25.02.2025 15:07

Interview


Bons´ „Bosstransformation“ – Von 180kg zum Langstrecken-Triathlet

„Über richtige Erfolge könnten wir sprechen, wenn ich früher nicht so dick und faul gewesen wäre“
Florian Bons - Hamelner Triathlon
Florian Bons nahm auch am Hamelner Triathlon 2024 teil.

Von Jannis Frense

Florian Bons – ein Vorbild für jedermann. 2013 brachte der zweifache Familienvater noch ein Gewicht von knapp 180kg auf die Waage. Knapp zwölf Jahre später hat sich das Blatt komplett gewendet. Mit bis zu 15 Stunden Training die Woche hat der mittlerweile Mitte-Vierzigjährige rund 80 Kilo abgenommen und nimmt am 06. Juli 2025 an der Ironman-Veranstaltung „Challenge Roth“ in Bayern teil – für viele einer der weltweit größten Triathlons auf der Langdistanz. Im Interview erfahrt Ihr mehr über seinen Weg, inwieweit der Triathlon-Sport für ihn zu einer richtigen Leidenschaft geworden ist und auch, welche Rückschläge es zu überwinden galt.

Die Leute, die Dich schon länger kennen, wissen, dass Du nicht immer so sportlich warst. Was war Dein persönlicher Schlüssel zum Erfolg, dass Du es geschafft hast, diese 180 Grad-Wende zu machen?
„Anfang 2013, als unsere Kinder 2 und 3 Jahre alt waren, gab es eine Situation, in der wir auf dem Boden gesessen haben, um zu spielen. Eines von beiden sprang auf und lief los. Ich wollte hinterher und hatte echte Schwierigkeiten, zügig aufzustehen. Das ist ein Moment, der mir bis heute in Erinnerung geblieben ist und das Fass zum Überlaufen gebracht hat. In dieser Zeit hat es mit knapp 180kg auf der Waage klick gemacht und die Reise begann. Außerdem hat mir zu Beginn ein Fitnesstracker sehr geholfen, weil man so auch immer vor Augen hatte, was man zu sich nimmt und wie viel man sich bewegt.“
Du bist mit vergleichsweise ungünstigen Bedingungen gestartet. Was waren Schwierigkeiten, die sich in Deiner Anfangszeit aufgezeigt haben und wie hast Du diese überwunden?
„Meine sportliche Laufbahn ist eigentlich erst Ende 2016 gestartet. Nach einem Fahrradunfall mit schwersten Gesichtsverletzungen hat ein Physiotherapeut in der Reha mit mir das Laufen angefangen. Das war damals gut, um den verletzten Gesichtsnerven Reize zur Heilung zu setzen. Der Unfall hat uns ein gutes Jahr lang begleitet. Nachbehandlungen, Folgeprobleme, Wiederherstellungs-OPs, etc.. Das war nicht nur für mich, sondern auch für uns innerhalb der Familie eine teils schwierige Zeit. Insgesamt habe ich einen sehr großen Schutzengel gehabt und konnte dieses Unglück fast ohne Langzeitfolgen abschließen. Was geblieben ist, ist das Laufen, was sehr schnell zu einer echten Leidenschaft geworden ist. 2017 habe ich dann zum ersten Mal an einer Laufveranstaltung teilgenommen. Von da an wurde es Jahr für Jahr mehr. 2018 habe ich zum ersten Mal an einem 10km-Lauf teilgenommen, 2019 mein erster Halbmarathon, 2020 mein erster Marathon at home, bedingt durch die Corona-Pandemie. 2021 dann schließlich meine erste offizielle Teilnahme beim Berlin-Marathon. Nach dem Marathon hat das Laufen allein irgendwie nicht mehr gereicht. Es musste etwas Neues her. Irgendwann hat mich unter anderem Siegfried Binder auf die Idee gebracht, mal einen Triathlon auszuprobieren. So habe ich es dann auch gemacht. Neben dem Laufen habe ich mit Schwimmen angefangen und Rad zu fahren. Beispielsweise habe ich Kraulschwimmkurse besucht, um die Technik und vor allem die Atmung beim Kraulschwimmen zu erlernen. Wie auch beim Laufen habe ich mich in den Distanzen hochgearbeitet. Als erstes habe ich einige Volksdistanzen absolviert, dann eine olympische Distanz und einige Mitteldistanzen. Und jetzt steht mein bisher größtes Ziel an: der Ironman mit 3,8km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2km Laufen.“

