06.07.2023 07:46

Interview


„Mitunter das Geilste, was ich als Trainer bisher erlebt habe“

TB Hilligsfeld-Trainer Markus Wienecke im Meister-Interview
                             
TBH-Trainer Markus Wienecke spricht im Interview über ein unvergessliches Jahr.
Der TBH ist nach zwölfjähriger „Leidenszeit“ wieder zurück in der Kreisliga. Mit unerschütterlicher Ruhe säte der Turnerbund über viele Jahre hinweg die Herren von morgen. Seit einigen Jahren ist morgen heute und es ist Erntezeit. Zahlreiche junge und ebenso begabte Kicker tummeln sich im Stadion an der Hamel und haben in der abgelaufenen Saison die lang herbeigesehnte Rückkehr ins Kreisoberhaus vollbracht. Wir haben uns mit dem Vater des Erfolgs, Markus Wienecke, über das große Erfolgsjahr unterhalten. Im Gespräch verrät Wienecke auch, weshalb er seine Regel, maximal drei bis vier Jahre eine Mannschaft zu trainieren, für den Turnerbund gebrochen hat...

Zweiter Platz, dritter Platz und jetzt die Meisterschaft – der TBH ist ja zwölfjähriger Abstinenz zurück in der Kreisliga. Was hat in dieser Saison den Unterschied ausgemacht, dass Ihr diesmal ganz oben steht?
Markus Wienecke: „Wir haben eine richtig gute Bilanz, seitdem ich in Hilligsfeld Trainer bin, sind in vier Jahren zweimal aufgestiegen und von der der 2. Kreisklasse bis in die Kreisliga vorgerückt. Für uns war es 2021/22 ein richtiges Lehrjahr und gegen die Konkurrenz aus Halvestorf II (letzte Saison Zweiter, Anm. d. Red.) und der SG Köfi/Klein Berkel (letzte Saison Meister, Anm. d. Red.) waren wir als Dritter mit dem Verlauf absolut zufrieden. In dieser Saison war für uns ausschlaggebend, dass wir sehr konstant unsere Spiele bestritten und auch gegen die vermeintlich 'schwächeren' Gegner gepunktet haben. Die Bilanz bis zur Meisterschaft mit nur einer Niederlage und drei Remis hat da für uns gesprochen.“ 

Mit Mitte 20 gehört Man in der ersten Herren des Turnerbunds bereits zum „alten Eisen“. Dem TBH steht eine „goldene Generation“ zur Verfügung, die bereits seit Jahren im Kern zusammenspielt. Wie ist Euch das Kunststück gelungen, die vielen gefragten Spieler beim TBH zu halten und nicht an höher spielende Vereine zu verlieren?
„Das stimmt so nicht ganz, die Mannschaft spielt nicht seit Jahren im Kern zusammen, es gab immer wieder Spieler, die gezielt zu uns gekommen sind, die wir geholt haben. Wir haben dabei darauf geachtet, dass die Spieler sportlich aber insbesondere menschlich in das Team passen. Idealerweise konnten wir das Konzept mit den Verpflichtungen von jungen Spielern auch so weiterführen. Richtig ist, dass Marius Graw, Alexander Häusler und Tim Bödecker zum 'alten Eisen' gehören, wobei Tim gerade mal 26 Jahre jung ist. Aber auch da sind wir uns im Verein einig, dass man in der Truppe Erfahrung haben muss. Nur mit Küken kann man nicht bestehen. Unsere Art miteinander umzugehen macht den Unterschied, dass trotz vieler Angebote eigentlich alle Spieler bleiben. Schon in der Winterpause bei der Abfrage gab es nur ein 'Minifragezeichen' eines Spielers, alle anderen haben zugesagt, unabhängig von der Spielklasse.“
Insbesondere zum Ende der Saison hat Euch eine große Zahl an Hilligsfelder „Schlachtenbummlern“ euphorisch unterstützt. Geht es nach Anzahl Fans, hättet Ihr wohl den Kreispokal holen müssen. Das war nicht immer so. Wie habt Ihr die Zuschauer wieder hinter Euch gebracht?
„Ja, das war mitunter das Geilste, was ich als Trainer bisher erlebt habe. Das, was die 'TBH-Ultras' in den letzten Monaten auf die Beine gestellt haben – da bekomme ich noch jetzt Gänsehaut. Das kann man mit Dank gar nicht genug erklären. Wir wissen aber auch, dass das nicht immer so geht, obwohl es der Mannschaft gut tun würde. Beim Pokalhalbfinale wurde erst Samstagnacht vor dem Spiel ein Bus gechartert, der dann am Dienstag nur von Zuschauern besetzt wurde. Richtig stark, was Olli Henze & Co. da gemacht haben. Leider geht es nicht nach der Stimmung und Anzahl der Zuschauer, aber wenn man ehrlich ist, hat Wallensen das Spiel auch mehr als verdient gewonnen. Die waren reifer und hatten über 90 Minuten auch mehr vom Spiel. Aber wir konnten erhobenen Hauptes den Platz verlassen und wurden trotzdem von unseren Fans gefeiert. So etwas sucht dann seinesgleichen.“

