Lars Heuer, ein Golfspieler aus Bad Pyrmont und gleichzeitig Vorstandsmitglied des Golfclubs Bad Pyrmont, versucht seit November 2024 ein Jahr lang in seinem Vorhaben namens „Projekt 0" sein Handicap dem Profiniveau anzunähern. Die magische Grenze der Profigolfer liegt im Volksmund bei der goldenen Null. Daher auch der Name.
Um sein Vorhaben zu realisieren, hat er nicht nur seinen Beruf als Unternehmensberater aufgegeben, sondern geht damit auch ins finanzielle Risiko. Stattdessen legt er den vollen Fokus auf seine Leidenschaft Golf – alles für den Traum. Dazu gehört aber nicht nur der reine sportliche Aufwand: Heuer nimmt weite Strecken auf sich, unter anderem nach Mallorca, Zürich, Dortmund, Köln. In Zusammenarbeit mit seinem Team, bestehend aus Ernährungsberatern, Golf-Experten, Mentaltrainer, Sportanalytikern sowie einem Cutter, verwirklicht Heuer dieses große Projekt.
Im Gespräch mit Lars Heuer erfahrt Ihr, wie diese durchaus riskante Idee entstanden ist, wie sein privates Umfeld auf die folgenschwere Entscheidung reagiert hat, was über die physische Komponente hinaus für Herausforderungen auf Profisportler einprasseln und wie der PayTV-Sender Sky auf das Projekt aufmerksam wurde.
Eine besondere Überraschung war die spontane Teilnahme des Golf-Chefredakteurs von Sky, Florian Bauer, den Heuer spontan mit ins Telefongespräch einschaltete.
Übrigens: Heuer führt auf YouTube unter dem Channel „Projekt 0 – Mein Weg zum Scratchgolfer“ ein ausführliches Videotagebuch über seine Fortschritte; begleitet von Sky.
Was hat Dich dazu bewogen, Dein Leben ein Jahr lang dem Golfsport zu widmen?
„Die Grundsatzentscheidung, etwas anderes im Leben zu machen, hatte ich schon vor Projekt 0 getroffen. Ich wollte unbedingt etwas fürs Herz machen und nicht wieder einer Arbeit nachgehen, die in erster Linie das Ziel verfolgt, damit Geld zu verdienen.“

Lars Heuer verfolgt seinen Schlag. Foto: privat
Wie kam überhaupt die Idee zustande, dieses Projekt zu starten?
„Es gibt im Golf eine neue Turnierserie, ‚Follow the Pros‘. Wir im Golfclub Bad Pyrmont haben für diese Turnierserie das Deutschlandfinale ausrichten dürfen. Für dieses Deutschlandfinale konnte ich mich mit meinem Partner (Wolfgang Lewohn, Anm.d.Red.) qualifizieren. Im Vorfeld des Deutschlandfinales gab es dann einen Ausschnitt von Florian Bauer von Sky auf den sozialen Medien. In diesem Clip steht Flo direkt neben Scottie Scheffler, der wenige Minuten zuvor den FedEx-Cup und damit 25 Millionen US-Dollar gewonnen hat. Flo sagt dann, dass sich Amateurgolfer bei ‚Follow the Pros‘ auch für einen Tag wie ein richtiger Golfprofi fühlen können. Dann hat es klick gemacht und ich dachte mir, warum nur für einen Tag? Was wäre denn, wenn ich ein Jahr lang lebe und trainiere wie ein Profi? Würde mein Traum, im Golf endlich besser zu werden, dann in Erfüllung gehen? Und das war dann die Geburtsstunde von Projekt 0.“
Was treibt Dich an, dieses Jahr von null zu beginnen und am Ende zu schauen, was Du erreicht hast?
„Eine Prise Ehrgeiz gehörte schon immer ein bisschen zu meinem Leben, genauso wie ich unglaublich gerne dazu lerne und Neues immer spannend finde. Bevor ich die Idee mit Projekt 0 hatte, habe ich vorher schon überlegt, noch ein neues Studium zu beginnen oder eine Ausbildung zu machen. Nachdem ich dann Projekt 0 gestartet hatte, brauchte ich eigentlich keine zusätzliche Motivation. Golf ist ja per se immer motivierend, okay, manchmal auch frustrierend, aber am Ende sind wir Golfer immer wieder aufs Neue motiviert, es morgen besser zu machen. Es ist auch einfach ein so schönes Gefühl, wenn ich einen Ball gut treffe und der richtig weit und halbwegs gerade fliegt! Wirklich aktive Motivation brauche ich da eigentlich nicht, das ist eher intrinsisch.“
Wie ist das Projekt Null mit Deinem Beruf, Alltag und Deiner Familie vereinbar – und wie war die Resonanz zu Deinem Vorhaben?
