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„Spiel meines Lebens“: Hanses zu den Preußen – Rehhagel mit hartem Urteil

SV Werder Bremen, SV Meppen und SpVgg Preußen Hameln 07 – fußballerisch hat Christoph Hanses so viel erreicht wie kein Zweiter in dieser Region Von Oliver Steffan

Werder erreicht nach der Meisterschaft 1988 und dem legendären Pokal-Finale gegen Borussia Dortmund, ein Jahr drauf im Juni 1989, erneut das Pokal-Finale in Berlin gegen den 1. FC Kaiserslautern, bei dem Christoph Hanses, noch verletzt, nur Zuschauer ist: „Nach dem mit 2:3 verlorenen Pokal-Finale gegen den FCK sprachen wir vor dem Bankett ein paar Worte mit Franz Beckenbauer. Ex-Bundeskanzler Willi Brandt, als Überraschungsgast vorbeigekommen, fragte unseren Norweger Rune Bratseth lange aus. Brandts Frau war Norwegerin, er selbst lebte lange in Skandinavien. Es war einfach irre, was man so alles erlebt und wen man so getroffen hat“, schwärmt „Chris“ Hanses von den erfolgreichen und aufregenden Jahren Ende der 80er.

Christoph Hanses braucht nach seinem Achillessehnenriss, den er sich im Spiel gegen die Mailänder Weltauswahl des AC zuzieht (siehe Teil 2 von Hanses' Geschichte), ein gutes halbes Jahr, bis er wieder Anschluss an das Profi-Team der Bremer findet. Aber nach zwei solch schweren Verletzungen verliert Rehhagel das Vertrauen in seine Fitness und zieht Marco Bode in den Profi-Kader hoch. „Du merkst natürlich erst, wie du die Leute einschätzen kannst, wenn du am Boden bist. In der Zeit wusste ich, auf wen ich mich verlassen konnte und wer nur Schulterklopfer war“, sieht Hanses die Dinge ohne Bitterkeit heute sehr realistisch: „Am Ende der Saison 1989/90 hat Rehhagel mir deutlich gemacht, dass er nicht mehr mit mir plant.“

Ehrmantraut & Hanses in Meppen – das passt nicht

Dann flattert ein attraktives Angebot aus Meppen auf den Tisch, Manager Gerd van Zoest und Trainer Rainer Persicke sind schwer begeistert von den Qualitäten des blitzschnellen Werder-Offensiv-Spielers. Hanses unterschreibt einen Zwei-Jahres-Vertrag beim SV Meppen, die in der Zweiten Bundesliga für Furore sorgen.

Unter Trainer Persicke läuft es für Hanses in der Hinrunde perfekt, sechs Tore stehen bis Halbserie, am Ende der Saison und wiederholten Verletzungsproblemen immerhin sieben Treffer und 29 Einsätze. Bei der Verpflichtung des despotischen, zuvor mit Eintracht Frankfurt in die Bundesliga aufgestiegenen, Horst Ehrmantraut im Sommer 1991 ist Sturmspitze Hanses skeptisch: „Wir funkten von Beginn an nicht auf einer Wellenlänge. Ich habe zwei, drei Sprüche gemacht, die dem Coach nicht gefielen, meine große Klappe kam bei ihm nicht gut an und so war ich fix unten durch, hatte einen schweren Stand. Unseren polnischen Mittelfeldspieler Bogdan Dlugajczyk hat er mal nach 20 Minuten rausgenommen. Er fagte nur: 'Trainer, warum raus?' Ehrmantraut antwortete nur knapp: 'Bogdan, ich hasse Hackentricks und habe gesagt, dass ich sie nur akzeptiere, wenn ein Tor fällt. Ist gerade ein Tor gefallen?' Die Arbeit unter Ehrmantraut war insbesondere für mich, aber auch für andere Spieler insgesamt eine Katastrophe. Hinzu kam, dass ohne Schmerztabletten nichts mehr ging. Eine halbe Stunde vor Trainingsbeginn saß ich schon in der Kabine und habe meine Füße getapt, weil meine Außenbänder praktisch nicht mehr vorhanden waren. Ohne Unterstützung ging nichts mehr – Knie hin, Bänderrisse in den Sprunggelenken und Achillessehne kaputt. Meine Motorik war im Eimer.“

„In der Saison 1991/92 kamen dann nur noch eine Handvoll Spiele dazu, mein Vertrag lief aus. Ich war 27 Jahre, wusste, dass es mit meiner Gesundheit nicht besser werden würde. Dann habe ich mich entschlossen, mich reamateurisieren zu lassen und eine Lehre als Bankkaufmann im BHW zu beginnen“, spricht Hanses über seinen Weg in die Rattenfängerstadt Hameln. In der Vorbereitung zur Saison 1991/92 absolvierte Hanses mit Meppen übrigens noch ein Testspiel gegen den FC Bayern München. Endstand: 2:4. Eines der beiden Tore für den SVM schoss Hanses gegen Keeper und Weltmeister Raimond Aumann.

