24.08.2022 15:03

Interview


Ohne Ball geht´s nicht: „Teamgedanke immer im Vordergrund“

DHB-Schiedsrichterwartin Doreen Männich spricht im Interview über ihren Antrieb und ihren sportlichen Werdegang
Doreen Männich Schiedsrichterwartin DHB
Doreen Männich ist in der Handballsparte schon groß herumgekommen. Foto: Privat.

Nahezu alles, was mit dem Handball zutun hat, hat sie bereits erlebt. Ob als Spielerin in der Halle oder auf dem Sand, ob als Jugendtrainerin bei der TSG aus Emmerthal oder als Schiedsrichterin auf Bundesebene: Doreen Männich hat fast überall ihre Finger im Spiel gehabt. Seit einigen Jahren sieht man die Hamelnerin allerdings seltener als zuvor Partien als Unparteiische leiten. Und das hat einen Grund, denn mittlerweile ist die ehemalige Kreisläuferin beim Deutschen Handball-Bund als Schiedsrichterwartin für den Bereich Beachhandball eingestiegen. Wir haben uns mit der Vollblut-Sportlerin über ihre neuen Tätigkeiten, ihre Motive und aktuelle Entwicklungen im Schiedsrichterbereich unterhalten.

Doreen, vielen im Kreis bist Du aus Deiner Zeit als BeachHandball-Bundesliga-Schiedsrichterin bekannt. Seit 2019 pfeifst Du allerdings nur noch gelegentlich Spiele für den HVN. Der Grund dafür ist Deine neue Rolle als Schiedsrichterwartin beim DHB. Wie sehen Deine Tätigkeiten dort konkret aus?
Doreen Männich: „Ich bin deutschlandweit für die Schiris zuständig, die in den höheren Ebenen für den DHB pfeifen. In unserem Kadersystem gilt das sowohl für den Anschlusskader als auch den Elitekader. Außerdem bin ich auch für die Aus- und Weiterbildung in den Landesverbänden zuständig. Wenn es in Richtung der Deutschen Meisterschaften geht, setze ich die Schiedsrichter an. Im Frühjahr, wenn die Saison pausiert, bilde ich die Anwärter bei Lehrgängen aus. Ansonsten bin ich auch dabei, wenn die Schwerpunkte für die Beach-Handball-Saison festgelegt werden, damit alle gut in die Vorbereitung starten können.“

Vorab hast Du uns mitgeteilt, dass Dir die Entscheidung gegen die Schiedsrichterlaufbahn und für den DHB alles andere als leichtgefallen ist. Nach einiger Bedenkzeit hast Du Dich dennoch für diesen Wechsel entschieden. Was hat Deine Entscheidung letztendlich beeinflusst und wie bist Du grundsätzlich zu Deiner neuen Aufgabe gekommen?
Männich: „Den Startschuss dafür hat Wolfgang Jamelle gegeben. Er ist als DHB-Schiedsrichterwart für den Hallen-Handball auf mich zugekommen und hat mir erklärt, dass der DHB für verschiedene Ressourcen Leute sucht. Es gab dann verschiedene Aspekte, warum mich die neue Aufgabe gereizt hat. Zum einen hat meine jahrelange und tolle Schiedsrichter-Partnerin aus persönlichen Gründen dem Schiedsrichterdasein den Rücken gekehrt. Danach gab es zwar immer wieder neue Partner, aber es hat sich nichts gefunden, dass auf persönlicher und sportlicher Ebene auf Dauer so richtig gepasst hat. Dieser Job ist ja auch nicht jedermanns Sache. Man muss viel Leidenschaft und Spaß für dieses Hobby überhaben. Zum anderen spielt auch meine Tochter Celina Beachhandball auf hoher Ebene. Ich möchte ihr da lieber zuschauen, als selbst zu pfeifen. Da muss man auch aufpassen, dass einem hinterher nicht Befangenheit vorgeworfen wird. Außerdem möchte man auch den jungen Nachrückern den Weg freimachen. Letzten Endes war es auch einfach eine tolle Herausforderung, bei der man sich mit anderen viel besser vernetzen kann. Deshalb habe ich mich nach längeren Gesprächen mit Jamelle und dem Beachhandball-Koordinator Jens Pfänder dazu entschlossen, die Wertschätzung, die mir dankenswerter Weise entgegengebracht wurde, anzunehmen.“
Einst warst Du die einzige Frau im Elite-Kader der deutschen Beach-Schiedsrichter. Wie erklärst Du Dir diesen Umstand?
Männich: „Ich glaube, dass man für die Rolle als Schiedsrichterin besonders als Frau sehr selbstbewusst sein muss. Man sieht ja, dass es im normalen Handball nicht anders ist. Auch dort hat es nur ein Frauengespann in die Bundesliga geschafft. Beim Beachhandball kommt noch hinzu, dass man zum Beispiel auf den Beach Open nicht nur Frauen sondern auch Männer pfeift. Da trifft sich von der Regionsliga bis zum Nationalspieler alles. Die haben natürlich Ansprüche und von daher kann die Lage auch mal etwas angespannter sein.“

Doreen Männich Handball
Den Ball immer in der Hand: Doreen Männich.

