18.04.2020 09:01

Meldung


„Spiel meines Lebens“: Roddy Quartey macht das Tor seines Lebens

Quartey spricht über die Kuriositäten seiner Laufbahn / Teil zwei von zwei
Preußen Hameln 07 II Meister der Bezirksklasse 1988
Preußen Hameln 07 II Meister der Bezirksklasse 1988/89. Obere Reihe v.l.: Betreuer Gisbert Ratsch, Betreuer Dieter Saake, Dirk Aschmuteit, Michael Berger, Thomas Pernath, Roddy Quartey, Ralf Kadagies, Frank Herzog, Anthony Brown, Günther Hauschild. Untere Reihe v.l.: Thomas Fenske, Frank Steinbrück, Kai Grunwald, Özcan Karakas, Markus Troche, Andi Scheler, Bernd Wode. Aus dem privaten Archiv von Quartey.
Von Oliver Steffan

Nach einer größeren Verletzung kickt „El Tren“, um Spielpraxis zu erlangen, kurzfristig in der Zweiten der Hamelner und führt diese im Sommer 1989 zum Aufstieg in die Bezirksliga – dabei erzielt er das Tor seines Lebens.

In Spielen der von Günther Hauschild trainierten zweiten Herren stehen zu Beginn der Saison 1989/90 u.a. mit Torhüter Özcan Karakas, Markus Troche, Thomas Fenske, “Bomma“ Brown, Frank Herzog, Frank Steinbrück, Kai Grunwald, Andreas Scheler, Kapitän Michael Berger oder Thomas Pernath erstklassige Spieler in einer brettstarken 07-Reserve und der „Blonde“ - den Spitznamen kriegt er in Hameln -  hilft bisweilen aus: „Gegen Eldagsen hat Roddy dann das mit Abstand geilste Tor geschossen, das ich als Fußballer auf dem Platz erlebt habe“, kann sich Mitspieler Thomas Fenske noch genau an ein „Tor vom anderen Stern“ erinnern. „Wir spielten damals oben an der 'Breslauer Allee', Roddy nahm den Ball am eigenen Sechzehner und zog dann wie ein Zug einmal diagonal über das Spielfeld, ließ sechs Gegenspieler einfach stehen, ging dann von links kommend auf den Torhüter zu, umkurvte auch noch den FC-Keeper und schob lässig ein – ohne Worte. Wir waren fassungslos und bekamen den Mund nicht mehr zu. Wir überrollten Eldagsen am Ende mit 6:0. Ging Roddy auf Tour, dann konnte ihn eigentlich niemand stoppen, er war eine echte Naturgewalt. Andersrum konnte ihn auch kaum ein gegnerischer Offensivakteur überspielen – er hatte eine unglaubliche Physis, ein Fels von Spieler“, berichtet „Fenne“ ehrfürchtig. „Zudem ist er ein Pfundskerl und mit seinem gewinnenden Lachen sorgt er stets für gute Laune.“

Roddy Quartey bei der SSG Halvestorf
Roddy Quartey bei der SSG Halvestorf. Aus dem privaten Archiv von Quartey.
Noch immer nagen an Roddy die Ereignisse um die Demission Franz Genschicks: „Im März 1990 wurde der beste Coach unter dem ich trainiert habe, Franz Genschick, trotz unserer guten Platzierung, entlassen. Was damals genau vorgefallen war, ist bis heute nicht so ganz eindeutig, es gab im Vorstand Querelen. Manager Wilfried Meerhaut warf daraufhin das Handtuch, weil er mit der Entscheidung nicht einverstanden war. Auch wir Spieler waren fassungslos, 'Toto' Lorenz machte dann im Spiel beim SC Harsum, nachdem Franz entlassen wurde, das 1:0. Wir kassierten den Ausgleich, haben uns dann den Arsch aufgerissen, wollten beweisen, dass das ein Riesenfehler mit Genschicks Rausschmiss war und mir gelang dann noch der 2:1-Siegtreffer – für Franz.“

