Spiel meines Lebens - Teil 4

Hauschild übernimmt Verbandsligist Preußen – doch das Pech folgt ihm...

Umbruch mit den 07ern / Ungeahnte Verletzungsmisere überschattet Hauschilds Trainertätigkeit Von Oliver Steffan

Franz Genschick leitet die Geschicke des Hamelner Viertligisten ab Sommer 1989. Der mit dem VfV über Jahre so erfolgreiche Coach und Wunsch-Trainer soll den Traditionsverein aus der Rattenfängerstadt zu besseren Zeiten führen. Nach der Hinserie stehen die „Remis-Könige“ der Liga mit kümmerlichen 11:19 Punkten am unteren Mittelfeldrand, mit dünnem Vorsprung auf die Abstiegsplätze. In Hameln werden erste Überlegungen angestellt, wie die Saison noch gerettet werden kann.

Eberhard Gräf kommentiert am 27. November 1989 in der DeWeZet die Leistungen der Preußen nach dem ersten Teil der Serie gewohnt kritisch: „Ein einziger Sieg gelang der Mannschaft von Trainer Franz Genschick in den ersten 15 Spielen. Das ergibt eine krasse Diskrepanz zu den Erwartungen vor Saisonbeginn. Franz Genschick ist zweifellos ein engagierter Mann. Doch auch er muss sich am Erfolg messen lassen, dem einzig unbestechlichen Barometer für seine Arbeit. Wie viel Zeit hat Genschick noch nach neun sieglosen Spielen hintereinander?“

Es wird in der Winterpause gemunkelt, dass der Vorstand plant, Genschick spätestens im Sommer von seinen Aufgaben zu entbinden.

Doch wie so häufig geschehen in den Wintermonaten erstaunliche Dinge. Die Preußen fangen sich, werden zu einer Einheit und starten mit nicht für möglich gehaltenen 7:1 Punkten aus den ersten vier Begegnungen. Genschick scheint das richtige Rezept gefunden zu haben, führt die Hamelner ins gesicherte Mittelfeld. Die Nachricht, dass Franz Genschick, trotz der Erfolgsserie, seinen Vertrag zum Sommer nicht verlängert, und der Retter der Vorsaison, Günther Hauschild, seinen Posten übernehmen wird, schlägt im Fußball-Kreis dann, im März 1990, ein wie eine Bombe.

Franz Genschick, erstaunt über die Entscheidung des Vorstandes, erklärt am 04. März 1990: „Gerade trägt meine Arbeit Früchte, da wird mir die Möglichkeit genommen etwas aufzubauen, natürlich bin ich enttäuscht, nicht weiterarbeiten zu können.“

In der DeWeZet heißt es zum Genschick-Aus zum Sommer: „…dennoch bleibt objektiv gesehen ein fader Beigeschmack, schließlich hätte der Preußen-Vorstand hinsichtlich Hauschild viel eher Farbe bekennen können, nämlich schon im vergangenen Sommer, als Hauschild als Blume-Nachfolger die Preußen vor dem Abstieg bewahrte.“

Hauschild, am ganzen Treiben unbeteiligt, kann nur zuschauen, wie das Chaos in Hameln ausbricht. Am 05. März 1990 tritt der Preußen-Vorsitzende Wilfried Meerhaut von seinen Ämtern zurück.  „Aufgrund der Personalentscheidungen in der Trainerfrage und der damit verbundenen Ereignisse habe ich mich schweren Herzens zu der Entscheidung durchgerungen, zumal ich sonst nur hätte halbherzig weiterarbeiten können“, so Meerhaut in einem Interview mit DeWeZet-Redakteur Roland Giehr.

Einen Tag später lösen Franz Genschick und die 07-Verantwortlichen den Vertrag des ehemaligen Profi-Kickers des VfL Osnabrück und Arminia Hannover “im beiderseitigen Einvernehmen“. „Ich kann mir keinen Vorwurf machen, ich wollte einen einstelligen Tabellenplatz, den habe ich erreicht. Ich kann noch immer erhobenen Hauptes durch Hameln gehen“, so Franz Genschick Tage später.

Mit 32:28 Punkten und 41:36 Toren führt Hauschild die Hamelner in den sicheren Hafen – am Ende der Saison steht Rang 6; hinten gut, vorn zu dünn...

Die Saison 1990/91 läuft nicht so erfolgreich, wie sich das die nun schon etwas ungeduldigen Preußen vorstellen. Trotz der Verpflichtungen von Ex-Profi Bernd Dierßen (Hannover 96), Heiner Klein (FC Wunstorf), Jörg Könecke, Dirk Brockmann, Anthony Brown und Oliver Henze (alle TuS Hessisch Oldendorf) spielen die 07er wieder einmal unter ihren Möglichkeiten und schließen die Saison mit 28:32 Punkten und 38:39 Tore auf Rang 9 ab – vorn drückt, trotz starker Offensivkräfte, weiterhin der Schuh.

Immerhin erreichen die Hamelner das Bezirkspokal-Finale, unterliegen dort jedoch dem vom Ex-96er Rainer Stiller trainierten Bezirksoberligisten TSV Krähenwinkel/Kaltenweide völlig überraschend mit 0:2.

Das Gesicht der Hamelner wandelt sich zur neuen Saison, der Spielzeit 1991/92, deutlich. Aus dem Osten stoßen mit dem ehemaligen DDR-Jugend-Nationalspieler Kai Oswald (Chemie Halle) und den Ex-Oberliga-Spielern Michael Reimer und Frank Illge (Chemie Leipzig) sowie den jungen Thomas Stöck und Oliver Schubert (aus der eigenen Reserve) neue Leute hinzu. Die Abgänge von Jens Bönning, Dirk Brockmann, Andreas Scheler (zum TuS), Dirk Schumacher, Thomas Richter (BW Salzhemmendorf), Jörg Jüttner (VfV Hildesheim), „Andy“ Kriks und Roddy Quartey (beide SSG Halvestorf) wiegen schwer. Den Hamelnern wird ein hammerhartes Jahr prognostiziert...

Zum Start wird, allen Unkenrufen zum Trotz, der alte Kontrahent Arminia Hannover mit 3:0 aus dem Weserbergland-Stadion gefegt. Ralf Scheler, Heiner Klein und Michael Reimer heißen die Torschützen und lassen die Preußen jubeln. Doch anschließend trifft eine unerklärliche Verletzungsmisere die Hamelner schwer, sorgt eine Niederlagenserie für Verunsicherung, das Selbstvertrauen schwindet.

Am 14. Oktober 1991 schmeißt Günther Hauschild beim Kellerkind der Verbandsliga, den Hamelner Preußen, das Handtuch: „Die Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, aber ich hatte den Eindruck, dass ich die Mannschaft nicht mehr erreichen konnte. Zudem sollte mein Entschluss Kräfte beim Team freisetzen, zumal noch genügend Zeit bestand und die Rettung in den verbleibenden sieben Monaten durchaus zu realisieren war“, so Hauschild rückblickend.

Roland Giehr kommentiert den Rücktritt des Hamelner Trainers damals in der DeWeZet: „Hauschilds Abgang kommt zu diesem Zeitpunkt ein wenig überraschend, zumal er den Misserfolg nicht allein zu verantworten hat. Ohnehin von vornherein nach zahlreichen Abgängen mit einem kleinen Kader bestückt, fielen ihm gleich über einen längeren Zeitraum vier, fünf Stammspieler aus. Eine prekäre Situation, die kaum ein Trainer schadlos überstehen kann.“