„Meine Familie hat relativ verhalten reagiert am Anfang. Zunächst hat eine gewisse Angst geherrscht, was da auf uns zukommt. Und auch ich war mir nicht ganz sicher. Wenn man diesen Entschluss fasst und es plötzlich so weit ist, ist natürlich auch eine gewisse Sorge da. Es hat sich aber in den ersten Wochen dann zum Glück viel verändert. Mittlerweile unterstützt meine Familie mich und brennt genauso für dieses Projekt wie ich. Mein Umfeld hat auch positiv reagiert, das hat mir in den ersten Tagen viel Kraft gegeben. Da die Golfsaison Ende Oktober aufhört, war es ungünstig, das Projekt von Januar bis Dezember zu machen, weshalb wir schon im November gestartet sind. Folglich habe ich eben doch die letzten sechs Wochen noch in meinem alten Beruf als Unternehmensberater gearbeitet, um einen sauberen Übergang zu schaffen, auch aus Loyalität zu meinem Auftraggeber. Das war dann in Verbindung mit Projekt 0 ziemlich anstrengend.“
Wie schaffst Du es, Dich dem Projekt so sehr zu verschreiben, dass Du alles andere außen vorlässt?
„So sehe ich das Projekt nicht und das halte ich auch nicht für sinnvoll. Außerdem bin ich der Meinung, dass das heute in keinem Profisport mehr so ist. Das war vielleicht in den 80er Jahren noch so, aber heutzutage trainiert man nicht mehr acht Stunden am Tag rein körperlich. Das Projekt inkludiert auch ganz viele Aspekte über das rein körperliche Training hinaus. Ich verbringe ja nicht 40 Stunden in der Woche auf dem Golfplatz, sondern beschäftige mich mit Ernährung, Regeneration, Sportpsychologie, aber auch Dingen wie Social Media oder Videoschnitt. Da ist es auch in Ordnung, dass ich dann sonntags auch mal keine Lust auf Golf habe.“
Wie wird das Projekt finanziell überhaupt gestützt?
„Diese Frage wird auf YouTube in den Kommentaren häufig gestellt. Wir wollen die Frage über das Thema Finanzen bewusst im Hintergrund lassen. Schließlich spricht man bekanntlich nicht gerne über Geld (lacht). Klar ist aber, dass das Projekt Kosten verursacht. Um es mal ganz schlicht zu sagen: Ich habe den Start erstmal selbst finanziert. Es ist schließlich mein Traum. Mittlerweile sind wir auf dem Weg, an dem das Projekt auf Interesse stößt, Sponsoren an Bord kommen und Menschen in meinem Umfeld bereit sind, sich uneigennützig einzubringen."

Lars Heuer Schlaganalyse. Foto: privat
Florian Fritsch, Heinz Peter Thül und Philipp Schwehr - um nur einige zu nennen - begleiten Dich als Experten für dieses Jahr. Warum ist das Team um Dich herum essenziell ?
„Mein Team ist sehr groß, da ich unter professionellen Bedingungen arbeite. Dies fängt an bei Florian Fritsch, ehemaliger Profigolfer und aktuell mein grandioser Golflehrer und Chef- und Schwungtrainer – bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Für spezielle Bereiche habe ich weitere Experten: Heinz Peter Thül, früher Deutschlands Nummer zwei beim Golf hinter Bernhard Langer. Einmal im Monat fahre ich zu ihm, um an meinem kurzen Spiel zu arbeiten. Heinz Peter ist diesbezüglich die Anlaufstelle Nummer eins in Deutschland. Philipp Schwehr, mein Putting-Experte, stellt mir Tools und Instrumente bereit, um gezielt an diesem oft unterschätzten, aber entscheidenden Bereich zu arbeiten. Zusätzlich begleiten mich meine Heimattrainer Tarik Panitz und unser PGA-Auszubildender Karl Berghof, der mich die meiste Zeit betreut, meine Fortschritte dokumentiert und an die anderen Trainer weiterleitet. Für die psychische Komponente steht mir meine Mentaltrainerin Christiane Schmaler zur Seite, die ich auch regelmäßig treffe oder telefonisch spreche. Juliane Kupfer, die unter anderem Golfprofispielerinnen und Golfspieler auf der Tour betreut, sorgt für eine optimale Ernährung, Nutrition und Regeneration. Golf ist durchaus anstrengend, auch wenn sich dies viele nicht vorstellen können. Auch mental ist es anstrengend, unter Druck über mehrere Stunden hinweg Höchstleistungen zu erbringen. Juliane stellt sicher, dass ich die nötige Energie habe, verletzungsfrei bleibe und mich schnell erhole. Dr. Nils Horn in Zürich ist meine medizinische Anlaufstelle, um meinen Körper besonders nach intensivem Training gesund zu halten. Und mittlerweile bekomme ich bei der Erstellung der YouTube-Videos Unterstützung von Nikolas Diedrichs, da dieser Aspekt sehr zeitintensiv ist. Mein Erfolg basiert auf der Stärke meines Teams – ohne ihre Unterstützung wäre ich gar nicht erst an den Start gegangen und hätte schon verloren, bevor ich angefangen habe."
