: „Ich komme aus dem Rheinland und habe Taekwondo dort sehr lange an der Sportschule Lyong Ho unter der Leitung von Großmeister Padith Phonpachtith unterrichtet – darüber hinaus auch an Schulen und Hochschulen. An der Universität Bochum ist später sogar eine eigene Takewondo-Gruppierung, quasi eine Zweigstelle, entstanden, die auch weiterhin besteht. Mittlerweile gibt es ebenfalls einen Standort in der Schweiz. Seit ein paar Jahren lebe ich nun in Klein Berkel. In all den Jahren habe ich so viel gelernt, das ich auch weitergeben wollte. Zum einen wollte ich Kindern und Erwachsenen viel Positives in körperlicher und mentaler Hinsicht vermitteln und zum anderen auch eine Perspektive für meine eigenen Kinder schaffen. Da mein Sohn zu dieser Zeit beim TSV Fußball gespielt hat, war das natürlich die erste Anlaufstelle, um ein Gespräch zu suchen. Ich war sehr angenehm überrascht, auf welche Offenheit ich mit meinem Anliegen gestoßen bin, Martin Just und der gesamte Vorstand waren direkt begeistert und stehen seitdem hinter mir. Was ich ebenfalls besonders schätze am TSV, ist der Umstand, dass alle Sportarten gleichbehandelt werden. Zudem wurden die Dinge, die ich vermitteln möchte, sofort geschätzt und als notwendig erachtet.“
„Zentral sind die Explosivität, die Dynamik und die Sprünge, deshalb wird Taekwondo auch als fliegendes Karate bezeichnet. Wie beim Karate und dem Kickboxen werden Schlag- und Tritttechniken gelernt, wobei beim Taekwondo die Fußtechniken besonders ausgeprägt und entwickelt sind. Dennoch ist die Faust in dem System, wie ich es lehre, genauso so wichtig. Im Bereich der Selbstverteidigung innerhalb des Taekwondo gibt es keine klaren Regeln wie beim Wettkampf. Daher gehören auch Hebel- und Wurftechniken wie beim Judo, Aikido oder Hapkido dazu. Ähnlich wie beim Thaiboxen spielen hier auch die Knie und Ellbogen eine wichtige Rolle, wenngleich der Schwerpunkt nicht darauf liegt. Aber auch Körperbeherrschung, Demonstration und Show gehören dazu. So gibt es auch schonmal 720 oder 900 Grad Kicks in der Luft oder Wettkämpfe darin, welcher Kämpfer im Sprung mit seinem Fuß am höchsten kommt und einen Gegenstand wegtreten kann.“

Joswin Kattoor ist aufgrund seiner Leidenschaft schon viel herumgekommen. Foto: privat.
Aus Eurer Ankündigung geht hervor, dass Ihr sowohl Kindern als auch Jugendlichen und Erwachsenen die Möglichkeit bieten wollt, diesen Sport auszuüben. Welche Inhalte möchtest Du den Interessenten vermitteln?
„Das sind viele Facetten. Die Kampfkunst als solches zählt natürlich dazu. Kinder und Erwachsene sollen lernen, wie sie ihren Körper einsetzen und zur Selbstverteidigung nutzen können. Auf der Ebene der Körperertüchtigung geht es auch darum, den eigenen Körper zu stärken sowie das Körperbewusstsein und die eigenen Grenzen zu verschieben. Wichtig ist aber auch die mentale Ebene. Das Taekwondo besteht aus drei Einheiten: Tae für alle Beintechniken, Kwon für alle Armtechniken und Do für den Geist. Daher geht es auch darum, den eigenen Geist zu stärken und auch im Alltag einzusetzen zu lernen. Bei Kindern wird das über die spielerische Ebene gehen, bei Erwachsenen viel mehr über die Vermittlung von Technik und Wissen. Im Vordergrund stehen dann Fragen wie: Wie lerne ich mich zu verteidigen? Wie lerne ich, richtig zu kämpfen, anzugreifen und zu parieren? Wie setze ich den Körper effektiv zur Selbstverteidigung ein? Wie lerne ich einen Bruchtest? Aber auch: Wie schaffe ich es, einen Kampf zu verhindern? Neben dem Kämpfen geht es mir auch darum, die Kultur hinter dem Sport und die Hintergründe einzelner Bewegungsmuster zu vermitteln. Dazu kommen regelmäßige Einheiten der Meditation für Entschleunigung und Erdung. In der Ruhe liegt die Kraft. Daher sind auch die richtige Atmung und Visualisierung des eigenen Körpers ein zentraler Bestandteil. Durch meine Rolle als Kampfleiter beim DTB, dem Deutschen Taekwondo Bund, und meinem Status als lizensierter Prüfer wird es auch Möglichkeiten geben, sich an nationalen oder internationalen Kämpfen zu beteiligen und sich durch Gürtelprüfungen weiterzubilden.“
Worauf legst Du bei Deiner Tätigkeit als Lehrmeister besonderen Wert?