 Als deine Reise damals begonnen hat, hattest du ein bestimmtes Ziel vor Augen?
„Nein, null. 2013 wusste ich gar nicht, dass es für so normale Menschen Lauf- oder Triathlonveranstaltungen gibt. Ich weiß noch, als 2021 das Kapitel Triathlon so langsam begonnen hat nach dem Berlin-Marathon. Dass ich es gar nicht fassen konnte, dass bei der Challenge Roth nur die volle Distanz, also ein Langdistanztriathlon bzw. Ironman angeboten wird. Ich habe die Website wieder zu gemacht und fand das absolut doof. Und jetzt, vier Jahre später, bin ich wie verzaubert von dieser Veranstaltung. Alle Welt sagt: Challenge Roth - DER Triathlon in Europa! Wenn nicht der Welt.“

Floran Bons Medaille
Der Medaillenjäger: Florian Bons. Foto: privat.

Wie sieht Dein typischer wöchentlicher Trainingsplan aus und wie vereinbarst Du diesen mit Beruf und Familie?
„Seit dem Entschluss, Ironman- bzw. Langdistanz-Triathlet zu werden, trainiere ich mit einem professionellen Trainer. Der steuert die wöchentlichen Trainings in den verschiedenen Disziplinen und macht darüber hinaus die Belastungssteuerung, um genügend Regenerationszeiten zu ermöglichen. Ohne das geht es bei den zu bewältigenden Distanzen nicht mehr. Wir haben in den letzten Monaten sehr auf Geschwindigkeit trainiert. Viele HIIT- und V2max-Einheiten. Zwischen acht und 15 Stunden pro Woche. Jetzt, Ende Februar, geht es langsam daran, die gewonnene Geschwindigkeit auf die Langstrecke mitzunehmen. Das Trainingspensum wird sich auf bis zu 20 Stunden pro Woche steigern. Beruf geht natürlich immer vor. Dank Gleitzeit, Verständnis und einem offenen Umgang mit den persönlichen Zielen klappt das sehr gut. Die Familie muss bei so einem Projekt natürlich auch voll dahinterstehen. Besonders ohne meine Frau ginge es nicht! Unsere Kinder sind mittlerweile in einem Alter, in dem sie eh nicht genervt werden möchten von den Eltern (lacht). Nein Spaß, auch die sind dabei und freuen sich auf dieses Großereignis.  Natürlich muss man auch oftmals raus aus der Komfortzone. Was anfangs ein Graus war, gehört mittlerweile aber auch einfach dazu. Am Montagmorgen um 6.20 Uhr im Hallenbad zu sein, um am wöchentlichen Entlastungstag 3.000 bis 3.500 Meter zu schwimmen. Vieles ist einfach Timing und Absprache. Mal klappt alles gut, mal klappt es weniger gut.“

Was war der für Dich persönlich größte Erfolg in Deiner Sportlaufbahn?
„Tja, Erfolg. Über richtige Erfolge könnten wir sprechen, wenn ich früher nicht so dick und faul gewesen wäre und einige Podiumsplätze gewonnen hätte (lacht). So ist es halt ein 5.734er Platz beim Hannover-Marathon mit einer Zeit von 3:36 Sunden. Für mich persönlich ein toller Erfolg! Für die Sportwelt irgendeine Zahl. Und mittlerweile finde ich Zeiten und Erfolge gar nicht mehr so wichtig. Natürlich freut man sich riesig, etwas geschafft zu haben. Noch mehr, wenn man sich bei etwas verbessert. Aber für mich als Hobby-Athlet steht ganz oben der Spaß am Sport. Alle, wirklich ausnahmslos alle sportlichen Veranstaltungen, ob Laufen oder Triathlon, an denen ich bisher teilgenommen habe, waren ein Erfolg. Ein Erfolg, etwas für sich gemacht zu haben, eine schöne Zeit beim Training und beim Wettbewerb zu haben.“

