23.07.2019 15:46

Interview


Quo vadis, Bad Pyrmont? Coach Günther im großen Interview

Leistungsträger Baal und Pape fallen lange aus / Günther: „Für uns geht es um den Klassenerhalt“

Jens Günther ist mit der aktuellen Entwicklung seiner neuen Mannschaft zufrieden – gibt allerdings auch zu bedenken, dass die Voraussetzungen schwierig sind.
Gerade, als endlich Ruhe einzukehren schien, platzte die Bombe in der Kurstadt: David Odonkor trat Anfang Juli als Trainer der SpVgg. Bad Pyrmont zurück. Sein neues Ziel: der türkische Zweitligist Eskişehirspor. Eine Woche zuvor wurde der lang ersehnte neue Vorstand auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung beschlossen und damit waren die Voraussetzungen für die kommende Saison eigentlich geschaffen. Plötzlich ohne Trainer, fand der sportliche Leiter, Björn Blanke, jedoch schnell einen Nachfolger: Jens Günther. Günther führte in der Vergangenheit bereits die Frauen des SV Hastenbeck in die Oberliga, ist dazu NFV Stützpunkt-Trainer und in der Region aufgrund seiner Fachkenntnisse hoch angesehen. Doch kann er die SpVgg. Bad Pyrmont auf neue Wege leiten? Wir haben uns mit Günther ausführlich unterhalten.

Jens, wie hast Du Dich bisher in Bad Pyrmont eingelebt?
„Es wird langsam. Die Umstände der Verpflichtung waren für alle Seiten ungünstig und dem geschuldet, dass alles sehr kurzfristig ablief. Ich kannte die Mannschaft und den Verein überhaupt nicht, darüber hinaus hat sich erst kurz vorher ein neuer Vorstand gebildet. Es war also eine gewisse Unruhe da, aber langsam legt es sich. Ich bekomme viel Unterstützung aus der Mannschaft und aus dem Umfeld. Davon bin ich begeistert und das zeigt mir, dass der Schritt eine gute Entscheidung war.“

Nach dem plötzlichen Rücktritt von David Odonkor, den es zum türkischen Zweitligisten Eskişehirspor gezogen hat, bist Du wenige Tage später vorgestellt worden. Wie lief der Beschluss der Zusammenarbeit ab?
„Ich habe einen Anruf vom sportlichen Leiter Björn Blanke bekommen. War waren schon vorher im Kontakt, weil seine Tochter bei mir im NFV-Stützpunkt gespielt hat. Wir haben uns zusammengesetzt und ausführlich besprochen, welche Vorstellungen der Verein hat und umgekehrt. Es war ein sehr langes Abklopfen. Als am gleichen Abend die Zusage kam, habe ich mich zwei Minuten lang mit meiner Frau besprochen und dann stand fest, dass ich diese Aufgabe antreten werde.“

Du hast Dich mittlerweile einige Zeit mit Deiner Mannschaft auf die Saison vorbereitet. Wie zufrieden bist Du mit Eurem aktuellen Leistungsstand?
„Das kann man schlecht einordnen. Grundsätzlich bin ich mit der Einstellung der Mannschaft sehr zufrieden. Sie ist leistungswillig und zieht voll mit. Andererseits wird die Vorbereitung durch die Urlaubszeit ein wenig zerstückelt, aber damit haben alle Mannschaften zu kämpfen. Dadurch, dass ich die Mannschaft vorher überhaupt nicht kannte, bin ich nach wie vor auf die Rückmeldungen der erfahrenen Spieler angewiesen. Die Testergebnisse sind bisher in Ordnung, der Fitnessstand ebenfalls. Die Kadergröße wurde durch das Auffüllen mit Spielern aus der zweiten Mannschaft angeglichen, wobei ich zukünftig nicht mehr von der ersten oder zweiten Herren sprechen möchte. Die Arbeit mit Christopher Loges (Anm.d.Red: Trainer von Bad Pyrmont II) klappt super und es ist wichtig, dass wir als eine mannschaftsübergreifende Einheit funktionieren. Andererseits darf man nicht vergessen: Wir sind nach wie vor in der Kennenlernphase. Die Spieler müssen sich auf mich einstellen, auf meine Vorstellungen und ob das, was ich von den Spielern verlange, Hand und Fuß hat. Umgekehrt muss ich die Stärken und Schwächen der Spieler ebenfalls noch weiter beobachten. Daraus einen konkreten Leistungsstand abzuleiten, ist sehr schwierig. Am Wochenende haben wir unser erstes Spiel unter Wettkampfbedingungen (Anm.d.Red: Bezirkspokal beim Bezirksliga-Aufsteiger TuSpo Grünenplan). In diesem Spiel müssen wir unsere Stärke gegen einen unterklassigen Gegner untermauern, ehe wir im ersten Landesliga-Spiel direkt auf Vizemeister SC Hemmingen-Westerfeld treffen. Das ist natürlich eine echte Hausnummer und dann werden wir eine erste Standortbestimmung haben.“

