21.06.2020 09:10

Spiel meines Lebens - Teil 3


Engel: „Ich will, dass der Fußball in Grohnde eine Zukunft hat“

Als Spieler & Spartenleiter unersetzbar beim TSV / Kreisliga-Rückkehr? Der Phönix aus der Asche

Robert Engel treibt den Ball nach vorne.
Im Sommer 2013 wird es Zeit für frischen Wind beim TSV Grohnde: Oliver Bock übernimmt als Trainer und wagt sich mit Robert Engel & Co. in ungeahnte Höhen...

Robert Engel, zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt und trotzdem seit gefühlt einer Ewigkeit der Spieler, der vorangeht, erinnert sich: „Mit 'Oli Bock' kam neuer Schwung in die Mannschaft. Dazu kamen noch zwei, drei Neuzugänge.“ Im Tor spielt mittlerweile Tobias Stegmaier, dazu ist Eigengewächs Felix Opitz zu einem absoluter Leistungsträger herangewachsen, Knipser Christopher Thomas ist ohnehin nicht wegzudenken, Jan Beye ist das Zweikampfmonster in der Defensive und Robert Engel der Mann im Mittelfeld – in der Defensive gnadenlos, in der Offensive gefürchtet. Trotz einer passablen Mannschaft rechnet im Vorfeld keiner mit einer derartigen Erfolgswelle. „Wir haben über unseren Verhältnissen gespielt. 'Stegi' war im Tor eine Bank, Neuzugang Daniel Englisch hat wohl die beste Hinrunde seiner Laufbahn gespielt. Jeder Spieler war in Topform, es war wie in einem Rausch“, erklärt Engel.


Grohndes Nummer neun kann's auch mit dem Kopf.
Die blau-weißen Salzhemmendorfer werden von den Grohndern mit 0:4 aus dem eigenen Stadion geschossen, in der Woche darauf gewinnt der TSV völlig überraschend beim WTW Wallensen auf der Thüster Platte mit 3:2 und selbst die starke SG Eimbeckhausen/Nettelrede muss dran glauben, als Grohnde mit 4:2 über die Nordkreisler hinwegfegt. Grohnde ist plötzlich ganz oben dabei, spielt eine der besten Hinserien der Vereinsgeschichte und überwintert auf Platz zwei, hinter dem Kreisliga-Primus SV Lachem. Die lange Winterpause tut Engel und seinen Mitstreitern allerdings nicht gut. In der Rückrunde rutschen die Grohnde letztlich auf Rang sechs ab, blicken dennoch auf eine insgesamt gute Saison zurück. Immerhin ist es die beste seit der Kreisliga-Rückkehr in der Saison 2009/10.

Auf Bock, den es zu BW Salzhemmendorf zieht, folgt im Sommer 2015 A-Lizenz-Inhaber Axel Marahrens. Sportlich geht der Weg für Engel und seine Grohnder Richtung Abstiegskampf. 2015/16 wird der TSV Elfter, nach der Saison trennen sich beide Parteien. „Axel ist ein sehr guter Trainer, taktisch weiß er alles über Fußball. Er fordert sehr viel von seinen Spielern – so viel wie er von sich selbst auch erwartet. Und das ist für die Kreisliga wohl zu viel. Er ist ein sehr, sehr engagierter Trainer, der alles für seine Spieler tut. Er hat bei uns aus wenig viel gemacht. Aber letztlich sind zwei verschiedene Welten aufeinandergeprallt: Ein kleiner Dorfverein, der froh war, dass er überhaupt in der Kreisliga gespielt hat, und ein Trainer, der hohe sportliche Ambitionen hat“, blickt Engel zurück.

Malte Fitzner BW Salzhemmendorf Robert Engel TSV Grohnde Flanke
Duell der Kapitäne: Robert Engel blockt den Schuss von Salzhemmendorfs Malte Fitzner.
Im Frühling 2016 wird Kapitän Engel auch noch Spartenleiter der Grohnder Fußballer – mit gerade einmal 26 Jahren gibt er nicht nur auf dem Rasen den Ton an, sondern übernimmt auch außerhalb des Platzes viel Verantwortung. „Grohnde ist mein Verein und zu dieser Zeit hat sich keiner gefunden, der diese Aufgabe übernehmen wollte. Ich habe mich daher dazu berufen gefühlt. Mein Ziel ist es nicht nur, selber Fußball zu spielen. Ich will, dass der Fußball in Grohnde eine Zukunft hat und deshalb möchte ich aktiv daran mitwirken, dieses Ziel zu verwirklichen“, erzählt Engel rückblickend: „Für mich war gerade die Anfangszeit eine große Herausforderung. Ich habe anfangs nicht damit gerechnet, wie schwierig es ist, Spartenleiter zu sein und mit welchen Themen man sich alles beschäftigen muss, wo man sich überall reinarbeiten muss. Aber ich bin nicht der Typ, der dann aufgibt oder sich verrückt macht. Bei einigen Themen habe ich Hilfe erhalten, andere Themen habe ich einfach auf mich zukommen lassen und mit der Zeit wächst man an seinen Aufgaben.“ Diesen Worten lässt Engel Taten folgen, ist einer derjenigen, die die Bildung der JSG Emmerthaler Kickers, ein Jugend-Zusammenschluss aller Emmerthaler Vereine, entscheidend voran getrieben haben.

