04.06.2024 13:21

Sportmix


Ein Gedicht zum Geburtstag: Schliep über seine Erinnerungen an den MTSV Aerzen

Hummetaler Sportverein feiert 120-jähriges Bestehen
MTSV Aerzen Jubilaeum
Der MTSV Aerzen feiert 120-jähriges Bestehen.

120 Jahre MTSV Aerzen 04 – am heutigen 04. Juni feiert der Hummetaler Sportverein ein historisches Jubiläum. Anlässlich dieses Festtags hat sich ein alter Weggefährte der Rot-Weißen nicht lumpen lassen, seine Erinnerung und Erlebnisse mit dem Aerzener Sportverein, seinen Sportkameraden und ehemaligen Freunden in Gedichtform festzuhalten: Reiner C. Schliep. Von 1957 bis 1969 war der ehemalige Hameln-Pyrmonter Mitglied des MTSV, bevor es ihn Ende der 70iger-Jahre nach Kanada verschlug.

„Zum Jubiläum sende ich die besten Grüße aus Kanada an den MTSV Aerzen,
dazu eine leckere Sachertorte mit einhundertzwanzig Kerzen,
denn solch´ ein seltenes Fest feiert man nur einmal im Leben,
ich hoffe, Ihr lasst den Lüningsberg und den Schierholzberg beben,
ich grüße alle Mitglieder und Bürger aus der Gemeinde Aerzen und in diesem traditionellen Verein,
schade, dass ich leider heute nicht bei Euch kann sein,
denn ich war aktives Mitglied in den 50iger- und 60iger-Jahren,
als Handballer und Fußballer zusammen noch Freunde waren,
wenn Ihr aus dieser alten Zeit nun einige Erinnerungen lesen wollt,
nehmt nun die Brille zur Hand, für mich sind sie Gold.

1957 habe ich eine Handballschüler gegründet mit Robert Nacke und Hänschen Wolf,
kein Mensch dachte damals an das Spiel genannt Golf,
beim allerersten Turnier in Bad Pyrmont haben wir bereits aufgespielt wie noch nie,
unser damaliger Trainer war der allseits beliebte Helmut Schlie,
gleich bei diesem Turnier gingen wir als erster Sieger vom Platz,
somit war unser Training nicht für die Katz.
mit dem Fahrrad oder Bahnbus ging´s zu den Auswärtsspielen,
trainiert wurde in Scheunen und Bauernhausdielen,
in weißen Unterhemden liefen wir auf,
weil kein Geld für Trikots vorhanden war zum Kauf,
müde und glücklich fielen wir abends ins Bett,
Und der erste Vorsitzende, Herr Willy Schatte, war auch zu uns sehr nett.

Mit 14 Jahren bin ich dann in die Feldhandballjugend aufgestiegen,
unser Motto war  niemals verlieren, immer siegen,
da sie keinen Torwart hatten, steckten sie einfach mich ins Tor,
ich hab den Befehl noch heute im Ohr,
im allersten Spiel auf großem Feld gegen VT Rinteln gewannen wir vier zu eins,
und das große Tor musste ich hüten, es war meins,
nie wieder habe ich auf dem großen Feld nur ein einziges Ei reinbekommen,
ich war damals außer Freude, wie benommen.
Mit 18 Jahren ging´s dann in die Herrenmannschaft, immer noch auf dem großen Fußballfeld,
aus Spaß an der Freude spielten wir auf, nicht ein Spieler dachte an Geld,
meine beiden Verteidiger waren Friedel Koithan und der sympathische Albert Rust,
bei dem hast du vor jedem Spiel bereits gewusst,
wie er uns immer mit den gleichen Worten aufgepeitscht hat,
da waren einige Spieler doch recht platt,
'Jungens, wir müssen zusammenhalten',
rief er unendliche Male mitten im Spiel,
das haben sicher die Fußballer gehört von Holstein Kiel,
das Wichtigste aber bei diesen spielen war immer das Zusammenhalten,
und niemals die Führung zu verwalten,
es ging immer nur um den Spaß an der Freude und der frischen Luft,
anstatt zu beten in einer kühlen Gruft.