„Es gibt viele Säulen im Taekwondo. Einige Leute fokussieren sich fast ausschließlich auf den Formenlauf, also auf die reinen Abwehrtechniken gegen einen imaginären Gegner. Andere wiederum widmen sich fast ausschließlich den Wettkämpfen. Ich persönlich möchte den Sport lieber ganzheitlich vermitteln. Wir haben zwei Beine, zwei Arme und einen Kopf, daher sollten wir auch all diese Körperteile nutzen. Es gibt im Taekwondo viele verschiedene Vereine, aber das System wie im DTB unter dem Technikdirektor Großmeister Song, Chan-Ho, wie es nun auch beim TSV entsteht, gibt es in der ganzen Region nicht. Da steht zum einen die Erhaltung und Verbesserung der eigenen Gesundheit an wichtiger Stelle. Auch der ausgeglichene Einsatz von Hand- und Fußtechniken ist wichtig. Auch wenn viele Olympioniken beispielsweise überwiegend auf Fußtechniken setzen: auf der Straße ist ein reiner Fußeinsatz nicht immer möglich. Darüber hinaus liegen mir aber auch Charakterschulung, Disziplin und Respekt am Herzen – nachhaltige Werte, die bestehen bleiben. Natürlich kommen aber auch die saubere Ausführung und das Lernen von Techniken nicht zu kurz, denn nur darüber lernt man die Effektivität.“
Du selbst bist auf der Taekwondo-Bühne kein unbeschriebenes Blatt: in Deiner Vita schlagen zwei Weltmeister- und mehrere Deutsche Meistertitel zu Buche. Was war für Dich als Kämpfer Dein bisher größtes sportliches Highlight?
„Ich würde von zwei verschiedenen Highlights sprechen. Zum einen ist das ganz klar der Weltmeistertitel 2011 in Korea, dem Mutterland des Taekwondo. So wie der Fußball der Nationalsport in Deutschland ist, ist es Taekwondo in Korea. Und in diesem Mutterland, wo die ganze Elite zusammengekommen ist, mit einer außerordentlichen Leistung die Weltmeisterschaft mit dem Team zu holen, war eine tolle Erfahrung und ein schönes Signal für Deutschland. Das andere Erlebnis war das WM-Viertelfinale in Birmingham, bei dem ich gegen den 17-fachen argentinischen Meister antreten musste. Das war schon beeindruckend, wie er gekämpft hat. Insgesamt war es ein toller Schlagabtausch, bei dem ich in der zweiten Verlängerung dann verloren habe. Trotzdem ist das bis heute ein sehr positives Erlebnis für mich, denn ich habe dadurch enorm viel gelernt. Gewinnen kann jeder, aber Verlieren kann nicht jeder. Trotzdem gehört es dazu, den Kampf auch nach einer Niederlage erhobenen Hauptes zu verlassen und keinen Groll zu hegen. Daher möchte ich beim TSV auch den Umgang mit Nichterfolg vermitteln.“

Auch die Gemeinschaft und das Vermitteln von Werten gehören zum Taekwondo dazu. Foto: privat.
Ehrlicherweise gehört Taekwondo im Gegensatz zu den klassischen Ballsportarten eher zu den Randsportarten. Wie bist Du überhaupt zu Deiner Leidenschaft gekommen und warum bist Du bis heute dabei geblieben?
„Ich war ungefähr zehn Jahre alt, da hat mich ein Freund ich meiner kleinen Heimatstadt darauf aufmerksam gemacht, dass dort Taekwondo angeboten wird. Damals war der Sport noch viel weniger bekannt als heute. Als ich dann erfahren habe, dass man dabei das Kämpfen lernt, war ich sofort Feuer und Flamme. Über die Jahre habe ich dann aber gemerkt, dass es viel, viel mehr als nur das Kämpfen ist. Das hat mich immer weiter motiviert, daher habe ich auch immer weiter gelernt. Als Kind war ich eigentlich so ziemlich das klassische Beispiel eines ADHS-Kindes, total hyperaktiv und voller Energie (lacht). Heute bin ich fest davon überzeugt, dass das Taekwondo viel dazu beigetragen hat, dass ich als ruhiger und geerdeter Mensch wahrgenommen werde.“
Abschließend richtet sich der Lehrmeister noch einmal direkt an mögliche Interessenten:
„Ich freue mich sehr auf den Start und auf jeden Einzelnen, der kommen wird. Es spielt dabei keine Rolle, in welcher körperlichen Verfassung oder in welchem Alter Ihr Euch befindet. Ihr seid herzlich eingeladen, zu den ersten Einheiten zum Zugucken vorbeizukommen oder in die ersten Stunden hineinzuschnuppern, um zu schauen, ob das etwas für Euch ist. Ich persönlich kann nur sagen, dass mir Taekwondo viel für mein Leben gebracht hat – egal ob es sich dabei um Auftreten, Diplomatie, Geduld oder die eigene Präsentation handelt.“
Kommentare