19.01.2024 13:05
Interview
Wenn der eigene Sohn für Deutschland bei der EM aufläuft...
Thorsten Fischer über das Mitwirken seines Sohnes Justus bei der Europameisterschaft im eigenen Land / „Als der Anruf wirklich kam, war man wie gelähmt“
Die beiden Fischers: Links in der stolze Papa Thorsten, rechts der DHB-Handballer Justus. Foto: privat.
Millionen von Zuschauern sitzen in Deutschland spätestens seit dem 10. Januar wie gefesselt vor ihren Handys, Laptops und TV-Bildschirmen. Unzählige Menschen hat angesichts der aktuellen Europameisterschaft das Handball-Fieber gepackt. Während die Deutschen nach dem 26:24-Thriller-Sieg gegen Island weiterhin voll im Rennen um den Halbfinaleinzug mitmischen, fiebert einer noch ein Stückchen mehr mit: Thorsten Fischer. Einst als Eigentümer des Hamelner Restaurants „Forsthaus Finkenborn“ in Hameln-Pyrmont bekannt, leitet der Unternehmer, der seinerzeit den Jackpot bei „Wer wird Millionär?“ abräumte, nun eine lokale Gastronomie in Aerzen. Dass Fischer das Abschneiden vom Team um Trainer Alfeld Gislason so intensiv verfolgt, hat aber einen ganz anderen Grund. Sein Sohn Justus, nominell Kreisläufer für Handball-Bundesligist TSV Hannover-Burgdorf, befindet sich als gerade einmal 20-Jähriger als jüngster Deutscher im Aufgebot des DHB. Und: Fischer junior kam in den vergangenen vier Einsätzen der Deutschen bereits regelmäßig zum Einsatz, erzielte sogar fünf Treffer. Im Interview gibt Fischer senior nun einen Einblick ins eigene Gefühlsleben, wenn der eigene Sohn auf der ganz großen heimischen Handball-Bühne mitwirken darf.
Thorsten, Dein Sohn Justus erlebt gerade unvergessliche Momente bei der Handball-EM im eigenen Land: Er vertritt Deutschland bei der Nationalmannschaft, hat in den bisherigen vier Spielen bereits fünf Tore als Kreisläufer erzielt. Wie hast Du diese bisherige EM wahrgenommen?
„Ich glaube, für Eltern gibt es nichts Schöneres, als ihr Kind bei so etwas mitwirken zu sehen. Gerade das Eröffnungsspiel vor Rekordkulisse war unglaublich. Man muss dabei gewesen sein, um das nachvollziehen zu können. Die Stimmung ist bombastisch, sowas erlebt man nur einmal im Leben. Und auch die Mannschaft begeistert. Man merkt, dass alle Spieler für dieses Turnier brennen, selbst wenn es wie gegen Frankreich auch mal nicht klappt. Das honorieren die Zuschauer auch.“
Wie nah hast Du die EM verfolgen können – bist Du bei allen Spielen bisher „live“ vor Ort gewesen?
„Bis auf das Spiel gegen Island gestern habe ich alle Spiele live gesehen. Morgen geht es direkt nach Köln, um die wichtige Partie gegen Österreich zu sehen. Die nächsten Spiele bin ich auf alle Fälle wieder vor Ort dabei.“
Schauen wir einen Schritt zurück: Was ist Dir in dem Moment durch den Kopf gegangen, als Justus Dir mitgeteilt hat, dass er bei der EM im eigenen Land dabei ist?
„Unvorstellbar. Natürlich hatte man im Vorfeld schon darauf gehofft. Immerhin spielt Justus eine richtig starke Saison und ist laut Handball Performance Index der beste deutsche Handballer hinter Jannik Kohlbacher. Als dann aber der Anruf wirklich kam, war man wie gelähmt. Eine sehr mutige Entscheidung vom Trainer, denn auf so junge Spieler zu setzen ist natürlich auch immer irgendwo ein Risiko.“
Dein Sohn ist derzeit sicherlich rund um die Uhr beschäftigt. Welche Eindrücke vom bisherigen Turnier hat er Dir möglicherweise dennoch mitteilen können?
„Wir haben eigentlich nach jedem Auftritt kurz fünf bis zehn Minuten gesprochen. Ansonsten wird Justus natürlich sehr abgeschirmt, was auch völlig richtig ist. Deutlich wurde aber, dass die Stimmung in der Mannschaft super ist. Laut Justus sind das alles super Typen. Einen besseren Kapitän als Johannes Golla könne er sich beispielsweise nicht vorstellen. Auch der Zusammenhalt in der Mannschaft ist top. Dadurch entsteht eine Teamchemie, die auch von außen spürbar ist. Jeder kennt seine Rolle und akzeptiert sie. Auch Justus wusste von Vornerein, dass er nicht allzu viel spielen würde und eher als Backup vorgesehen ist. Das ist für ihn auch völlig in Ordnung – erst recht als jüngster Spieler. Für ihn ist es ein Privileg, für Deutschland zu spielen. Das war auch schon bei der U21-WM im letzten Jahr so. Die Gefühle, wenn die Nationalhymne für einen läuft, seien unbeschreiblich.“
Was traust Du der Deutschen Nationalmannschaft bei der diesjährigen EM zu?
„Wenn die Spieler es schaffen, gegen die letzten drei Teams der zweiten Runde so zu spielen wie gegen Frankreich: Einiges. Emotional und körperlich waren wir absolut dran, am Ende haben einfach zwei Prozent gefehlt. Vielleicht hat der Trainer zu diesem Zeitpunkt auch der Breite des Kaders noch nicht ganz so vertraut. Gegen die Mannschaften, die jetzt noch kommen, können wir gewinnen oder verlieren. Es muss alles passen, das hat man auch gegen Island gesehen. Wenn alles aber passt, besteht die Chance auf das Halbfinale – dann muss man schauen, wer der Gegner wird. Wenn wir am Ende aber um die Bronzemedaille mitspielen sollten, wäre das schon ein super Erfolg.“
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