16.06.2019 15:15

Interview


Bundesliga & Kreisliga vereint in einem Mann: Büchler im großen Interview

Während des Trainings mit der U23 kommt der Anruf: auf in die Bundesliga! / Büchler über  seinen rasanten sportlichen Aufstieg: „Das war nie wirklich geplant“

Auf in die Bezirksliga: Florian Büchler hatte mit 42 Toren entscheidenden Anteil an der Kreismeisterschaft.
Der Hameln-Pyrmonter Fußball hat wenige Exporte, die es in die weite Fußballwelt hinaus schaffen. Ohnehin: Die Fußballer vor 20, 30 oder sogar 40 Jahren waren eh viel besser, sagen sie sich an den Stammtischen der lokalen Fußballplätze. Ein Mann ist von diesen Gesprächen jedoch auszuschließen: Florian Büchler. Der Angreifer und Innenverteidiger - ja, das gibt es auch heute noch im Fußball - darf etwas von sich etwas behaupten, was die allerwenigsten Fußballer von sich behaupten dürfen: Er hat in der Bundesliga gespielt. Nicht lange, aber: Er hat dort gespielt - und es sich durch seine damaligen guten Leistungen bei Hannover 96 II verdient. In der abgelaufenen Saison ist Büchler mit 42 Treffern Torschützenkönig in der Kreisliga geworden und hatte entscheidenden Anteil an der Meisterschaft des TuS Germania Hagen. Wir haben uns mit uns mit der sympathischen wie bodenständigen Tormaschine, die im Fußball viel gesehen hat, unterhalten.

Florian, in Deiner Jugend hast Du für Tündern und für Pyrmont gespielt. Worauf blickst Du besonders gerne zurück?
Florian Büchler: „An meine Jugendzeit bei Bad Pyrmont habe ich gar nicht mehr so große in Erinnerungen. In Tündern war das größte Highlight sicherlich der goldene Jahrgang, in dem ich mitspielen durfte. Mit Jannik Hilker, Lukas Nowag, Felix Forche, Niklas Beckmann und vielen weiteren tollen Spielern haben wir viele Meisterschaften gefeiert, konnten diese aber kaum genießen, weil wir anschließend in die nächste Altersklasse hochgegangen sind (lacht)."


Florian Büchler im Trikot von Hannover 96 im Weserberglandstadion gegen Tündern.
Obwohl Du in der Jugend nie in einem Nachwuchs-Leistungszentrum gespielt hast, bist Du im Alter von 19 Jahren zu Hannover 96 II in die Regionalliga gewechselt. Wie kam dieser Wechsel zustande?
„Das war nie wirklich geplant. Ich habe damals eine Ausbildung angefangen und nicht damit gerechnet, dass so ein Wechsel passieren könnte. In meinem ersten Herrenjahr hatte ich bei der SpVgg. Bad Pyrmont ein sehr gutes Jahr. In dieser Zeit habe ich über Umwege Jan Baßler kennengelernt (Anm.d.Red.: Hat für die SSG Halvestorf und 1. FC Germania Egestorf-Langreder gespielt). Er hat mich bei einem Hallenturnier gesehen, ist auf mich zugekommen und hat mir Möglichkeiten aufgezeigt. Durch ihn durfte ich ein Probetraining bei Hannover 96 absolvieren und danach wurde mir ein Wechsel in die U23 angeboten.“

Am 19. Dezember 2009 hast Du etwas erlebt, was nur die wenigsten Fußballspieler von sich behaupten können: Du kamst in einer Bundesliga-Partie zum Einsatz. Im Spiel von Hannover 96 gegen den VfL Bochum wurdest Du kurz vor Schluss vom damaligen 96-Trainer Andreas Bergmann eingewechselt. Wie hast Du diesen Tag erlebt?
„Zum Glück konnte ich mir keinen großen Kopf machen. Damals, nach der Tragödie mit Robert Enke, hatten wir großes Verletzungspech. Ich habe am selben Tag noch mit der U23 trainiert, als während der Einheit der Anruf kam, dass ich ins Hotel kommen sollte. Plötzlich saß ich in der Bundesliga auf der Bank. Wir haben gegen Bochum 2:0 geführt, da hatte ich meine Hoffnungen auf eine Einwechslung schon aufgegeben. Dann hat Bochum das Spiel gedreht und 3:2 geführt. Es war so kalt, dass ich mich kaum warmmachen konnte. Als ich dann eingewechselt wurde, hatte ich aus 16 Metern sogar noch eine Torchance, war dann aber zu hektisch (lacht). Dass ich tatsächlich in der höchsten Spielklasse Deutschlands mitgespielt habe, habe ich erst nach dem Spiel realisiert. Sicherlich war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort, da ich zu diesem Zeitpunkt der einzige Stürmer auf der Bank war – alle etatmäßigen Angreifer waren verletzt. Aber dass ich aus all den Angreifern der U23 in den Bundesliga-Kader berufen wurde, hat mich auch darin bestätigt, dass ich damals gute Leistungen gezeigt habe.“

