21.01.2009 00:00

Kurzweilig und ermunternd: Werder-Präsident Fischer begeistert die Zuhörer




„Vom Weserstadion in die Weserstadt Hameln“: Sparkassen-Vorstand Friedrich-Wilhelm Kaup hatte in seiner Begrüßungsrede schnell die Überleitung zum Gastredner des Abends gefunden. Und das war kein Geringerer als Klaus-Dieter Fischer. Seines Zeichens Präsident des SV Werder Bremen. Als Ehrengast des Kreisfußball-Verbands Hameln-Pyrmont referierte der 68-Jährige im Veranstaltungsraum der Sparkasse Weserbergland vor rund 100 Ehrenamtsträgern, Sparten- und Jugendleitern, Funktionsträgern und Gästen des NFV-Kreises. Thema: „Werder Bremen - Profiverein, soziale Verantwortung und Ehrenamt“. Kaup nahm vorweg, was den Zuhörer schnell klar werden sollte: „Sie werden zurecht als Präsident zum Anfassen bezeichnet.“







    Es war schon beeindruckend, was Fischer in seinem höchst kurzweiligen, weit über zwei Stunden andauernden Vortrag so schilderte. Beim Einstieg hatte er zunächst die Lacher auf seiner Seite. „Promillegrenzen gelten auch für Fußballprofis“, so der Werder-Präsident, nachdem sich Spielmacher Diego jüngst mit 0,8 Promille eine Verfolgungsjagd mit der Bremer Polizei geliefert hatte. Dann ging es aber zur Sache. Das Erfolgsmodell Werder Bremen: Verein oder Wirtschaftsunternehmen? Eine Frage, die bei 200 Mitarbeitern auf der Gehaltsliste und einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro gewiss nicht unberechtigt erscheint. Die Antwort gab Fischer ausführlich und mit der klaren Intention, dass Werder eben beides sei. Aber, so Fischer, das „SV“ stehe nicht nur für Sport-Verein, sondern auch für soziale Verantwortung. „Ein Fußballverein darf sich nicht nur um Leistungssport kümmern. Egal, ob Profi oder Ehrenamt, wir haben große gesellschaftliche Aufgaben zu tragen. Rassismus, Diskriminierung, Gewalt – wir müssen gemeinsam dagegen kämpfen“, forderte Fischer, dessen Verein deutschlandweit 5,8 Millionen (!) Anhänger hat. Immer wieder stellte der Werder-Präsident die Wichtigkeit und hohe Anerkennung des Ehrenamts in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Das ließe sich auch in Zahlen belegen. So verfüge Werder Bremen über 300 Ehrenamtler und würde dadurch rund 1,6 Millionen Euro jährlich an Gehaltskosten gegenüber hauptamtlichen Angestellten sparen. Auch in der Wirtschaft habe man mittlerweile erkannt, dass ehrenamtliche Tätigkeiten erfolgreich in die Prozesse der Arbeitswelt übertragen würden: Die Profilierung durch Fortbildung, Übernahme von Verantwortung oder das Erlernen von Teamarbeit. Der zur Individualisierung führende Werteverfall in der Gesellschaft, die soziale Sprachlosigkeit durch technische Kommunikation und die Privatisierung staatlich-kommunaler Aufgaben seien, so der sympathische Vater zweier Kinder, Gefahrenquellen für das Ehrenamt. Seine Forderung: Eine Erhöhung der steuerfreien Übungsleiterpauschale sowie pauschale Sonderausgaben für ehrenamtliche Tätigkeit. Durch die Aktion „60plus“ hat es der SV Werder indes geschafft, zahlreiche Senioren durch Veranstaltungen sportlicher, kultureller und gesellschaftlicher Art für das Ehrenamt zu gewinnen. Und auch das Projekt „Kids Club“ sei mit bereits 2100 Teilnehmern unter zwölf Jahren äußerst erfreulich angelaufen. In diesem Kontext konnte sich der Bremer einen kleinen Seitenhieb auf den norddeutschen Rivalen aus Hamburg nicht verkneifen. „Der HSV hat einen Friedhof für seine Fans gebaut. Wir machen etwas für Lebendige“, scherzte Fischer. Weiter beschrieb er, kurzweilig und immer wieder mit Anekdoten untermalt, die schier unzähligen karikativen, sozialen, sportlichen und gesellschaftlichen Aktionen, Veranstaltungen, Projekte und Kooperationen seines Vereins, dessen von der Mitgliederversammlung gewählter Präsident er seit dem Jahr 2003 ist. „100 Schulen, 100 Vereine“ ist ein eben solches Großprojekt, das Werder 2002 ins Leben gerufen hat. „Damals ein bisschen aus Frust auf den DFB“, muss Fischer heute etwas schmunzeln, nachdem Bremen nach der WM 1974 und der EM 1988 auch 2006 nicht als Spielort für die Weltmeisterschaft in Deutschland ausgewählt worden war. Einen deutlichen Appell richtete Fischer gegen Ende seiner Ausführungen an sein Publikum: „Ich möchte Sie ermuntern, im Ehrenamt zu bleiben. Bleiben Sie unserem Sport treu!“ Die Ermunterung kam bestens an: 100 Freikarten für das Heimspiel gegen den VfB Stuttgart hatte der Werder-Präsident den Zuhörern mitgebracht. „Nicht nur der Ball ist rund, sondern auch das, was Sie heute Abend vorgetragen haben“, fand Kreisfußball-Chef Andreas Wittrock die passenden Worte. Und auch Sparkassen-Vorstand Friedrich-Wilhelm Kaup, der wie sein Vorstands-Kollege Thomas Greef und Marketing-Chef Bernhard Kruppki gespannt dem Vortrag gelauscht hatte, stellte fest: „Sie sind ein Vorbild für Ehrenamtliche!“ Der lautstarke Applaus der Zuhörer sprach jedenfalls eine deutliche Sprache.








Weitere Zitate von Klaus-Dieter Fischer:

„Wir sind strikt dagegen!“ (Zu der Forderung, Vereinsanteile zu mehr als 50 Prozent an Investoren zu verkaufen)

„Nach einer halben Stunde hatten wir 150 Eintritte, nach ein paar Stunden ist das System zusammengebrochen.“ (Zum Mitglieder-Boom des SV Werder Bremen, bei dem die Fans auch „online“ per Mausklick Mitglied werden können. In den letzten fünf Jahren ist der Verein von 3.000 auf 34.000 Mitglieder angewachsen)

„Problematisch wird es dann, wenn man mehr Geld ausgibt als einnimmt. Durch die Spielerberater ist das schwieriger geworden. Eigentlich braucht nur der schwache Spieler einen Berater – der starke setzt sich ohnehin durch!“ (Zu Werders weitsichtiger Finanzpolitik und dem immer größer werdenden Einfluss der Spielerberater)

„Der Amateurfußball ist die Basis des Profifußballs! Wenn wir dem Amateurfußball helfen, helfen wir auch uns selbst.“
(Zur Stellung des Amateurbereichs in Deutschlands. 50 Prozent der Werder-Anhänger sind in Amateur-Vereinen verankert)

„Die Champions League ist die Gelddruck-Maschine des Fußballs.“ (Zur Wichtigkeit der Qualifikation für Europas „Königsklasse“. Fünf Mal in Folge qualifizierte sich Werder bereits für die Champions League)

„Fanprojekte müssen unabhängig vom Verein sein.“ (Zu den Fanprojekten, bei denen Werder vor 28 Jahren im Zusammenspiel mit der Stadt Bremen und dem DFB Vorreiter war)
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