Wenn Not am Mann war in der ersten Mannschaft, wurde ich auch öfter mal in diese berufen,
nein es war ja kein Sport wie in Kanada auf Kufen,
da spielten dann die  Asse wie Gustav Wissel, die Wittrock-Brüder, Helmut Schlie und Heinz Hallemann,
mein lieber Kokoschinski gingen die ran,
nur Aerzen und Emmerthal spielten im Bezirk Hannover,
die restlichen Hameln-Bad Pyrmonter Teams konnten sich ausruhen auf dem Sofa,
gefeiert wurde hinterher immer im Saal vom goldenen Engel,
da waren wir alle immer dabei, auch der allerjüngste Aerzener Bengel.

Ob ihr es glaubt oder nicht, parallel dazu spielte ich auch in der Fußballjugend im Tor,
dort spielten wir auf, aber nur volles Rohr,
im Weserberglandstadion in Hameln gewannen wir den Dewezet-Niemeyer-Pokal,
und waren danach sogar immer nur erste Wahl,
der Gastwirt Hans Lück vom deutschen Haus war immer dabei als Trainer mit seinem Herzen,
dabei kam er ursprünglich aus Essen, nicht mal aus Aerzen,
nach jedem Sieg klang es bis in die Nächte rein bei Korn und Weizen,
'Stürmer, Ihr dürft nie mit den Toren geizen',
Spaß hat´s gemacht und wir stiegen auf in die sogenannte Jugendsonderklasse,
da spielten nur die besten Asse,
mit Bad Pyrmont und Hameln null sieben,
und haben uns gleich nach der Schule bis zur Dämmerung auf dem Sportplatz an der Königsförderstraße rumgetrieben.

Sonntags sollten wir Konfirmanden aber um 10 Uhr morgens in der Kirche sein,
da stellten wir aber dem Pastor ein Bein,
erst zogen wir die Fußballkluft  an,
darüber den Sonntagsanzug ganz stramm,
und alle dachten wir sind sehr fromme Kinder,
zogen aus den Anzug im Klubhaus und nahmen ab den Binder,
während dann die Kirchenglocken riefen zum Gebet mit der Bibel,
liefen wir auf den Platz mit dem Fußballstiefel.


als ich dann 18 Jahre alt wurde, holten sie mich auch ins Fußballtor wie Toni Turek, Hans Tilkowski und Manuel Neuer,
das war mir aber damals schon nicht geheuer,
nun musste ich mit den großen Namen, die Aerzen hatte,
dafür hatte gesorgt der Tabakgroßhändler Willy Schatte,
da stand ich im Schatten von Erich Flügge, Hilbert Schön, aus Wangelist Herr Buchheister,
das waren allesamt große Meister,
spielte abwechselnd mal in der Ersten, mal in der Zweiten,
war nie Mitglied im St. Georgs Club beim Reiten,
wir gewannen so manchen Pokal bei Turnieren,
und löschten den Durst hinterher mit Hamelner Gilde Bräubieren.

Der absolute Höhepunkt war mein allerletztes Fußballspiel, wir, Aerzen, standen in der 1. Kreisklasse an erster Stelle, ganz oben,
alle Fans waren uns schon bei jedem Spiel am Loben,
es ging in Aerzen gegen Lüntorf,  die standen im Tabellenkeller,
wir kamen nicht mal an den Rand vom Teller,
verloren 1:3  in knöcheldickem Schlamm und Matsch, Graupel und Regen,
als endlich Schluss war, war´s für uns wie ein Segen,
mit dieser Niederlage verabschiedete ich mich vom MTSV Aerzen null vier,
trank mit den Fußballfreunden ein letztes Bier,
und 14 Tage später befand ich mich auf einem Riesenpassagierschiff in Bremerhaven mit viel Abschiedsmusik und allerhand Trallala,
und war auf dem Weg in meine neue Heimat nach Montreal in Kanada...

Ich genieße heute meine Pension an einem riesigen See in Kanadas bezaubernder Natur,
und brauche nie wieder teilzunehmen an  einer Kur,
halte Kontakt zu meinen alten Freunden vom 120-jährigen MTSV Aerzen,
und fühle auch nüchtern keine Schmerzen,
und lange bis in den frühen Morgen schallt´s in Otto Barans Kneipe im Tannenweg immer noch,
'Der MTSV Aerzen, er lebe für immer hoch!'“
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Autor des Artikels

Team AWesA
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