22.08.2024 08:57

Interview


„Ich glaube, dass das der Geist von Olympia ist“

Die Bad Pyrmonter Reiterin Nele Plaul spricht über ihre Olympia-Erlebnisse

Von links: Alina Böhm (Judo), Nele Plaul und Raffaela Igl (Judo). Alle Fotos inkl. Fotostrecke: privat.
Für viele ist es das Highlight, der große Traum: einmal im Leben an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Sich mit den Besten der Besten zu messen, von einem Millionen-Publikum angefeuert zu werden und über sich hinaus zu wachsen. Drei heimische Sportlerinnen und Sportler hatten bei der gerade erst zu Ende gegangenen Olympia-Ausgabe in Paris selbst die Möglichkeit, zumindest hautnah dabei zu sein und als Fan die Atmosphäre aus nächster Nähe mitzuerleben. Heute gibt’s Teil drei der emotionalen Reise.

Heute nimmt Euch die Bad Pyrmonterin Nele Plaul mit, ihres Zeichens leidenschaftliche Reiterin.

Olympia hautnah erleben – wie kam es zu der Idee?
„Neben unzähligen Helfereinsätzen auf den Deutschen Jugendmeisterschaften in der Dressur- und im Springreiten sowie der Europameisterschaft im Springreiten in Riesenbeck 2021 war es ein kleiner Traum von mir, auch mal bei den Olympischen Spielen dabei sein zu können. Was bietet sich da besser an als die nahegelegenen Olympischen Spiele in Paris 2024!? Die Olympischen Spiele, bei denen zum ersten Mal eine Eröffnungszeremonie im Freien außerhalb eines Stadions abgehalten wird. Einfach unbeschreiblich!“

Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit als Landesjugendsprecherin im Pferdesportverband Hannover e.V. hatte ich die großartige Möglichkeit, die Olympischen Spiele 15 Tage lang zusammen mit 120 weiteren sportbegeisterten und engagierten Jugendlichen zu erleben. In der ersten Woche hatten wir einen internationalen Austausch und ein sportliches Programm: Gemeinsam mit französischen Jugendlichen durften wir verschiedene Sportarten wie zum Beispiel Baseball, Hockey, Rugby, Bogenschießen, Laserrun und vielen weitere kennenlernen und in der Praxis ausprobieren. Des Weiteren gab es einen Exkurs in die Paralympischen Sportarten wie Goalrun, Basketball, Leichtathletik, Volleyball und viele weitere. Hier mussten wir uns in die Situation eines Paralympischen Athleten hineinversetzen und konnten diese Sportart dann aus seiner Sicht nachempfinden. Begeistert daran hat mich auf der einen Seite die Vielfalt der einzelnen Sportarten, auf der anderen Seite die verschiedenen Abwandlungen, die für jeden eine Möglichkeit schaffen trotz seiner körperlichen Einschränkung teilnehmen zu können. Den Goalball fand ich sehr beeindruckend. Denn hier können Menschen mit einer Sehbehinderung trotzdem eine Ballsportart, in der Tore erzielt werden müssen, ausüben. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, es war schon eine erst sehr ungewohnte, aber dennoch eine mit sehr viel Spaß verbundene Erfahrung!“
Nimm uns doch mal mit: wie läuft so ein Tag als Olympia-Gast ab?
„In den zwei Wochen gab es viele Begegnungen mit Athleten. Die Tage waren sehr lang und mit einem guten Programm ausgestattet. Der Tag begann mit dem Klingeln des Weckers um 6.30 Uhr. Nachdem Fertig machen ging es für uns um 7 Uhr zum Frühstücken. Um 7.30 Uhr machten wir uns mit der Bahn auf den Weg zum Beachvolleyball. Gegen 8.30 Uhr waren wir durch die Sicherheitskontrollen im Beachvolleyball-Stadion angelangt, wo 13.500 Zuschauer Platz nahmen. Beginn des ersten Spiels war um 9 Uhr. Die Stimmung war super: Livemusik vom DJ vor Ort, motiviertes Publikum und spannende Spiele. Nach dem letzten Spiel um 13 Uhr wurde das Stadion recht zügig für die Zuschauer der nachfolgenden Spiele geräumt. Nach einem Mittagssnack ging es auf Sightseeingtour. Wir starteten mit dem Arc de Triomphe, gingen die Champs-Élysées entlang, besuchten die Geschäfte und trafen auf das dänische Haus. Im dänischen Haus konnte man zum Beispiel mit einer VR-Brille nach Kopenhagen reisen und sich dort umschauen. Viele Häuser zeigten auch etwas, was für Sie bekannt ist. Bei Dänemark war es das LEGO. Gegen 19 Uhr waren wir wieder zurück in unserem Hostel zum Abendessen. Anschließend machten wir uns wie morgens wieder auf den Weg zum Eifelturm. Auf dem Eifelturm angelangt, hatten wir den perfekten Blick über Paris. Außerdem konnten wir von dort die letzten Beachvolleyball-Spiele beobachten. Etwas klein, aber es war gut machbar. Was rundet den Tag schöner ab als der glitzernde Eifelturm. Aber hey, das kann ja jeder – also ging es noch weiter zum olympischen Feuer, welches sich hinter der Quadriga Statue auf dem Arc de Triomphe du Carrousel im Jardin des Tuilerien befand. Untermalt mit sehr guter Straßenmusik, war das nun ein gelungener Abschluss des Tages. Insgesamt waren die ganzen zwei Wochen unbeschreiblich und eine sehr schöne Zeit in meinem Leben, die ich noch mit sehr großartigen Persönlichkeiten teilen durfte. Es war eine gute Mischung aus Kultur und Sport.“