Euer Kapitän Marius Graw klagte beim Pokal-Halbfinale, dass ihm die jungen Hüpfer alle viel zu schnell geworden seien. Wieso ist er für Euch dennoch unverzichtbar?
„Marius Graw ist nicht nur auf dem Platz als Kapitän so wichtig für die Mannschaft. Trotz seiner jüngst begonnenen Selbstständigkeit ist er das Sprachrohr der Mannschaft, er organisiert zusammen mit Tim Bödecker alles, was drumherum anfällt – Trikotbestellungen, Trainingssachen, Fahrten, Mannschaftsabende etc.. Auch ist er ein wichtiges Bindestück für mich, wir sind ständig im regen Austausch. Das hilft als Trainer sehr. Beide leben noch den Zusammenhalt, den es vor vielen Jahren gab und der heute nicht mehr so oft zu finden ist. Seine 'Wehwehchen' braucht Marius auch immer und bezüglich der Fitness und Schnelligkeit der jungen Spieler gehen meine Grüße nach Reher zu meinem Kumpel Tobias Rügge, der nach jedem Spiel gegen uns resigniert hat, wie eine Mannschaft so viel unterwegs sein kann (lacht). An dieser Stelle wünsche ich Tobi alles Gute in der Trainerpause.“

Auch Du persönlich fühlst Dich im Verein offensichtlich pudelwohl, gehst nun in die fünfte gemeinsame Saison. Was macht den Verein für Dich zu einer Wohlfühloase?
„Ich habe immer gesagt, ein Trainer kann in einem Verein drei bis vier Jahre tätig sein, es sei denn, es gibt im Kader immer wieder Bewegung. Das ist in Hilligsfeld der Fall. Dazu kommt der JFV Hameln. Das ist das Beste, was allen drei Vereinen passieren konnte und mit den Vereinsspielern aus dem JFV kommt immer wieder Bewegung in den Kader, nicht zuletzt, weil die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Trainern top ist und war.
Ich erinnere mich noch ganz genau an dem Tag, als Bastian Hensel mich angerufen hat und wir uns eine Woche später mit Sven Borkert, Dirk Püttger und Basti an einen Tisch gesetzt haben. Mittlerweile vergeht fast kein Tag, an dem ich nicht mit Basti mindestens eine Stunde telefoniere. Irgendwie haben wir uns gefunden und sind seitdem sehr gut befreundet. Ich habe mir das Gespräch angehört und dachte schon auf dem Heimweg: Sorry, nicht böse gemeint, aber eine Mannschaft aus der 2. Kreisklasse? Dann habe ich mir gesagt: Warum nicht einem Verein dabei helfen, ihn mit guten, jungen Eigengewächsen und etwas erfahreneren Spielern nach vorne zu bringen? Gesagt, getan. Dass uns das gleich so gelingt, war aber auch nicht zu erwarten, da die Konkurrenz schon sehr gut ist und andere Vereine auf unsere Spieler schauen. Was absolut für die Vereinsführung spricht und da kann ich aus Erfahrung sprechen: Die Verantwortlichen sind total geduldig, machen keinen Stress oder Druck auf Trainer oder Mannschaft, stehen voll hinter einem und gehen den Weg mit. Ähnlich wie beim VfR Hehlen, wo ich viereinhalb Jahre tätig war. Dort haben wir ebenfalls zwei Aufstiege gefeiert bis in die Kreisliga Holzminden. Das war bei vorherigen Stationen leider nicht immer so.
Mit Bernd Hensel als Betreuer habe ich ein Hilligsfelder Uhrgestein an meiner Seite, mit dem ich über alles reden kann und der mir sehr viel Arbeit in der Spielvorbereitung abnimmt. Mit 'Fitschi Meyer' hat der Verein einen Menschen an der Seite, der sich sehr viel um das Drumherum kümmert und der die Plätze besser behandelt als seinen eigenen Garten. Basti Hensel als Abteilungsleiter Fußball ist ein absoluter Sportmann, Kumpel und Vereinsmensch – dank für alles! Das macht wohl im Gesamtpaket die Wohlfühloase vorübergehend aus.“

Abschließend: Was war Dein persönliches Saison-Highlight?
„Ich habe mehrere persönliche Saisonhighlights. Ich habe mich immer sehr gefreut, wenn die Mannschaft in den letzten Sekunden vor Abpfiff das Siegtor geschossen hat. Da hat man den Jubel der Mannschaft gelebt und gemerkt, dass Siege nicht selbstverständlich waren. Auch das Heimspiel gegen die Zweitvertretung aus Afferde, als wir bis zur 75. Minute gegen die gefühlt halbe Bezirksligatruppe gespielt haben und in der 92. Minute noch den Ausgleich gemacht haben. Das größte Highlight war aber auf jeden Fall, als unsere Fans von Spiel zu Spiel da waren und die rot-weißen Fahnen geschwungen haben. Ein Riesendank geht auf diesem Weg an alle Beteiligten des TBH, an den Vorstand für seine Geduld, an meine Spielern und auch an die Konkurrenz, die uns jederzeit fair und herzlich aufgenommen hat.“ 
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Autor des Artikels

Jannik Schröder
Jannik Schröder
Jannik stieg nach seinem Praktikum vor einigen Jahren neben dem Studium als Freier Mitarbeiter bei AWesA ins Boot – und ist nach seinem Master-Abschluss in Germanistik und Geschichte seit Oktober 2015 Chefredakteur.
Telefon: 0176 - 6217 6014
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