Heute hast Du mit Deiner Rolle beim DHB selbst Einfluss auf die Ausbildung und Ansetzung von Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen. Wie nimmst Du mittlerweile die Entwicklung – insbesondere bei den weiblichen – Unparteiischen wahr?
Männich: „Während der Corona-Pause sind wir vom DHB aus in die Landesverbände gegangen und haben die Basis weiter ausgebildet. Dabei sind wir natürlich auch mit den Schiedsrichterverbänden in Kontakt getreten und haben da mal angerissen, dass es auch cool wäre, wenn sich mehr Frauen für die Rolle als Schiedsrichter finden würden. Die Frauenquote ist in diesem Bereich nämlich schon gering. Das ist uns auch geglückt. Mittlerweile schnuppern häufiger Frauen in diese Rolle hinein. Zuletzt haben wir erstmalig ein reines Frauengespann aus der 3. Liga dazugewonnen. Mit ihrer Leistung haben sie sich für die Deutsche Senior-Meisterschaft qualifiziert. Wir haben die beiden von Anfang an begleitet, gecoacht und in Verbindung mit dem Lehrstab unterstützt. Aufgrund ihrer Qualitäten haben wir sie nun auch in den DHB-Elitekader aufsteigen lassen. Für solche Entwicklungen halte ich meine Ohren und Augen immer weit auf. Als langfristiges Ziel haben wir uns gesetzt, ein reines, deutsches Frauengespann auch auf internationaler Bühne nominieren zu können.“

Abgesehen von Deinem Schiedsrichterdasein hast Du selbst den Ball bereits in den Kinderschuhen in der Hand gehabt. In der Folge hast Du als Spielerin sowohl Erfahrung auf dem Parkett als auch im Sand sammeln dürfen. Wo liegen Deiner Meinung nach die größten Unterschiede zwischen diesen Sportarten? - und welche gefällt Dir persönlich besser?
Männich: „Wenn ich mich heute nochmal zwischen Handball und Beachhandball entscheiden müsste, würde ich immer Letzteres wählen. In meinen Augen steckt da viel mehr Leidenschaft drin. Du bist draußen, hast eine ganz andere Atmosphäre und eine gewisse Lockerheit gegenüber der Halle. Ich meine, was gibt es Schöneres als Sonne, Strand und Musik? (lacht). In der Halle ist das alles etwas gezwungener. Für mich ist der Beachhandball eine Art Lebensgefühl. Wir sind alle eine große Familie und jeder ist traurig, wenn die Saison wieder vorbei ist. Abgesehen davon gibt es natürlich auch im Regelwerk klare Unterschiede. Du spielst nur zweimal zehn Minuten, wodurch das Spiel direkt schneller und intensiver wird. Außerdem kannst du ein Spiel nie vorausplanen, weil die beiden Halbzeiten in Sätzen gewertet werden und der Spielstand somit nicht in die nächste Halbzeit mitgenommen wird. Das macht es für mich attraktiver.“

Handball-Spielerin, -Trainerin, -Schiedsrichterin und nun -Schiedsrichterwartin – anhand Deines Engagements der letzten Jahre und Jahrzehnte kann man sich Dich ohne den Handball kaum noch vorstellen. Was reizt Dich auch nach all dieser Zeit noch immer an diesem Sport?
Männich: „Handball war schon immer mein Leben. Wenn du seit dem sechsten Lebensjahr mit dieser Sportart konfrontiert bist, findest du immer neue Wege und Ziele, wenn es an irgendeiner Stelle nicht weitergeht. Als es nach meiner Verletzung zum Beispiel als Spielerin nicht weiterging, bin ich zur der Trainerrolle gekommen. Dann ging es zum Schiedsrichter und danach zur Schiedsrichterwartin. Es gibt immer noch etwas, das Spaß macht, und solange ich das alles noch machen kann, mache ich das auch. Für mich stand auch der Teamgedanke schon immer im Vordergrund, ich war noch nie ein Einzelsportler. Außerdem darf man natürlich auch nicht vergessen, dass ich aus einer Handball-Familie stamme. Dadurch, dass eben auch meine Tochter spielt, teilt man so alles und ist auch immer begleitend dabei.“
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Autor des Artikels

Robin Besser
Robin Besser
Robin kam am 01. August 2022 als fester Neuzugang ins Team AWesA, war zuvor als freier Mitarbeiter aktiv. Sein Herz schlägt für den Lokalsport und die Vereine im Weserbergland.
Telefon: 05155 / 2819-320
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