26.07.2010 23:03

Senft: „Es geht Selbstvertrauen, Disziplin und Selbstbehauptung“

Interview der Woche mit dem Vorsitzenden, Trainer und Sportler vom Redfire Kampfsport Team aus Bad Muender
Christian Senft Teakwondo Redfire TuSpo Bad Muender AWesA
Im Jahr 2004 rief Christian Senft das Redfire Kampfsport Team e. V. ins Leben. Der eigenständige Verein ist als Sparte in der TuSpo Bad Münder eingegliedert. Neben seiner Trainer-Tätigkeit ist Senft auch selbst erfolgreicher Teakwondo-Sportler. Aktuell kämpfen er und seine Mitstreiter um die Teilnahme an der WM in Ankara. AWesA sprach ihm über seinen Verein, Erfolge und den Kampfsport im Allgemeinen.

AWesA: Das Redfire Kampfsport Team ist eine Sparte in der TuSpo Bad Münder, aber gleichzeitig ein eigener Verein.
Christian Senft: „Genau. Redfire Kampfsport Team e.V. ist der Verein, den ich 2004 gegründet habe. Und wir sind als Sparte in die Abteilung “Kampfsport“ des TuSpo Bad Münder eingegliedert.“

AWesA: Kampfsport heißt bei euch dann Taekwondo oder kommen da noch andere Kampfsportarten hinzu?
Senft: „Also grundsätzlich habe ich mehrere Sportarten im Programm. Da gibt es noch Ju-Jutsu, Judo, Eskrima, Capoeira und ein bisschen Grappling, das ist ein Bodenkampf.“

AWesA: Wie viele Mitglieder habt ihr und wie viele Leute machen da mit?
Senft: „Aktuell haben wir 120 Mitglieder. Aktive sind es im Wochendurchlauf bestimmt 80.“

AWesA: Das ist eine Menge. Da träumt ja mancher Fußballverein von. Wie stellt man sich das allgemeine, sportliche Leben eines Kampfsportlers so vor? Trainiert man zweimal und am Wochenende ist Wettkampf oder wie ist das aufgegliedert?
Senft: „Das kommt ganz auf die Altersgruppierung an. Wir haben natürlich auch viele Kinder. Bei denen sehen die Eltern die Möglichkeit, dass die Kinder etwas im Bereich Disziplin lernen, etwas für das Selbstbewusstsein tun, lernen sich behaupten zu können und sich vielleicht einmal schützen zu können. Vor allen Dingen auch im Grundschulbereich, wenn die Kinder eingeschult werden. Sechs Jahre – das ist häufig das Eintrittsalter. Da geht es auch darum, bestimmte Schemata zu lernen, die man in der Schule letztendlich auch hat. Zum Beispiel einfach in einer Reihe zu stehen. Da stellt man natürlich eine gewisse Transferleistung her. Diese “Kiddies“ haben bei uns die Möglichkeit, zwei bis drei Mal in der Woche bei uns zu trainieren. Dafür haben wir einen eigenen Kindertrainer. Das ist mein früherer  Sparringspartner und Freund Maik Glockemann, “5.Dan-Großmeister“. Der gibt das Training für die Kinder. Ich habe die Leistungsgruppe, die kurz vor dem Schwarz-Gurt steht, die höher trainiert und die bald auch Wettkämpfe bestreitet. Die trainieren zweimal pro Woche bei mir und haben zusätzlich einmal am Wochenende Kader-Training, Sondertrainingseinheiten oder eben Turniere.“

AWesA: Das heißt Taekwondo besteht aus Disziplin, Selbstverteidigung…
Senft: „Also Taekwondo ist ein Sport, der unterschiedliche Teildisziplinen hat. Eine Teildisziplin nennt sich “Hosinsul“. Der  Begriff bedeutet Selbstverteidigung. Das ist ein eigenes Fach. Es gibt ein Fach, das nennt sich “Wettkampf“. Das ist das, was wir bei Olympia gesehen haben. Das ist mit Schutzausrüstung und Vollkontakt, bei dem man gegen den Kopf treten und bis zur Weste schlagen darf. Dann gibt es eine Disziplin, die nennt sich “Technik“. Die wird auch wettkampfmäßig betrieben. Man läuft Formen – oder Poomse als Fachbegriff – und macht Kamptechniken gegen imaginäre Gegner. Das sind Angriffs- und Abwehrtechniken, die bestimmte Kriterien haben: Eine hohe Geschwindigkeit, schnelle Beschleunigung und somit Kraft. Außerdem sollte die Qualität der Techniken sauber sein: Wie muss die Stellung aussehen, welche Höhe muss der Arm haben, welche Ausholbewegung muss ich dafür machen? Und das wird hinterher bewertet, wie zum Beispiel beim Eiskunstlaufen.“

