26.07.2010 22:06
Tanja Schultz: „Highlight wäre eine paralympische Medaille“
Die erfolgreiche Bogenschützin der BSG Bad Pyrmont hat ehrgeizige Ziele
Tanja Schultz gehört im Bogenschießen zu den Spitzensportlern in Deutschland. Die Schützin von der Behinderten-Sport-Gemeinschaft (BSG) Bad Pyrmont wurde am vergangenen Wochenende in Saarbrücken zum wiederholten Mal Deutsche Meisterin. Auch bei den Paralympics war Tanja Schultz bereits zwei Mal am Start, zuletzt 2008 in China. Wir sprachen mit der Sportlerin aus Börry im Interview der Woche über Erfolge und Aussichten.
AWesA: Am vergangenen Wochenende sind Sie in Saarbrücken erneut Deutsche Meisterin im Bogenschießen geworden. Haben Sie nach der langen Anfahrt mit diesem Erfolg gerechnet?
Tanja Schultz: „Jein. Die Konkurrenz ist nicht ohne. Allein dadurch, dass bei der Deutschen Meisterschaft drei Kadersportlerinnen angetreten sind. Die Anfahrt mit gut 500 Kilometer ist natürlich schon nachteilig. Das Hotel war eine absolute Katastrophe. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zu gemacht.“
AWesA: Bei einer Sportart, die höchste Konzentration verlangt, hört sich das nicht gerade nach einer viel versprechenden Vorbereitung an.
Tanja Schultz: „Das stimmt wirklich. Ich habe morgens gedacht, ein Stündchen Schlaf wäre jetzt nicht das Schlechteste und bin total übermüdet in den Wettkampf gegangen. Der erste Durchgang ist auch überhaupt nicht gut verlaufen. Da war ich total unzufrieden. Ich habe mir zwei Pfeile gegönnt, die total mickrig waren – eine drei und eine fünf. Das sollte eigentlich nicht passieren. Die Pause habe ich dann ein bisschen zum verschnaufen und relaxen genutzt. Dann habe ich mich Ring für Ring herangekämpft. Meine Konkurrentin hat etwas abgebaut. Das war mein Vorteil, weil ich im zweiten Durchgang konstant geblieben bin.“
AWesA: Wie viele Deutsche Meistertitel haben Sie bislang feiern können?
Tanja Schultz: „Ganz viele eigentlich. Ich habe 1996 meine erste Deutsche Meisterschaft in der Halle geschossen – seitdem fast jedes Jahr. Die Deutsche Meisterschaft findet jedes Jahr zwei Mal statt. In der Halle über 18 Meter und draußen über zwei Mal 70 Meter.“
AWesA: Was liegt Ihnen besser? Draußen oder drinnen?
Tanja Schultz: „Draußen! Ich der Halle schieße ich nicht so gern. Draußen ist schöner: Die Natur und immer die Unbekannte Wind, Wolken, Regen, Sturm, manchmal Gewitter. Dann gibt es auch mal eine kleine Pause wegen Blitz. Draußen ist viel interessanter.“
AWesA: Wie bereiten Sie sich auf diese Wettkämpfe vor? Steht bei Ihnen im Garten eine Anlage, wo geübt werden kann?
Tanja Schultz: „Ja. Die steht da jetzt seit drei Jahren. Ich habe eine 30-Meter-Bahn, die mir mein Mann gezaubert hat. Da habe ich einen gepflasterten Weg mit Scheibe. Hier im Haus kann ich die 13-Meter-Distanz trainieren – von einem Raum durch den Abstellraum in den nächsten Raum. Sehr abenteuerlich, aber für das Techniktraining reicht es.“
AWesA: Wie oft trainieren Sie in der Woche?
Tanja Schultz: „Von sieben Tagen sind sechs mit Training gefüllt. Das ist nicht nur Schieß-, sondern auch Krafttraining. Ausdauer kommt auch dazu.“
AWesA: Warum muss eine Bogenschützin Ausdauer- und Krafttraining betreiben?
Tanja Schultz: „Krafttraining aus dem Grund, weil man ein bestimmtes Gewicht hat, das ma zieht und auch hebt. So ein Bogen wiegt ja ein bisschen was. Komplett mit allem drum und dran hat man dann dreieinhalb bis vier Kilo in der Hand, die ich jedes Mal mit ausgestrecktem Arm halten muss. Und das nicht nur einmal. In der Halle 60 Pfeile mit Probepfeilen. Ausdauer ist gerade im Sommer wichtig, wenn die Wettkämpfe den ganzen Tag gehen. Das sind vier Einheit à 36 Schuss.“
AWesA: Im September letzten Jahres waren Sie bei den Paralympics in China am Start. War das ein besonderes Erlebnis?
Tanja Schultz: „Peking in der Form wird es nie wieder geben. Da muss man ganz einfach so sagen. Was die Chinesen da auf die Beine gestellt haben war einmalig und wir einmalig bleiben. Das ist für westliche Länder gar nicht machbar. Da wird nicht lange gefragt, sondern gesagt: Du machst das jetzt. Und das wir dann umgesetzt.“
AWesA: Welchen Bereich meinen Sie im Speziellen? Die Atmosphäre, die im Stadion herrschte?
Tanja Schultz: „Allein schon das paralympische Dorf. Man kann es eigentlich nicht als Dorf bezeichnen. Das war ein kompletter Stadtteil, der da hochgezogen wurde. Alles Neubauten, die Wohnungen alle mit dem Rolli erreichbar. Es gab nirgends einen Stopp für einen Rolli-Fahrer, wo es hieß: Hier geht’s nicht weiter. Die Wettkampfstätten waren hervorragend angelegt.“
AWesA: Wie ist es denn sportlich gelaufen?
Tanja Schultz: „Sportlich war es nicht ganz so erfreulich. Der Vorwettkampf hat super geklappt. Mit Platz zehn in der Vorrunde bin ich zufrieden gewesen. Ich habe ein gutes Ergebnis geschossen und meine Quali-Norm auch bestätigt. Von daher bin ich sehr zuversichtlich in die Finalwettkämpfe gegangen. Aber das war eine Nummer zu hoch. Es war ein einfaches Kopfproblem.“
AWesA: Und welche Nation hatte am Ende die Nase vorn?
Tanja Schultz: „Führend ist Korea bei den Behinderten wie auch im Nichtbehinderten-Bereich. Italien ist sehr gut und auch China. Gewonnen hat eine Türkin, die sehr gut ist und sehr konstant ist. Auf dem zweiten und dritten Platz ist China gelandet. Die Finalwettkämpfe waren mit zwischen 2000 und 4000 Zuschauern eine Sache für sich. Hier kennt man das so, dass dam mal zwei oder vier sitzen. Und die sind dann wahrscheinlich auch noch aus dem Verein oder der Familie. Die Gesichter kennt man.“
AWesA: National haben Sie alles erreicht. Was haben Sie für sportliche Ziele für die Zukunft?“
Tanja Schultz: „Ein Highlight wäre natürlich eine paralympische Medaille. Und bei der Weltmeisterschaft eine Medaille im Einzel. Mit der Mannschaft haben wir ja 2007 Bronze geholt. Die Paralympics in London 2012 sind natürlich auch ein großes Ziel.“
AWesA: Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen für die Zukunft viel Glück und Erfolg!
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