„Der Kontakt zu den alten Kameraden aus Meppen ist über all die Jahre aber nie abgerissen, wir treffen uns weiterhin jährlich mindestens zweimal und sind ein tolles Team. Freunde fürs Leben. Robert Thoben, der Rekordtorschütze des SVM in der zweiten Liga, ist auch der Patenonkel meines jüngsten Sohnes.“

Hallo, Hameln! 

„Dann kam Preußen Hameln. Karl Strüver rief mich an und wollte mich zu den Preußen holen. Mein Bruder 'Matze' spielte schon dort, Bernd Dierßen kannte ich natürlich, und so sagte ich zu. Das sollte mein Türöffner für meine berufliche Zukunft sein.“

Auch sportlich lief es bei den Hamelnern wie am Schnürchen. Am Ende der Saison 1992/93 steigen die Preußen nach sechs dramatischen Aufstiegs-Runde-Spielen in die drittklassige Amateur-Oberliga auf.

„Von mir hatte man immer erwartet, dass ich vorangehe, entscheidende Dinge tue, Spiele entscheide. Niemand hat mitbekommen, dass ich vor den Spielen oft gar nicht wusste, wie stark die Schmerzen wieder sein würden und welche Leistung ich bringen konnte“, sagt Hanses.

Hanses über Rehhagel: „Er hat mir nicht 'Hallo' gesagt“

Im Aufstiegs-Jahr mit den Preußen findet in Bremen das Abschiedsspiel für den sechsfachen Nationalspieler „Jonny“ Otten statt. Die “Deutschen Meister von 1988“, verstärkt mit Klaus Allofs, treten gegen die aktuelle Bremer Elf mit Mario Basler, Andreas Herzog, Wynton Rufer an. Christoph Hanses erzielt ein Tor für die „alten Recken“. Vor der Partie, Trainer Rehhagel hat noch einen Haufen Autogramme geschrieben, kommt Otto auf Chris zu: „Er hat mir nicht 'Hallo' gesagt, mich nicht gefragt, wie es mir geht, nur gemeint: 'Christoph, Sie hätten so viel mehr erreichen können', und hat uns dann zur Mannschaftsbesprechung gebeten.“

„Nach dem Oberliga-Jahr spielte ich noch von 1994 bis 1997 mit den Preußen in der Verbandsliga. Wilfried Meerhaut holte mich zusammen mit meinem Bruder und meinem Kumpel 'Ralle' Scheler dann 1997 nach Halvestorf in die Landesliga, doch der Körper machte einfach nicht mehr mit, sodass ich kaum noch spielen konnte.“


„Egal in welcher Klasse man spielt oder gespielt hat...“

„Die Überlegungen, was ohne die verkorkste Knie-OP, als ich 15 war, hätte sein können, habe ich mir häufig gestellt. Das 'Spiel meines Lebens' in Mailand im März 1989 war dann auch Höhepunkt und gleichzeitig Tiefpunkt in meiner Laufbahn. Rückblickend war meine Profi-Karriere natürlich in gewisser Weise unerfüllt geblieben, hätte mehr passieren können, wenn nicht, in entscheidenden Situationen, dieses verdammte Verletzungspech gewesen wäre. Allerdings bleibt zu konstatieren, dass ich eine Menge erlebt, viele tolle Menschen kennengelernt habe, sich Freundschaften fürs Leben entwickelt haben und ich insgesamt sehr glücklich bin.“

Kleine Anekdote am Rande: Christoph Hanses gehört zu den wenigen Spielern, die in allen oberen Spielklassen in einem Meisterschaftsspiel gegen den FC St. Pauli auf dem Platz gestanden haben:
Mit Werder (A) in der damaligen Oberliga Nord
Mit Meppen in der 2. Liga
Mit Werder in der 1. Liga

„Eines ist aber klar: Egal in welcher Klasse man spielt oder gespielt hat – durch den Fußball erlebst du so vieles, große Siege, schmerzhafte Niederlagen, so viele Emotionen. Das macht den Fußball eben aus. Und das kann mir keiner nehmen!“, stellt Christoph Hanses mit ein bisschen Wehmut gut drei Jahrzehnte nach dem großen Spiel in Mailand fest...

Zu Teil 1:

Zu Teil 2: