07.01.2021 13:40

Interview - Leidenschaft Amateursport


„Amateursport dem Profisport außer Qualität und Finanzen überlegen“

Neue Interviewserie: Leidenschaft Amateursport / Heute: DFB-Fußballheld Felix Schultze

Felix Schultze hütet nicht nur das Tor der SGHE II, sondern engagiert sich weit darüber hinaus ehrenamtlich.
Im AWesA Jahresrückblick 2020 haben wir bereits mit zahlreichen Sportler*innen der Region über ihre Leidenschaft gesprochen: den Sport. „Doch waren das längst nicht alle“, erzählt Timo Schnorfeil, Chef vom Dienst bei AWesA. „Uns ist es wichtig, dass wir möglichst viele Menschen zu Wort kommen lassen. Warum lieben sie ihren Sport? Warum lieben sie ihren Verein? Und warum investieren sie im Normalfall sogar noch Geld, um ihren Sport überhaupt ausüben zu können?“ Deshalb startet ab sofort eine neue Kurzinterview-Serie: Leidenschaft Amateursport. Heute: Felix Schultze - Fußball-Liebhaber, Jugendtrainer, DFB-Fußballheld.

Was macht für Dich die Faszination Fußball aus?
„Fußball ist für mich die beste Möglichkeit, mich als Teil einer Mannschaft zu identifizieren.  Das liegt zum einen daran, dass es alleine auf dem Feld einfach nicht geht und zum anderen daran, dass man das ganze Jahr über im Amateurbereich zusammenkommen kann. Im Sommer draußen auf dem Platz und sobald die Plätze unbespielbar sind, geht es in die Halle. Da ist für jeden was dabei. Zudem kommt der Umstand, dass der Fußball die in Deutschland beliebteste Sportart ist und (fast) immer Gesprächsgegenstand sein kann. Zudem gibt der Fußball aufgrund seines Potenzials jeder/jedem die Chance, sich aktiv am Vereinsgeschehen zu beteiligen. Egal ob als (Co-)Trainer*in, Betreuer*in, Spieler*in, Manager*in, Sportjournalist*in oder einfach als Fan. Außerdem verbindet Fußball Jung und Alt. Der Traum vom Profisport ist immer da und die Suche nach Vorbildern aus dem Profibereich kann für viele Kinder und Jugendliche zudem zur Persönlichkeitsbildung beitragen. Auch hier spielt wieder das gesamtgesellschaftliche massentaugliche Interesse eine nicht unwesentliche Rolle. All diese Facetten machen den Fußball zu einem der – für mich zu dem) elementarsten Hobbys.“

Warum ausgerechnet die SG Hastenbeck-Emmerthal?
„Als Fan von Hannover 96 sind seit meiner frühen Kindheit die Farben Schwarz, Weiß und Grün irgendwie meine Farben. Wie genau das zustande gekommen ist, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Aber vielleicht genau deswegen ist die SG Hastenbeck/Emmerthal das Beste, was mir persönlich passieren konnte. Von Grün-Weiß Süntel über den FC Flegessen (beide Grün in den Vereinsfarben) zum SV Hastenbeck (Schwarz-Weiß) bis zum Zusammenschluss mit der TSG Emmerthal (wieder Grün-Weiß) ist ein deutliches Muster erkennbar (lacht). Gewechselt bin ich aus freundschaftlicher Verbundenheit zu einigen Spielern. Gerade im Amateurbereich finde ich es enorm wichtig, dass man sich gut versteht und Spaß mit den Leuten hat, mit denen man mehrmals die Woche zusammenkommt.  Diese Aspekte werden in der SGHE gelebt. Es ist egal, ob man in der Kreisliga, in der 2. oder in der 3. Kreisklasse spielt, alle verstehen sich und können gut untereinander. Auch das entgegengebrachte Vertrauen in die handelnden Akteure ist von Vereinsseite enorm und jungen Spielern wird die Chance gegeben, sich zu entwickeln und in den Senioren-Bereich hereinzuwachsen. Fehler sind erlaubt und die SG verfolgt ein nachvollziehbares Konzept, bei dem keiner hinten runterfällt. Jedem wird aufgrund der vielen Mannschaften die Möglichkeit geboten, eine sportliche Heimat orientiert an der eigenen sportlichen Zielsetzung zu finden. Nicht zuletzt ist die Logistik der SGHE ein überragendes Argument für mich, hier sportlich aktiv zu sein. In Hastenbeck haben wir ein superschönes Vereinsheim mit wirklich herzlicher Bewirtung, einen engagierten Vorstand, der sich auch gerne zum Spieltag mal mit ehrlichem Interesse an die Seitenlinie stellt und generell einen super gepflegten Platz. In Emmerthal kommt hoffentlich noch ein Kuntrasenplatz hinzu und die Jugendarbeit bzw. der Nachwuchs ist durch den Zusammenschluss der Emmerthaler Kickers die nächsten Jahre gesichert. Dieses herzliche Miteinander und die Gesamtsituation erlauben mir persönlich in den nächsten Jahren keinen Wechsel, weil ich mich rundum wohlfühle.“

Wie sieht bei Dir ein klassischer Spieltag aus?
„In der Rolle als Co-Trainer der SG II beginnt mein klassischer Spieltag meistens schon Donnerstag nach dem Training mit der Abfrage nach der Spielfähigkeit der Spieler. Dann wird in Absprache mit dem restlichen Trainerteam der Kader für den kommenden Spieltag zusammengestellt. Am frühen Sonntagmorgen, weil die dritte Kreisklasse traditionell ja leider sehr früh spielt, wird die gemeinsam erarbeitete Aufstellung nochmal abgefragt, im Notfall werden die klassischen 'Verschläfer' noch mit den ersten Weckanrufen 'bombadiert' und dann wird noch geklärt, wo der Platz ist, auf dem wir spielen. Ab und zu müssen noch spontan Fahrgemeinschaften organisiert werden. um die noch nicht wieder Fahrtüchtigen nach einer langen Samstagnacht zum Spielort zu bekommen (lacht). Vor dem Spiel wird sich umgezogen und erste Instruktionen gegeben. Dann wird sich warmgemacht. Zeitgleich wird die Aufstellung freigegeben und der erste Plausch mit dem Schiedsrichter gehalten -falls denn einer erscheint. Dann geht es kurz vor Anpfiff in die Aufstellung und die 'taktischen Vorgaben'. Nach der Begrüßung geht es noch mal in einen Mannschaftskreis, um alle zu pushen. Dann wird im besten Fall gewonnen. Nach dem Spiel wird meistens noch zusammengesessen und das eine oder andere Getränk verzehrt. Im besten Fall kann man das nachfolgende Spiel einer anderen eigenen Mannschaft gemeinsam verfolgen. An einem 'Supersonntag' kann man so schon mal von 10 bis 18 Uhr oder länger auf dem Sportplatz sein – der perfekte Ausklang fürs Wochenende meiner Meinung nach.“

Weshalb gewinnt der Amateursport für Dich gegen den Profisport?
„Der Amateursport ist in erster Linie aufgrund des Verhältnisses von aktiver und passiver Teilnahme anders als der Profisport. Ja, man kann versuchen, Profi zu werden, aber aktiv am Profisport teilhaben kann man in den meisten Fällen nur als Fan. Der Sport ist in dem Fall nur ein Konsumgut und selten eine eigene sportliche Betätigung. Abgesehen davon erkennt man mehr und mehr finanzielle Hintergründe im Profisport. Im (unteren) Amateurbereich wird selten wegen finanzieller Aufwendungen gewechselt, als wegen der sportlichen Herausforderung oder wegen freundschaftlicher Bindungen. Ich genieße es mit Leuten zu spielen und zu trainieren, weil sie da sein wollen und nicht weil sie einen Vertrag zu erfüllen haben. Das sortiert über kurz oder lang diejenigen aus, die mit einer 'Null-Bock-Einstellung' Mannschafts- und Vereinsgefüge sprengen können. Natürlich sind sportliche Erfolge immer schön und niemand verliert gerne, aber auch das gehört dazu und daraus kann man lernen, bzw. später drüber lachen ohne existenzielle Abstiegsängste oder Ähnliches zu entwickeln. Außerdem sind die Fahrstrecken erheblich kürzer im Amateurbereich, das ist ein angenehmer Nebeneffekt. So kann man an einem Spieltag mehrere Sportstätten besuchen und Spiele live verfolgen. Im Profibereich müsste man schon ordentlich Glück haben, dass der Spielplan so eine Konstellation hergibt. Kurz zusammengefasst: Der Amateursport ist dem Profisport außer in Qualität und Finanzen in jedem Punkt überlegen!“
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