Seine bis heute wichtigste Entscheidung: die Verpflichtung von Spielertrainer Christopher Thomas als Nachfolger von Marahrens. „'Toffa' zum Spielertrainer zu machen, war auch gleichzeitig meine erste echte Handlung als Spartenleiter (lacht). Er engagiert sich sehr für unseren Verein, ist ein toller Freund und genießt als Trainer trotzdem viel Respekt in der Mannschaft. Er hält die Jungs zusammen und macht viel im Drumherum. Darüber hinaus wollte 'Toffa' im Sommer 2016 eigentlich mit Jan Beye zu Tündern II wechseln, hat eine neue Herausforderung gesucht. Durch den Trainerposten hat er diese neue Herausforderung bei uns bekommen. Dass er geblieben und Spielertrainer geworden ist, hat sich für alle als goldrichtig herausgestellt“, erzählt Engel.

Sportlich läuft es in der Saison 2016/17 weiterhin mau. Der Höhepunkt ist ein 1:0-Sieg gegen die in dieser Saison stark aufspielende SpVgg. Bad Pyrmont II im März 2017. „In der vierten Minute habe ich den Ball erobert, bin nach vorne gelaufen und habe das 1:0 gemacht. So einen Adrenalinschub habe ich bisher selten erlebt. Es ging gegen den Abstieg, alle haben wie die Verrückten gekämpft und wir haben den Sieg über die Zeit gebracht“, schwelgt Engel in Erinnerungen.

Benjamin Bohne FC Latferde Robert Engel TSV Grohnde AWesA
Der Kapitän: Robert Engel im Derby gegen den FC Latferde.
Grohnde holt insgesamt magere neun Punkte, hält aber die Klasse und die Mannschaft bleibt zusammen – ein Verdienst von Engel und Thomas, die sich dennoch dazu entschließen, trotz des sportlichen Klassenerhalts freiwillig in die 1. Kreisklasse abzusteigen. „Wir waren zwei Jahre lang unten drin und meistens war die Frage eigentlich nur: Wie hoch verlieren wir dieses Wochenende? Die Stimmung in der Mannschaft war noch in Ordnung, aber ohne Erfolgserlebnisse geht der Spaß verloren. Und darum geht es doch beim Fußball in den unteren Ligen. Deshalb haben wir uns dazu entschieden freiwillig abzusteigen. Aus heutiger Sicht war die Entscheidung goldrichtig“, unterstreicht Engel: „Wir haben uns in den letzten drei Jahren in der 1. Kreisklasse gefangen, der Spaß ist zurückgekommen, wir haben viele neue Spieler gewonnen, die gerne für Grohnde spielen. Aktuell sind wir sogar so weit, dass wir eine zweite Mannschaft melden können.“ Überdies wird der Verein im Sommer 2020 wohl als Meister der 1. Kreisklasse in die Kreisliga zurückkehren, sollte eine Saisonwertung mit Aufsteigern beim außerordentlichen Verbandstag des NFV beschlossen werden – Grohnde ist wieder da.

Engel ist nicht nur als Spieler unersetzbar für Grohnde, auch als Spartenleiter hat der mittlerweile 31-Jährige seinen TSV in ganz neue Bahnen geleitet. „In den vergangenen Jahren haben uns finanziell gut entwickelt, wir haben mehr Zuschauer, der Zusammenhalt mit den passiven Mitgliedern und nicht mehr aktiven Spielern ist größer geworden, wir haben mehr Veranstaltungen durch die Helferinnen und Helfer, die wir dazugewonnen haben“, ist Engel zurecht stolz auf die Entwicklung, die Grohndes Fußballer in den letzten Jahren vollzogen haben. Gleichzeitig bedankt er sich: „Besonders den Menschen, die im Hintergrund arbeiten, kann ich nicht genug danken. Unser Kassenwart Thomas Metje ist zum Beispiel eine der wichtigsten Personen im Verein. Ohne ihn geht nichts. Bedanken möchte ich mich aber auch bei meinen Eltern, die mich früher ohne zu murren ständig durch die Gegend gefahren haben. Das ist nicht selbstverständlich.“ Und auf dem Platz? „Bis heute liebe ich es mit Patrick Kursch zusammen zu spielen, wenn er mal in der Heimat ist. Wir verstehen uns blind. Mit Julian Rose spielt mittlerweile einer meiner besten Freunde bei uns. Und nie vergessen werde ich die Zeiten, in denen ich mit Manuel Capobianco bei Preußen Hameln in der Jugend auf dem Platz stand.“

Der Kreisliga-Aufstieg der Grohnder ist wahrscheinlich, eine zweite Mannschaft soll folgen. Der TSV steht besser denn je da. Trotzdem weiß Engel: „Der demografische Wandel macht trotzdem keinen Halt vor uns. Irgendwann wird es so weit sein, dass die Emmerthaler Vereine ihre kleinen Rivalitäten im Herrenbereich beiseite legen und wie in der Jugend an einem Strang ziehen müssen. Wir stehen dem offen gegenüber." Zusammen gegen den Rest der Welt, anstatt alleine gegen die lokale Konkurrenz. Auch hier geht Grohndes Galionsfigur voran – als Fußballer, als Spartenleiter, als Gestalter...
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