Zuletzt hast Du Germania Beber-Rohrsens Herren in der 2. Kreisklasse trainiert, springst also mit einem Schritt vier Klassen höher. Wie unterscheidet sich Deine Arbeit angesichts dieses großen sportlichen Unterschieds?
„Der größte Unterschied besteht darin, dass in Beber-Rohrsen Freizeitfußball gespielt wurde und in Bad Pyrmont Leistungssport betrieben wird. Man sieht schnell, dass Fußball im Leben der Spieler eine gewisse Priorität hat. Sie haben in den Einheiten eine professionellere Einstellung und für mich als Trainer mit Lizenz-Hintergrund ist es natürlich schön, dass ich die Übungen anspruchsvoller gestalten kann, weil die fußballerische Ausbildung besser ist. Trotzdem sehe ich immer wieder Luft nach oben, sodass ich weiß, dass ich die Spieler weiterentwickeln kann. Für mich ist das eine sehr reizvolle Aufgabe.“ 

Mit Spielern wie Torhüter Stefan Schmidt, Gerrit Pape, Benedikt Hagemann, Alexander Baal, Pascal Hannibal, Roland Stuckenberg, Steffen Lesemann, Andzrej Matwijow oder Dominic Meyer verfügst Du über hochklassige Landesliga-Spieler, hast dazu noch einmal Zuwachs mit Zalem Özmen, Julian Diedrich (beide TBV Lemgo) und Niklas Lessmann (JSG Hameln-Land) bekommen. Auf der anderen Seite gab es mit Spielern wie Sören Vespermann, Sönke Müller oder Djawid Gabibow auch einige hochkarätige Abgänge. Wie gut siehst Du den Kader für die kommende Saison aufgestellt – zumal Du an der Personalplanung nicht beteiligt warst? 
„Grundsätzlich sehe ich uns gut aufgestellt. Die Kaderbreite passt mittlerweile und wir können im Training intensiv arbeiten. Wir haben viele junge Spieler im Kader, die sicherlich noch keine gestandenen Landesliga-Kicker sind, aber viel Entwicklungspotenzial haben. Auch im Unterbau sind einige Spieler, die, wenn sie den nötigen Ehrgeiz haben, in den Kader hineinwachsen können. auch Jan  Nichtsdestotrotz ist nicht zu leugnen, dass wir durch die Abgänge Qualität verloren haben. Das können wir in der Masse nicht gleichwertig ersetzen – zumal Alexander Baal und Gerrit Pape als Leistungsträger für unbestimmte Zeit ausfallen werden. Da kann es sein, dass sie in der Hinrunde kein Spiel machen. Das müssen wir auffangen. Wer mich kennt, der weiß: Diese Herausforderung reizt mich. Ich will die Spieler entwickeln, ich will sie formen – das ist meine Aufgabe."

Mit Hastenbecks Frauen bist Du in die Oberliga aufgestiegen, arbeitest zudem als NFV-Stützpunkt-Trainer und bist in der Region als detailverliebter, ambitionierter und bodenständiger Übungsleiter bekannt. Was für einen Art, Fußball zu spielen, dürfen wir unter Dir erwarten?
„Fußball spielen bedeutet für mich, dass alle elf Spieler defensiv und offensiv am Spiel teilnehmen. Ich möchte erreichen, dass wir eine hohe Ballsicherheit in den eigenen Reihen haben und das auch gegen gleichwertige Gegner. Gegen Mannschaften, die uns vermeintlich überlegen sind, möchte ich defensive Stabilität und aggressives Umschaltspiel sehen. Ich wehre mich dagegen, nur lange Bälle zu spielen, nach vorne zu rücken und auf zweite Bälle zu hoffen. Ob ich das so durchsetzen kann, wird sich zeigen.“

Es ist kein Geheimnis, dass in der Kurstadt hohe sportliche Ansprüche gelten – allerdings ist es ein ebenso geringes Geheimnis, dass Du sehr hohe Erwartungen an Dich selbst hast. Welche Ziele hast Du Dir mit Bad Pyrmont gesteckt?
„Für uns geht es um den Klassenerhalt. Wir wollen frühzeitig die nötigen Punkte holen. Aufgrund der Ausfälle von Gerrit und Alex, müssen wir uns als Gemeinschaft weiterentwickeln, um dieses Ziel zu erreichen.“

Jens, wir wünschen Dir bei Deiner Aufgabe viel Erfolg und bedanken uns für das Gespräch.
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