Als der vormals in Hameln jahrelang erfolgreich agierende Manager Wilfried Meerhaut das Ruder in Halvestorf übernimmt, spricht er Roddy als zukünftigen Kopf der Truppe an und dieser wechselt noch für einige sportlich wertvolle und erfolgreiche Jahre zur SSG: „Drei Aufstiege von der Kreisliga bis in die Landesliga mit dem 'weißen Ballett', wir spielten wie Real Madrid ganz in weiß, sorgten natürlich für eine prima Stimmung, auch in Halvestorf hatten wir eine erstklassige Truppe. Zu Wilfried hatte ich ein ganz besonders Verhältnis. Vertragsverhandlungen zwischen 'Big-Wilfried' und mir wurden in der Regel auf dem Weg zwischen dem Sportplatz und der Kabine abgewickelt. Ich habe ihm gesagt: 'Boss, mit dem Fußball werde ich nicht meinen Lebensunterhalt bestreiten können, andersrum brauchst du einen gestandenen, routinierten und in zig Schlachten gestählten Abwehrchef'“, plaudert Roddy lachend aus dem Nähkästchen, „also einigten wir uns fix.“

Roddy Quartey TSG Emmerthal AWesA
Führte die TSG Emmerthal in die erfolgreichste Zeit nach der Jahrtausendwende: Roddy Quartey.
Als Jahre später, die Quartey-Karriere ist längst beendet, niemand mehr den großen, sympathischen  und stets fairen Sportsmann auf der Rechnung hat, zaubern die TSG-Verantwortlichen um Spartenleiter „Kalle“ Koch und Manager Murat Bendes vor der Saison 2011/12 den 1,86m großen Hünen als Trainer für die Kreisliga-Mannschaft der TSG Emmerthal aus dem Hut. Einige Partien absolviert der inzwischen schon 51-jährige Versicherungskaufmann noch im grün-weißen Dress und zählt noch im  Alt-Alt-Alt-Liga-Alter zu den besten Spielern im Team. Die Defensive hat er, wenn er aushilft, fest im Griff und auch, wenn seine legendären Sturmläufe in Lucio-Manier nicht mehr zu seinem Repertoire gehören – seine Eleganz, die feine Technik, sein taktisches Verständnis und sein Geschick im Zweikampf lassen reihenweise Stürmer gegen den „Silberrücken“ alleine im Regen stehen. Die Emmerthaler scheitern jedoch denkbar knapp, zwei Punkte fehlen am Ende auf Meister SG 74 und am durchaus möglichen Aufstieg. Dennoch: Unter Quartey erlebt Emmerthal die erfolgreichste Zeit nach der Jahrtausendwende. Sein Erfolgsrezept ist schnell erklärt. Der erfahrene Mann weiß mit jedem seiner Spieler umzugehen, kennt sie ganz genau und lässt den Leistungsträgern Murat Bendes, Manuel Capobianco oder Michael Jermakowicz, heute Besecke, die nötigen Freiheiten. Seine sympathische Art, sein breites Siegerlächeln und seine bis heute unvergessene Vergesslichkeit machen ihn in der Mannschaft extrem beliebt. Zahlreiche Anekdoten ranken sich bis heute um die Jahre mit Quartey.


Roddy Quartey im Dress der AWesA Legenden-Elf.
So vergisst er nicht nur einmal am Spieltag, wer überhaupt der Gegner ist – seine Standardausrede: „Der Gegner hat sich nach uns zu richten.“ An anderen Tagen will er lediglich neun Feldspieler aufstellen, bis seine Ersatzbank zu protestieren beginnt oder verliert Absprachen aus den Augen – Dinge, die einem Trainer eigentlich negativ angeheftet werden. Doch bei Quartey ist es anders. Niemand beginnt, ihn zu hinterfragen oder zu kritisieren. Vielleicht ist diese Eigenschaft, verbunden mit seinem lebensfrohen Charakter, sogar ein Grund für den Erfolg, den seine Emmerthaler unter ihm haben. Denn eines ist sicher: Angespannt oder gar gehemmt geht unter Quartey kein Spieler aufs Feld...

Beim Jubiläumsspiel der „Kreisliga-Legenden“ zum 40-jährigen Bestehen der Kreisliga im Juni 2019 schnürt der Defensiv-Spezialist gegen die Traditions-Elf von Arminia Bielefeld noch einmal die Schuhe und zeigt sein großes Können. Vor 40 Jahren bei seinem Kreisliga-Start beim TBH waren nur die Haare dunkler...

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