Interview - Leidenschaft Heimatsport

„Großvater hat hier gespielt, Vater hat hier gespielt und ich spiele hier“

Wir sprechen mit unseren Sportler*innen über ihre Leidenschaft / Heute: Sajoscha Hillebrandt vom TSV Hamelspringe Im AWesA Jahresrückblick 2020 haben wir bereits mit zahlreichen Sportler*innen der Region über ihre Leidenschaft gesprochen: den Sport. „Doch waren das längst nicht alle“, erzählt Timo Schnorfeil, Chef vom Dienst bei AWesA. „Uns ist es wichtig, dass wir möglichst viele Menschen zu Wort kommen lassen. Warum lieben sie ihren Sport? Warum lieben sie ihren Verein? Und warum investieren sie im Normalfall sogar noch Geld, um ihren Sport überhaupt ausüben zu können?“ Deshalb gibt es unsere Kurzinterview-Serie: Leidenschaft Heimatsport.

Alter: 30
Position: Offensiver Allrounder
Spitzname: Joshy
Sportliches Vorbild: Mario Gomez

Was macht für Dich die Faszination Fußball aus?
„Ich spiele Fußball seitdem ich mich erinnern kann. Während dieser ganzen Zeit habe ich nie die Lust verloren, weiter zu machen. Im Gegenteil, gerade wenn man berufsbedingt oder durch Verletzungen ausfällt, will man es umso mehr. Genau wie jetzt, wo alles still steht, würde ich gern am Sonntag mit den Jungs wieder auf dem Platz stehen, um den halbhohen Ball volley unter die Latte zu zimmern. Auch wenn 99 Prozent dieser Schüsse im Ballfangnetz landen, ist es dieser eine Treffer, von dem man dann Jahre lang erzählen kann.“

Warum ausgerechnet der TSV Hamelspringe?
„Ich habe schon immer für den TSV Hamelspringe gespielt, in guten wie in schlechten Zeiten. Ich finde, das ist etwas, was aktuell fehlt, Loyalität. Muss ein Wechsel zum Nachbardorf kurz vor Transferschluss sein, um dann in der Winterpause wieder zum nächsten zu ziehen sein, sodass sich die Vereine untereinander die Spieler abschwatzen, damit dann alle ein Mal im Kreis durchgetauscht haben. Aber zurück zum TSV, mein Großvater hat hier gespielt, mein Vater hat hier gespielt und ich spiele hier. Ich glaube auch nicht, dass ich den Satz: 'Ich will noch mal oben angreifen und die Chance nutzen' wie so viele über die Lippen wandern lasse. Ich freue mich schon auf die Alte Herren und die folgende Alt-Alt-Zeit hier in Hamelspringe.“

Wie sieht bei Dir ein klassischer Spieltag aus?
„Wichtig ist, dass hoffentlich kein Fest auf den vorherigen Tag gefallen ist. Weil man muss die Feste schließlich feiern, wie sie fallen. Ansonsten holt man sich erst die Sprüche vom Trainer ab und guckt dann, dass man beim Frühstück im Vereinsheim ein Stück Kuchen mehr isst und den Nachdurst mit viel Wasser stillen kann. In der Kabine werden dann präventiv die Problemzonen mit Starter-Öl und Pferdesalbe eingerieben. Nach dem Aufwärmen und den 90 Minuten Spielzeit ist man dann auch einfach im Eimer, egal wie der Vorabend lief. Cool ist's dann, wenn nach dem Spiel noch ein paar Jungs da bleiben, man das Spiel Revue passieren lassen kann und ein Abschlussbierchen trinkt. Dann geht's ab nach Hause und man schickt die Blessuren vom Spiel in die Fußball-WhatsApp-Gruppe.“

Weshalb gewinnt der Amateursport für Dich gegen den Profisport?
„Der Profisport ist einfach nur noch Kommerz. Die Preise, egal ob fürs Trikot, für die Liveübertragung, für das Ticket, für die Stadionwurst oder das Bier – alles ist so enorm teuer, nur damit Millionen von Transfersummen und Gehälter gezahlt werden können. Ich habe mich vor drei Jahren schon dazu entschieden, den Profifußball nicht mehr zu verfolgen, um das System nicht mehr zu unterstützen. Klar erwische ich mich auch mal dabei, DFB-Pokal zu gucken, wenn Bayern gegen Holstein Kiel rausfliegt, aber das sind die Ausnahmen. Ganz ehrlich, dann lieber 'ne Bratwurst und 'n Bier beim heimatlichen Sportverein, das Wechselgeld können die sogar behalten und ich zahle trotzdem weniger als im Stadion. Und die können das Geld wesentlich besser gebrauchen, sonst gibt es bald keine Sportangebote mehr in unseren Heimatregionen.“