15.04.2020 11:00

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„Spiel seines Lebens“: Erinnerungen an Rolf Schünemann sen.

Der Fußballer Rolf Schünemann senior verstarb am 29. März / Ein Mann, der die großen Zeiten der SpVgg. Bad Pyrmont prägte
Rolf Schünemann Senior
Immer ein Lächeln auf dem Gesicht: Rolf Schünemann senior.
Von U. Fünfzig

Am 29. März verstarb im Alter von 79 Jahren Rolf Schünemann senior. Ein Sportler, der in den Glanzzeiten des heimischen Fußballs das Trikot der SpVgg. Bad Pyrmont getragen hat. „In guten, wie auch in schlechten Zeiten“ kann mit Fug und Recht gesagt werden, wenn man sich an sein bewegtes Leben noch einmal erinnert. Er hätte wohl gern so manches Kapitel zur Serie „Das Spiel meines Lebens“ selbst zum Besten gegeben. Schließlich war "der alte Rolli" mehr als ein ausgezeichneter Kicker, er verstand es auch mal die Rolle des Entertainers zu übernehmen. Denn schlechte Stimmung mochte er überhaupt nicht. Und so schaffte er es sogar in Pyrmonts Seuchen-Saison 1976/77, dass bei den stets verloren gegangenen Auswärtsspielen wenigstens während der oft langen Hin- und Rückfahrten gute Laune im Mannschaftsbus herrschte. Mit fast 36 Jahren war er im Februar 1977 bei den Kurstädtern noch einmal in die Bresche gesprungen, als die Mannschaft in der Amateur-Oberfliga Nord auseinander zu fallen drohte. Bestritt in der Rückrunde, die Spielvereinigung hatte zu diesem Zeitpunkt mit 4:34 Punkten die Rote Laterne längst fest im Griff, noch einmal 15 Spiele. Und konnte er sich als einer der ältesten Spieler, die in der Liga jemals zum Einsatz kamen, mit zwei Treffern - erst im Heimspiel beim 1:3 gegen Werder Bremens Amateure, dann beim desaströsen 2:11-Debakel bei Barmbek-Uhlenhorst - sogar in die ewige Torschützenliste der damals dritthöchsten deutschen Spielklasse eintragen. Am Ende standen bei der Spielvereinigung 4:64 Punkte auf dem Konto. Der erhoffte Punktgewinn blieb dem reaktivierten Oldie leider versagt.

Rolf Schünemann Senior zapft Bier
Rolf Schünemann senior unterhielt seine Gäste als Wirt der legendären „Alten Kate“ mit so mancher Geschichte aus seiner Zeit als Fußballer. Foto: privat.
Seine Karriere in der Kurstadt begann im Juni 1967, als er gerade vom SC Münchhausen Bodenwerder zur SpVgg. Bad Pyrmont gewechselt war. Nur wenige Tage später hatte der in Rühle aufgewachsene „Rolli“ bereits seinen ersten großen Auftritt im Trikot des damaligen Verbandsligisten. Der 1. FC Nürnberg war zum Gastspiel angereist. Die „Clubberer“ hatten tags zuvor am letzten Bundesliga-Spieltag mit 1:4 beim Überraschungsmeister Eintracht Braunschweig „einen auf die Mütze bekommen“.  Deshalb holte Trainer Max Merkel noch einmal die Peitsche heraus, denn vor 3.000 Zuschauern im Stadion an der Südstraße wollte er sich keinesfalls blamieren. Und so startete Neuzugang Schünemann bei seinem neuen Verein mit einer 1:5-Niederlage durch. Nach seiner Premiere gegen einen übermächtigen Gegner, bei dem immerhin namhafte Größen wie Heinz Strehl, Georg Volkert, Franz Brungs und Ludwig „Luggi“ Müller den Takt bestimmten, zählte „Rolli“ in der Pyrmonter Mannschaft viele Jahre zur Stammformation. „Keine Angst vor großen Namen“ hieß sein Leitspruch nicht nur wenn es gegen Vereine wie Roter Stern Belgrad, die Junioren des Pelé-Klubs FC Santos oder Lokomotive Sofia ging. So konnte „Rolf, der Ältere“ nach seiner aktiven Zeit als Wirt der legendären „Alten Kate“ seine Gäste nicht nur mit so mancher Schmonzette, sondern auch mit spannenden Geschichten aus Pyrmonts großen Fußballtagen unterhalten.

SpVgg. Bad Pyrmont Verbandsliga Süd 1971/72 unter Trainer Otto Laszig
Die SpVgg. Bad Pyrmont in der Verbandsliga Süd 1971/72 unter Trainer Otto
Laszig. Foto: privat.
Die besten wohl aus jener Zeit, als Otto Laszig das Traineramt in Bad Pyrmont übernommen hatte. Vor dem neuen Coach, der mit Schalke 04 schon 1958 als Spieler Deutscher Meister geworden war, hatten die Jungs großen Respekt und siezten ihn natürlich. Nur „Rolli“ nicht. Der inzwischen vom Stürmer zum Verteidiger umgeschulte Tausendsassa, der damals als Fahrer bei einem Getränkegroßhandel arbeitete, durfte sich bei „seinem Freund Otto“ so manche Eskapade erlauben. Eine bleibt unvergessen: Es war ein heißer Montag im August 1971. Direkt neben dem Stadion sorgte das Pyrmonter Schützenfest für jede Menge Trubel, und „Bierkutscher Schünemann“ musste so manches Fass ins Festzelt rollen. Das machte natürlich durstig. Klar, dass er sich bei der trockenen Luft auch selbst mal das eine oder andere Glas mit dem kühlen Gerstensaft hinter die Binde kippte. Das bekam Otto Laszig beim abendlichen Abschlusstraining vor dem zwei Tage später anstehenden Nordpokal-Duell gegen den VfL Osnabrück, den amtierenden Meister der Regionalliga Nord, schnell mit. „Der Schünemann ist ja besoffen“, stellte er mit Entsetzen fest und schickte ihn umgehend nach Hause. Doch Laszig war nicht nachtragend. Als sein Abwehrrecke am Mittwoch pünktlich im Stadion erschien und mit einem strahlenden Lächeln auf seinen Trainer zuging, folgte von dem umgehend die klare Ansage: „Rolli, Du spielst! Aber wenn das nicht läuft, reiße ich Dir den Arsch auf!“ Es lief vorzüglich. Die Spielvereinigung zog mit einem 1:0-Sieg (Torschütze vor 7.000 begeisterten Zuschauern war Peter Schulz) gegen die sechs Wochen zuvor in der Bundesliga-Aufstiegsrunde am VfL Bochum gescheiterten Osnabrücker neben den beiden Regionalligisten Holstein Kiel und dem FC St. Pauli als einziger Amateurverein aus dem Bereich des Norddeutschen Fußballverbandes in die 1. Hauptrunde des DFB-Pokalwettbewerbs ein. Vor dem Überraschungssieg gegen die VfLer hatten Schünemann und Co. auch schon den ebenfalls in der Regionalliga Nord kickenden SC Göttingen 05 (2:0) und Schleswig-Holsteins Verbandsliga-Vertreter Eichholzer SV (2:1) aus dem Rennen geworfen.
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