Bei welchen Wettkämpfen warst Du live dabei?
„Live dabei war ich beim Viertelfinale des Siebener Rugby im Star de France Stadion. Bei der 3x3 Basketball Qualifikation, beim Beachvolleyball neben dem Eiffelturm, beim Grand Prix Spezial der Team Dressur in Versailles und beim Viertelfinale im Hockey. Darüber hinaus war ich unter anderem im deutschen Haus, im niederländischen Haus, im dänischen Haus, im brasilianischen Haus und im slowenischen Haus. Die Vielfalt der Häuser war sehr schön zu sehen.“

Dein absolutes Highlight?
„Die Zeit in Paris war voller Eindrücke und Erlebnisse, dass ein konkretes Highlight dem nicht gerecht werden würde. Aber ein schöner Moment war die Medaillenfeier im niederländischen Haus an dem Abend, als die Ruder-Frauen Silber und die Ruder-Männer Gold geholt haben. Es war eine hammermäßige Stimmung. Mit den DJs Lucas & Steve, die in diesem Jahr auch auf dem Tomorrowland-Festival aufgelegt haben, wurden die Sportler am Ende des Tages mit den ganzen Fans zusammen gefeiert. Vergleichbar war das mit der unglaublichen Stimmung der Niederländer während der EM in Deutschland. Die Stimmung gipfelte darin, dass die Sportler sogar auf Händen durch das Publikum getragen wurden. Wahnsinn! Das war bisher die beste Party, auf der ich je war.“

Was ist das Besondere an diesen Wettkämpfen?
„Jeder Wettkampf war auf seine Art und Weise besonders. Allein der Blick beim Beachvolleyball auf den Eiffelturm und die Kulisse in Versailles mit dem wunderschön angelegten Garten vor dem Schloss Versailles während der Dressur, wo die Paare zur Musik tanzten. Das war natürlich unbeschreiblich, das kann man gar nicht in Worte fassen. Alles das gemeinsam mit der Weltspitze in der Dressur zu beobachten, war natürlich doppelt schön, wenn man selbst aus diesem Sport kommt. Dreifach schön war dann auch noch dieser Gänsehautmoment: Die Goldmedaillen-Entscheidung im Grand Prix Spezial, wo die deutsche Mannschaft ganz knapp die Goldmedaille in der Dressur holte. Nach dem Ritt von Jessica von Bredow-Werndl habe ich eine gute Freundin von mir nur angeschaut und wir haben beide mit dem Kopf geschüttelt, weil wir davon ausgegangen sind, das hat nicht ganz für die Goldmedaille gereicht. Als dann das Ergebnis auf der Anzeigetafel sichtbar wurde und Deutschland mit 0,121 Punkten vor den Dänen war – unfassbar knapp, da haben wir uns natürlich umso mehr gefreut. Während der deutschen Nationalhymne und der Siegerehrung hatten wir Gänsehaut und Tränen in den Augen. Wenn ich jetzt noch drüber rede, bekomme ich wieder Gänsehaut. Einfach Wahnsinn! Bei allen Wettkämpfen herrschte eine wahnsinnige Stimmung, sehr gute Laune bei den Menschen. Auch wenn nicht das eigene Land gespielt hat, hat man trotzdem eine andere Mannschaft angefeuert. Und das ist das, was Olympia so besonders macht: Der Sport steht über allem! Herkunft oder Politik stehen für den Moment still. Ich glaube, dass das der Geist von Olympia ist, von dem immer gesprochen wird. Ich konnte ihn fühlen.“
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