Spieler und Spielertrainer einige Meisterschaften.

Auch mit den Alten Herren als Spielertrainer erfolgreich: Thomas Stöck
Auch mit den Alten Herren als Spielertrainer erfolgreich: Thomas Stöck. Foto: Aus dem privaten Archiv von Stöck.
Der Erfolg der Preußen geht aber immer weiter. Kai Oswald marschiert 2005 als Vizemeister hinter dem TV Badenstedt mit den Hamelnern weiter bis in die Landesliga.

Mit einem Punkt Vorsprung auf Germania Egestorf sichern sich die Preußen im Jahre 2008 unter Trainer Alexander Kiene die Landesligameisterschaft und steigen völlig überraschend und unter großem Jubel in die Oberliga Niedersachsen auf. Aber als es dann bei den Preußen sportlich wieder richtig abgeht, gibt es altbekannte Probleme.

Während der Saison 2009/10 gerät der Verein erneut in finanzielle Schieflage. Am Saisonende steigt die Mannschaft in die Landesliga Hannover ab, ehe am 8. September 2010, Neu-Trainer Rolf Schünemann schafft es, eine vernünftige Einheit auf den Platz zu zaubern, die erste Mannschaft aus dem Spielbetrieb zurückgezogen wird. Kurze Zeit später eröffnet der Verein ein Insolvenzverfahren.

FC Preussen Hameln Gründung
Die Väter des neugegründeten FC Preussen Hameln. Foto: Aus dem privaten Archiv von Stöck. Die Väter des neugegründeten FC Preussen Hameln. Foto: Aus dem privaten Archiv von Stöck.
Am 6. Oktober 2010 wird der Fußball-Club Preussen Hameln 07 e.V. als ein neuer Verein gegründet. Thomas Stöck übernimmt sofort und weiterhin Verantwortung für seine „Blau-Weiß-Roten“. Als Schatzmeister, nunmehr im Vorstand, führt er seinen Verein in ruhige Gewässer – und so soll es bei den Preußen auch weitergehen.

Und wer weiß, vielleicht wird es irgendwann ja mal wieder eine Begegnung in der vierten Liga in Hameln geben, so wie einst bei „Stöckis Spiel des Lebens“ am  05. April 1992 mit seinen Preußen gegen den SC Harsum...


Zu Teil 2

A-Jugend-Meister Preußen Hameln
 
23.04.2020

„Spiel meines Lebens": 44 Jahre Preußen – Thomas Stöck, die 07-Legende

Ein Mann, der Preußen verkörpert wie kaum ein anderer / Teil 1 von 3

Zu Teil 1

Preußen Hameln 1992/93
 
24.04.2020

„Spiel meines Lebens": Ultras fordern Stöck, Stöck bedankt sich mit Getränken

Ein Mann, der Preußen verkörpert wie kaum ein anderer / Teil 2 von 3
41 / 76

Autor des Artikels

Team AWesA
Team AWesA
Das Team AWesA stellt Euch die aktuellsten Sportnachrichten aus Hameln-Pyrmont kostenlos zur Verfügung. Bei Fragen und Anregungen kannst Du uns gern kontaktieren. Schickt ihr uns Infos, bereiten wir diese zu vollwertigen Artikeln auf.
Telefon: 05155 / 2819-320
info@awesa.de

Webdesign & CMS by cybox