28.06.2023 08:39

Interview


„Spielst du erfolgreich, bist du attraktiv“: SVH auf den Spuren des Erfolgs

Bianca & Hendrik Lity über die erfolgreiche Oberliga-Saison und was zum Regionalliga-Aufstieg noch fehlt
SV Hastenbeck Jubelfoto Bianca Lity
Hastenbecks Frauen um Spielertrainer Bianca Lity (mi.) blicken auf eine erfolgreiche Saison zurück.

Hastenbecks Frauen haben erneut eine überaus erfolgreiche Saison in der Frauen-Oberliga hinter sich. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten zeigte die Formkurve der Schwarz-Weißen fast ausschließlich nach oben. Besonders die heimische Spielstätte, den Reuteranger, verwandelte das Team um Spielertrainerin Bianca Lity wieder in die altbekannte Festung. Lediglich fünf Zähler ließ der Sportverein auf dem eigenen Geläuf liegen. Insbesondere gegen Ende der Spielzeit fuhr der letztlich Tabellendritte Siege wie am Fließband ein – darunter auch ein „Dreier“ gegen die unangefochtene Ligaspitze aus Braunschweig. Im Interview lassen Hastenbecks Spielertrainerin Bianca Lity und Team-Manager Hendrik Lity die vergangenen Monate Revue passieren – und erklären, was zum Regionalliga-Aufstieg noch fehlt.

Hendrik Lity SV Hastenbeck Oberliga Frauen Kopfbild
Ebenso erfreut über die gute Saison: SVH-Team-Manager Hendrik Lity.

Dritter Platz in der Oberliga, dazu habt Ihr der „Übermannschaft“, Eintracht Braunschweig, eine Niederlage beigebracht. Auf der anderen Seite stehen aber auch Niederlagen, die vermeidbar waren. Wie fällt Euer Saisonfazit aus?
Hendrik & Bianca Lity: „Wir haben die bis dato beste Oberligasaison seit dem Wiederaufstieg gespielt und erstmals die 50-Punkte-Marke geknackt. Zudem stellen wir die zweitbeste Offensive der Liga mit drei Spielerinnen in den Top-10, wobei eine nur die Hinrunde gespielt hat. Wie schon richtigerweise angeführt, ist es uns erstmals gelungen, Eintracht Braunschweig in die Knie zu zwingen. Bisher hatte es insbesondere auf heimischem Rasen ‚nur‘ zu zwei Unentschieden gereicht. Auf all diese Aspekte können wir für den Moment unglaublich stolz sein. Die angesprochenen Niederlagen in der Saison zeigen uns aber auch, dass wir noch einiges an Entwicklungspotential haben, um die nächsten Schritte zu gehen. Daher passt folgendes Zitat ganz gut zu meinem Saisonfazit: ‚Wer glaubt, etwas zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden!‘"

18/19 Dritter, 19/20 Vierter, 20/21 Vierter, 21/22 Vierter und jetzt wieder Dritter – was fehlt Euch noch, um an der Tabellenspitze anzuklopfen?
„Diese Frage ist relativ einfach zu beantworten: Konstanz in unseren Leistungen über die komplette Saison. Es geht darum, in jedem Saisonspiel den Fokus so zu setzen, als wenn es gegen Eintracht Braunschweig geht. Das ist eine verdammt hohe Herausforderung, insbesondere dann, wenn man als Team in der wesentlich schwierigeren Rolle des Gejagten als des Jägers steht. Schließlich zählten wir in dieser Spielzeit nur selten zu den Jägern. Diese für uns noch recht neue Rolle müssen wir annehmen und weiter in sie hineinwachsen.“
Bianca, bereits im letzten Sommer sprach sich herum, dass Du nach damals sechs Jahren überlegtest, Dein Amt als (Spieler-)Trainerin niederzulegen. Was ist an diesen Gerüchten dran – und was lässt Dich immer wieder weitermachen?
„An jedem Gerücht ist immer auch ein Funke Wahrheit. Ich hatte den Vorstand tatsächlich darum gebeten, meinen Vertrag aufzulösen. Nach sechs intensiven Jahren, in denen ich mein ganzes Feuer in die Entwicklung des Teams gesteckt hatte, war ich kurz davor, mich zu verbrennen. Allerdings wollte ich das, was ich über die Jahre aufgebaut hatte, in guten Händen wissen und die fanden sich leider nicht. Also habe ich für meine Mädels weitergemacht. Allerdings haben wir einiges umgestellt, um mich zu entlasten. Vor- und Nachberichte lasten nicht mehr auf meinen Schultern. Darum kümmert sich seit letzter Saison Hendrik. Marcin hat mehr Verantwortung in der Trainingsgestaltung übernommen und mit Michael haben wir einen zusätzlichen Fachmann dazugewonnen, der für mich aber auch für die Mädels ein sehr wichtiger Ansprechpartner geworden ist. Abgerundet wird das Ganze von Daniel, der die Mädels seit Beginn der letzten Saison physiotherapeutisch betreut und mir immer ein ehrliches Feedback gibt, was gerade geht und was nicht. Seit der Wintervorbereitung ist durch die Zusammenarbeit mit dem Reha- und Gesundheitszentrum Elithera in Hameln auch das Athletiktraining auf ein neues Level gehoben worden. Das Team um das Team stellt sich immer besser auf, sodass es für mich wesentlich leichter geworden ist, meine Doppelbelastung zu meistern als noch zu Beginn meiner Amtsübernahme.“