AWesA: Sind das dann individuelle Choreographien oder vorgegebene Abläufe?
Senft: „Sowohl als auch. Was sich im Moment durchgesetzt hat, das sind die klassischen Formen. Das heißt: Je nach Gürtelgraduierung muss man bei einem Turnier verschiedene Formen zeigen. Davon gibt es 17 Stück. Bei höheren Turnieren werden aus einem Pool von vier Formen jeweils eine pro Runde ausgelost, die dann vorgeführt werden muss. Alle Sportler einer Leistungsklasse müssen diese Form dann präsentieren. Das gibt es als Einzel-Kategorie und in verschiedenen Gruppen-Kategorien. Wir sind da in allen Disziplinen vertreten, die den Technikbereich angehen. Wir sind aktuell Deutscher Meister im Team. Dieses Team umfasst fünf Männer und besteht aus Philipp Haverkamp (zweiter Dan), Michael Diekmann  (dritter Dan), Michael Kilian (dritter Dan), Patrick Bock (dritter Dan) und mir (sechster Dan).“

AWesA:  Kann man generell sagen, dass Taekwondo eher was mit Kampfkunst zu tun hat als mit Kampfsport?
Senft: „Ja, genau. Es ist auch eher eine Kampfkunst. Versportlicht wird das Ganze immer dann, wenn ich die allumfassenden Techniken aus der Kampfkunst reduziere auf einen bestimmten Pool, das messbar mache und zu einem Wettkampf gehe. Grundsätzlich steckt da natürlich eine Kampfkunst hinter. Wenn ich jetzt als Gegenbeispiel Kick-Boxen nehme: Dort ist das per se abgelegt worden. Die haben eben keine Kampfkunst, sondern betreiben ausschließlich Kampfsport. Bei Kick-Boxen geht es nicht ums Grüßen, nicht um Zeremonien und Techniken, die man eben in deren Wettkampf nicht anwenden darf.“

AWesA: Die Zeremonie spielt beim Taekwondo-Kampfsport weiterhin eine große Rolle?
Senft: „Genau. Das  hat ja auch etwas mit Disziplin zu tun und ist letztlich auch ein Teil, der Taekwondo auszeichnet. Und gerade beim technischen Bereich gehört dieser Part mit zu der Präsentation dazu.“

AWesA: Kann man sagen, dass die Kinder und Jugendlichen, die bei euch anfangen, in erster Linie Disziplin und Selbstverteidigung lernen?
Senft: „Ich möchte da eher den Begriff Selbstbehauptung und Selbstbewusstsein benutzen. Selbstbehauptung ist schon von vornherein zu zeigen, durch die Art und Weise, wie man auftritt, sodass man hier auch gar keinen Ärger oder ein Problem provozieren möchte. Dass man lernt sich durchzusetzen, auch in der Gruppe sich traut etwas zu sagen und dem gesamten Schulsystem vielleicht auch etwas beisteuert. Selbstverteidigung ist natürlich ein Teil von uns. Aber dadurch, dass man das lernt und weiß, was man kann, braucht man sein Können nicht unbedingt anwenden, weil man der Person schon ansieht, wie selbstbewusst sie ist.  Das ist das Ziel.“

AWesA: Eure sportlichen Leistungen hast Du kurz angesprochen. Ihr seid amtierender Deutscher Meister. Und Ihr stellt  ganz aktuell auch Sportler für Nationalmannschaft!?
Senft: „Das ist richtig. Seit dem Sommer sind Patrick Brock und Michael Kilian neu im National-Kader. Ich bin schon seit 2003 dabei. Und im Kampfbereich ist Nadja Campers schon seit sieben Jahren dabei.“

AWesA: Wie sieht es mit den Erfolgen aus? Hat man eine Chance mit der deutschen Nationalmannschaft oder steckt das mehr oder weniger noch in den Kinderstiefeln?
Senft: „Das kann man so nicht sagen. Deutschland ist schon ganz vorn mit dabei. Ich bin unter anderem mit der Nationalmannschaft  2003 und 2005 Vize-Europameister geworden. Und 2006 war ich auf der Weltmeisterschaft. Aktuell geht es auch wieder genau darum, sich für die nächste Weltmeisterschaft zu qualifizieren, die auch noch in diesem Jahr stattfinden soll.“

AWesA: Wann und wo wird die ausgetragen?
Senft: „Das wird Ende Dezember in Ankara sein, in der Türkei. Und da geht es jetzt gerade um die Nominierungen für die Weltmeisterschaft. Da gibt es über das Jahr hinweg sogenannte Bundesranglisten-Turniere und die entscheiden hinterher über die Nominierungen. Es stehen jetzt noch die Internationale Nordrheinwestfälische Meisterschaft und die Internationale Österreichische Meisterschaft an. Und unmittelbar danach wird es in den nächsten Wochen dann auch die Nominierungen geben.“

AWesA: Christian Senft, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Dir alles Gute und viel Erfolg.
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