07.09.2022 11:27

Interview


Kowalski in der Frauen-Bundesliga - Das Interview vor dem Saisonstart

„Ich möchte mich fußballerisch in der 1. Bundesliga etablieren, Spielzeiten bekommen und auch persönlich einen Schritt nach vorne machen"

Die neue Nummer 10 der SGS Essen: Natasha Kowalski. Foto: mge_foto (Instragram).
U17-Europameisterin, zweifache Deutsche U17-Meisterin mit dem VfL Wolfsburg und eine wichtige Stütze in der Zweitligamannschaft des VfL - Natasha Kowalski hat in ihrer jungen Laufbahn bereits einige Erfolge gefeiert. Im Sommer wechselte der „Export" aus dem Landkreis Holzminden in die erste Bundesliga zur SGS Essen. Kein Wunder: Die Hürde, beim VfL Wolfsburg in den Bundesliga-Kader aufzurücken, ist riesig. Immerhin zählen die „Wölfinnen" zu den besten Mannschaften in ganz Europa. Im Ruhrgebiet will Kowalski nun den nächsten Schritt machen und sich als Erstligaspielerin etablieren. Anlässlich des bevorstehenden Saisonstarts haben wir uns mit ihr unterhalten.

In der Sommerpause bist Du vom VfL Wolfsburg II zur SGS Essen gewechselt. Was war ausschlaggebend für Deine Entscheidung, vom Unterbau eines Meisterschaftskandidaten ins Ruhrgebiet zu wechseln?
Natasha Kowalski: „Ich möchte mich fußballerisch in der 1. Bundesliga etablieren, Spielzeiten bekommen und auch persönlich einen Schritt nach vorne machen. Die SGS Essen bietet eine große Chance, um sich weiterzuentwickeln. Der Verein hat bereits viele Nationalspielerinnen hervorgebracht und die Hürde ist geringer als in der ersten Mannschaft von Wolfsburg. Für mich war der Wechsel der richtige Schritt im richtigen Moment.“

Du bist mit 19 Jahren noch sehr jung – welche Rolle hat die berufliche Entwicklung bei der Entscheidungsfindung gespielt?
„Natürlich spielt das Berufsleben neben dem Fußball eine große Rolle. Es ist nach wie vor so, dass die meisten Spielerinnen noch nicht von ihrem Gehalt in der ersten Liga leben können. Glücklicherweise habe ich das vergangene Jahr nach meinem Abitur als eine Findungsphase genutzt und bin daher ungebunden. Mittlerweile habe ich an der Fernuni ein Marketing-Studium begonnen.“
Du trägst in Essen die prestigeträchtige Nummer 10. Es gibt wenige Mannschaften, bei denen die 10 auf der Bank sitzt – dürfen wir uns also auf die Bundesliga-Stammspielerin Kowalski freuen?
„Ich kann natürlich nicht versprechen, dass ich jedes Spiel von Anfang an bestreite (lacht). Aber ich denke schon, dass ich genügend Spielzeit bekomme, wenn ich meine Leistung bringe und mich voll reinhänge.“

Das erste Mal weit weg von der Heimat, ein völlig neues Umfeld in jeder Hinsicht. Wie findest Du Dich in Deinem neuen Leben bisher zurecht?
„Der Verein hat mich bei der Wohnungssuche sehr unterstützt und daher konnte ich mich relativ zügig einleben. Ich wurde sehr gut vom Team aufgenommen und kenne noch einige Mädels aus der Jugend-Nationalmannschaft oder als Gegenspielerin. Die meisten Spielerinnen sind in meinem Alter, das macht es nochmal etwas leichter für mich. Auch unseren Trainer Markus Högner kenne ich noch aus Wolfsburg, er war vorher Co-Trainer der ersten Mannschaft des VfL.“

Am Sonntag trefft Ihr im DFB-Pokal auf den Regionalligisten ATS Buntentor und dann geht es am ersten Bundesliga-Spieltag mit einem riesigen sportlichen Sprung gegen Deinen ehemaligen Verein, den VfL Wolfsburg. Wie blickst Du auf diese ersten beiden Pflichtspiele?
„Ich bin guter Dinge. Buntentor ist – bei allem Respekt – nicht mit Wolfsburg vergleichbar. Wir wollen als klassenhöhere Mannschaft natürlich eine Runde weiterkommen und zeigen, dass wir der Bundesligist sind. Gegen Wolfsburg wird man sehen, wie es läuft. Über einen Sieg oder ein Tor wäre ich natürlich sehr glücklich, wobei Wolfsburg der Favorit ist. Dennoch können wir auch für eine Überraschung sorgen, zumal gerade der erste Spieltag zu den schwierigsten in der Saison gehört, weil der Spielrhythmus noch fehlt.“

In der abgelaufenen Saison ist die SGS Essen Zehnter in der Bundesliga geworden. Wo soll die Reise in der kommenden Spielzeit hinführen?
„Das oberste Ziel ist der Klassenerhalt. Ich denke, dass wir ein gutes Team haben, das im Sommer noch verstärkt wurde. Ein einstelliger Tabellenplatz wäre schon top, denke ich.“

Die Deutsche Nationalmannschaft hat mit den mitreißenden Leistungen bei der EM große Werbung für den Frauenfußball gemacht. Inwiefern ist diese neue Euphorie bisher im Vereinsalltag zu spüren?
„Aktuell merke ich nichts von dem Hype. Vielleicht spüren wir es beim Bundesligastart. Ich bin sehr gespannt, wie viele Zuschauer in Wolfsburg dabei sein werden. Bei der EM war zu sehen, dass Frauenfußball besser ist, als viele denken. Schade ist, dass der Frauenfußball mit dem Männerfußball bei den Sendezeiten konkurrieren muss. Wenn samstags um 14 Uhr ein Spiel der Frauen-Nationalmannschaft angepfiffen wird, schalten die meisten spätestens um 15.30 Uhr ab, weil dann die Bundesliga der Männer losgeht. Und parallel spielt schon die 2. Bundesliga. Es ist schwierig, Anstoßzeiten zu finden, die nicht mit den Männern konkurrieren.“
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Autor des Artikels

Jannik Schröder
Jannik Schröder
Jannik stieg nach seinem Praktikum vor einigen Jahren neben dem Studium als Freier Mitarbeiter bei AWesA ins Boot – und ist nach seinem Master-Abschluss in Germanistik und Geschichte seit Oktober 2015 Chefredakteur.
Telefon: 0176 - 6217 6014
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