Wie kam die Zusammenarbeit mit Sky überhaupt zustande?
„Zwei zentrale Personen, die Projekt 0 überhaupt erst möglich gemacht haben, waren Florian Bauer und Thomas Schilling. 'Tommy' hat die Tunierserie 'Follow the Pros' etabliert, die bei Sky übertragen wird. Das war somit auch meine erste Anlaufstelle. Mir war klar, dass das Fernsehen eine wichtige Rolle spielt, wenn das Projekt groß werden soll. Über 'Tommy' entstand der Kontakt zu Florian Bauer, der viele Jahre als Chefredakteur bei Sky gearbeitet hat.“
Florian Bauer schaltet sich ein: „Mein erster Gedanke war: Nein, das machen wir nicht. Über die Jahre haben wir bei Sky so viele Anfragen von unterschiedlichsten Personen oder Unternehmen bekommen und in so gut wie allen Fällen hat nichts dahinter gesteckt. Reden ist das eine, Machen ist das andere. Danach habe ich die komplette Nacht wach gelegen, stundenlang, und mich hat die Idee nicht losgelassen. Warum sollten wir das ablehnen, wenn das Projekt wirklich gut aufgezogen ist und der Mensch bedingungslos dahinter steht? Für mich ist die bedingungslose Verbindlichkeit wichtig und nicht die großen Ankündigen im Voraus. Nach dem Kennenlernen habe ich schnell gemerkt, dass Lars menschlich alles mitbringt, was man braucht, um das Projekt zu starten. Denn auf der einen Seite ist Selbstbewusstsein wichtig, auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, offen zu sein, sich etwas sagen zu lassen und andere Ideen anzunehmen. Das erste YouTube-Video im November ist direkt eingeschlagen. Ab diesem Zeitpunkt war mein Glaube auf allen Ebenen grenzenlos – auch weit über das Jahr hinaus. Die Rahmenbedingungen sind ideal, man hat einen authentischen Protagonisten, eine tolle Geschichte und eine inspirierende Quelle für viele Hobbygolfer auf der Welt. Das ist schon besonders, gerade weil das Projekt nicht fremdfinanziert ist und alle Puzzleteile zusammengesetzt die Geschichte vergolden. Wir stehen erst am Anfang. Euphorie wird von Herausforderungen abgelöst, aber auch das gehört dazu.“

Lars Heuer auf schwierigem Terrain. Foto: privat
Wie gehst Du mental mit Rückschlägen oder schlechten Tagen auf dem Platz um?
„Nach sieben Wochen kann ich da noch nicht so viel zu sagen. Ich berichte aber mal aus der Vergangenheit: Das Gefühl der Wut kenne ich so gar nicht, außer beim Golf (lacht)! Da kann ich sehr wütend auf mich selbst werden, das wird also eine große Herausforderung werden. In diesem Jahr wird es Momente geben, wo das Mentale vielleicht mehr zählt als die Fähigkeiten, den Ball gut zu treffen. Deshalb habe ich auch eine Mentaltrainerin, Christiane (Schmaler, Anm.d.Red.). Ich glaube, dass ohne diese mentale Hilfe heutzutage keiner mehr professionell Golf spielt. Das ist ein total wichtiger Baustein.“
Was hast Du bisher für dein Leben gelernt?
„Ich würde hier nicht nur die sechs bis sieben Wochen seit dem offiziellen Start von Projekt 0 dazuzählen, sondern die gesamte Zeit der Anbahnung einbeziehen. Nachdem 'Tommy' und Florian Bauer mit an Board waren, ist die Zeit unglaublich schnell verflogen. Deshalb war es zu dieser Zeit schwierig, alles bewusst wahrzunehmen. Als mir wirklich klar wurde, dass das Projekt umgesetzt wird, ging es mir drei Tage richtig schlecht. Ich habe begriffen, dass es um viel mehr geht als nur um die sportliche Leistung im Golf. Jetzt, nach sieben Wochen kann ich sagen: Den Mut gehabt zu haben, meinen Beruf aufzugeben und ins finanzielle Risiko zu gehen, ist nicht das, was ein Mensch normalerweise macht. Wir realisieren unsere Träume oft nicht, sondern wir träumen sie unser ganzes Leben lang, bis es irgendwann zu spät ist. Ich habe mich entschieden, meinen Traum zu leben und dies mit allen Konsequenzen. Diesen Mut gehabt zu haben, kann mir niemand nehmen, egal was nun noch passiert. Besonders bewegt hat mich die Unterstützung, die ich erfahre, und die kleinen Geschenke des Lebens, wie neue Begegnungen oder Erfolge, die das Gefühl stärken, das Richtige zu tun. Es gibt einem ein wenig das Gefühl, das Glück anzuziehen – wenn man das so sagen kann. Wenn man seinem innerem Gefühl folgt, zeigt einem das Leben oft den richtigen Weg.“
Kommentare