Hendrik, Du warst bereits Manager des damaligen Handball-Verbandsligisten TSG Emmerthal und organisierst mittlerweile den Oberligisten SV Hastenbeck. Inwiefern unterscheidet sich Dein „Job“ in Hastenbeck von dem in Emmerthal?
„Das ist eine sehr gute Frage. Ich muss gestehen, dass ich mir darüber nie Gedanken gemacht habe. Ich möchte es mal so einleiten, dass ich schon lange mit voller Überzeugung im Ehrenamt tätig bin. Bei meinen vielen Tätigkeiten, ob als Trainer, Offizieller, Manager usw., handle ich aber immer nach dem Motto ‚Ganz oder gar nicht‘. Ich möchte für die Aktiven etwas bewegen. Die Emotionen, die man da als „Außenstehender“ miterlebt, geben mir persönlich immer wieder neue Energie und die Lust auf mehr. Viele meiner Tätigkeiten sind schon sehr ähnlich. Vielleicht ist es sogar auch ein kleiner Vorteil, dass man beide Seiten der Top-Mannschaftssportarten in Deutschland kennt. Wenn ich jetzt aber einmal die wesentlichen Unterschiede zwischen Handball und Fußball bzw. zwischen Frauen und Männern beiseiteschiebe, kann ich sagen, dass ich in Hastenbeck eine wesentlich größere Entscheidungsgewalt habe. Hier kann ich – ohne lange Diskussionen führen zu müssen – eine Richtung vorgeben. Das macht es natürlich sehr attraktiv und ich kann mich frei entfalten. Dafür habe ich auch volles Vertrauen vom Vorstand. Seit 2022 gehöre ich jetzt auch selbst zu diesem Gremium. Ein weiterer Unterschied ist auf jeden Fall auch, dass ich mich jetzt beim Fußball um sehr viele administrative Dinge mit dem Verband kümmere. Der zeitliche Aufwand ist im Gegensatz zum Handball also nochmal etwas gestiegen.“

Hastenbeck ist der Leuchtturm des Frauenfußballs in Hameln-Pyrmont. Immer wieder gelingt es Euch, talentierte und junge Spielerinnen nach Hastenbeck zu locken. Was macht den Verein so besonders, dass die Spielerinnen Euren Rufen folgen?
„Spielst du erfolgreich, bist du attraktiv. Das gelingt uns aktuell recht gut. Ein Leuchtturm hat eben besondere Strahlkraft. Ein zentraler Punkt ist hierbei die Wertschätzung des Vereins dem Frauenfußball gegenüber. Hastenbeck hat eine lange Tradition im Frauenfußball und viele Außenstehende sind beispielsweise verwundert, dass sich die Trainings- und Anstoßzeiten in Hastenbeck nach den Frauen und nicht nach den Männern richten. Das zeigt, dass wir einen hohen Stellenwert im Verein genießen, was wiederum in Gesprächen mit Mädels sehr gut ankommt, da sie oftmals ganz andere Erfahrungen gemacht haben. Hinzu kommt, dass wir ein gutes Netzwerk haben und viele talentierte Spielerinnen kennen. Außerdem glaube ich, dass wir sehr gute Trainingsarbeit leisten und die Mädels wissen, dass sie sich bei uns gut weiterentwickeln können. Besonders ist hierbei sicher auch, dass es um die gesamte Persönlichkeit jeder einzelnen Spielerin geht. Für uns sind sie mehr als nur Fußballspielerinnen. Wir stehen ihnen auch außerhalb des Platzes mit Rat und Tat zur Seite, um Ihr Leben mit all den Höhen und Tiefen bestmöglich zu meistern. Das ist gerade in der schnelllebigen Zeit von heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Mädels, die zu uns kommen, fühlen sich wohl und das zahlen sie mit guten Leistungen zurück. Spielerinnen, die den Verein verlassen, tun dies nahezu immer schweren Herzens, weil der Aufwand mit Schule/Studium oder Beruf nicht mehr zu stemmen ist.“

Abschließend: Was war Euer persönliches Saisonhighlight?
„Viele werden sich jetzt sicherlich wundern, aber mein persönliches Saisonhighlight war der Auswärtssieg in Wendessen. Es war das zweite kräftezehrende Spiel innerhalb von 48 Stunden am Osterwochenende. Kurioserweise sind wir nur mit zwölf Spielerinnen angereist. Ich hatte vor dem Spiel den Eindruck, dass die Mädels nur wenig Vertrauen hatten, etwas Zählbares mitzunehmen. Daher sprach sie vor dem Spiel auf ihren fehlenden Glauben an und betonte, dass jedes Team, das 90 Minuten zusammenhält, stark genug sei, in Wendessen zu siegen. Die Mannschaft lieferte von Beginn an einen unglaublichen Fight bei erstmals warmen Temperaturen. Sie hielt trotz schwindender Kräfte stand, verkraftete den Anschlusstreffer und die immer lauter werdende Zuschauerkulisse. Mit Abpfiff sackten alle zu Boden, fühlten aber diese unglaubliche Emotion eines gemeinsam hart erkämpften Sieges. Hier begann unser 8:0-Lauf, den wir in der kommenden Spielzeit ausbauen wollen.“
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Autor des Artikels

Jannik Schröder/Robin Besser
Jannik Schröder/Robin Besser
Jannik und Robin haben diesen Artikel in Zusammenarbeit geschrieben.
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