Gab es während Deiner Vorbereitung oder in Wettkämpfen besondere Herausforderungen oder Rückschläge, und wie bist Du damit umgegangen?
„Ich habe nach dem erreichten Marathon mehrmals überschüssige Haut entfernen lassen. Ca. 80 kg Gewichtsverlust hinterlassen dann doch Spuren. Dadurch musste ich im Training nach den mehrwöchigen Pausen 'von vorne' beginnen. So etwas ist schon sehr mühselig, physisch und psychisch, aber es gehört auf diesem langen Weg halt dazu, gerade weil ich durch die überschüssige Haut teils auch immer mehr gesundheitliche Probleme hatte. “

Florian Bons Daumen hoch
Daumen hoch: Florian Bons. Foto: privat.

 Wie gestaltest Du Deine Ernährung sowohl während der Trainingsphasen als auch am Wettkampftag und wie schwer ist es dir gefallen, diese Veränderungen anzunehmen?
„Ernährung begleitet mich seit jeher. Natürlich habe ich über die Jahre immer mehr darauf geachtet, gerade im Hinblick auf den Sport. Natürlich gibt es auch mal Ausnahmen. Gerade in der Vorweihnachtszeit. Da dürfen es auch mal Glühwein, Kekse und Schokolade sein. Aber dann gibt es auch wieder Zeiten, in denen ich da sehr streng zu mir werde. Wobei Schokolade immer mal zur Belohnung geht (lacht). Beim Thema Fettverlust habe ich nie auf Zucker verzichtet. Für mich persönlich hat 'Friss die Hälfte' am besten geklappt, da man so nach meinen Erfahrungen am nachhaltigsten Fett verliert.“

Wann war der Punkt, an dem du gemerkt hast, dass der Sport keine Pflicht mehr war, sondern ein Spaßfaktor?
„Die ersten Jahre habe ich meist zu Hause Sport gemacht. Wir haben uns 2013 nach dem Startschuss einen Crosstrainer gekauft, weil ich zu der Zeit noch keine Lust hatte irgendwo in einem Fitnessstudio zu trainieren. 2015 bin ich dann doch hier in Emmerthal in die TSG eingetreten, wo ich auch bis heute noch fast wöchentlich hingehe, wenn es ins Training passt. Den Spaß habe ich sehr früh empfunden. Gerade in meiner Unfallzeit habe ich schnell gemerkt, wie schnell der Sport mir gut tut. Mental als auch körperlich. Durch die Nervenverletzungen im Gesicht ist meine Wange schnell angeschwollen, weil der Lymphabfluss noch nicht richtig wieder funktioniert hat. Kaugummi kauen und die Erschütterungen des Laufens haben dem immer sehr gut Abhilfe geschaffen. Dieses Gefühl, dass der Sport mir gut tut, hat sich einfach so sehr gefestigt und ist immer mehr zur Normalität geworden.“

Hast Du Vorbilder im Triathlonsport, die Dich besonders inspiriert haben?
„Eine Menge. Ich kann das gar nicht so an vereinzelten Namen festmachen. Ich kann mich mit jedem freuen, der es schafft, sein Ziel zu erreichen oder es schafft, über sein Möglichstes hinaus zu gehen. Egal, ob Profi-Athlet oder Agegrouper. In Bezug auf den Ironman begeistert mich einfach diese unfassbare Euphorie und die riesige Begeisterung der Zuschauer. Bei der Challenge Roth war ich selbst als Zuschauer dabei und konnte sehen, wie die Athleten bejubelt werden. Das motiviert mich, selbst dort teilzunehmen.“

Welche Tipps würdest Du Einsteigern geben, die mit dem Sport beginnen möchten und eventuell das Ziel haben, ihren Alltag sportlicher zu gestalten?
„Die Ziele nicht zu hoch setzen. Lieber Schritt für Schritt und z.B. Jahr für Jahr neue, etwas ambitionierte Ziele setzen. Dran bleiben. Kontinuität zahlt sich am meisten aus. Gleichgesinnte suchen und mit anderen gemeinsam sportlich sein.“
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