Nach 56 Einsätzen für Hannover 96 II in der Regionalliga Nord, zog es Dich 2012 zu Germania Halberstadt, wo Du in der Regionalliga Nordost auf weitere 49 Einsätze kamst. Wie war Deine Zeit in Halberstadt?
„Rückblickend kam der Wechsel zustande, weil ich viel Verletzungspech hatte. Ich habe mir das Schienbein gebrochen und hatte eine schwere Verletzung an der Schulter. Mein Ziel war, weiterhin auf hohem Niveau Fußball zu spielen und das Berufliche nicht zu kurz kommen zu lassen. Das hat mir Halberstadt gegeben. Ich hatte dort eine total schöne und erfolgreiche Zeit und wenn ich heute zurückschaue, war es die beste Mannschaft, in der ich in meiner Laufbahn gespielt habe. Die Kameradschaft war unglaublich, zu einigen Spielern habe ich bis heute noch Kontakt, und wir haben die Regionalliga damals als 'Underdog' ganz schön aufgemischt.“


Egal, ob Sturm oder Verteidigung: Florian Büchler gehörte bei der SpVgg. Bad Pyrmont zu den Leistungsträgern.
Über den FC Germania Egestorf/Langreder, wo Du in der Saison 2014/15 in der Oberliga gekickt hast, kehrtest Du schließlich 2015 überraschend zurück zur SpVgg. Bad Pyrmont. Warum hast Du dich für eine Rückkehr in die Kurstadt entschieden?
„Das Gesamtpaket war ausschlaggebend. Ich war acht Jahre weg, habe meine Familie und meine Freunde vermisst. Außerdem war mir klar, dass ich nicht jünger werde. Beruf, Fußball und Lebensplanung müssen übereinstimmen und daher war Bad Pyrmont die beste Adresse.“

Dein damaliger Trainer Philipp Gasde hat Dich vom Stürmer zum Innenverteidiger umfunktioniert. Wie kamst Du mit dieser Umstellung zurecht?
„Ich habe in Halberstadt schon in der Innenverteidigung gespielt, von daher bin ich auf Philipp zugekommen und habe ihm die Umstellung vorgeschlagen. Ich konnte aufgrund der Arbeit nicht mehr so oft trainieren. Ohne den Innenverteidigern nahetreten zu wollen: Es ist eine andere Belastung als im Angriff (lacht).“

Zur Saison 2017/18 wechseltest du schließlich zu Germania Hagen, wo Du bis heute spielst. Welche Beweggründe gab es für Dich, die Spielvereinigung zu verlassen, und auf dem Hagen zu spielen?
„Aufgrund meines Berufs konnte ich überhaupt nicht mehr planen, wann ich spielen kann. Mit fast 30 Jahren musste ich mich mehr auf das Berufliche konzentrieren, von daher war der Wechsel der richtige Schritt für mich.“

In Deiner ersten Saison bei den Germanen seid Ihr zunächst aus der Bezirksliga abgestiegen, in der abgelaufenen Saison aber dafür umso überzeugender gleich wieder aufgestiegen. Habt Ihr vor der Spielzeit erwartet, dass Ihr so souverän durch die Kreisliga marschiert?
„Wir hatten im Sommer 2018 einen Umbruch, der hat der Mannschaft sehr gut getan. Mit Marcus Middel oder Cedric Culkowski – um nur zwei Beispiele zu nennen – haben wir richtig starke neue Spieler dazubekommen. Ich würde trotzdem nicht sagen, dass wir alleine aufgrund unseres fußballerisch guten Kaders so viel besser waren als Mannschaften wie Bisperode oder Emmerthal. Menschlich passt unsere Truppe einfach richtig gut zusammen, wir haben eine super Trainingsbeteiligung und wir treten geschlossen auf.“

Du hast, nun wieder als Stürmer, satte 42 Treffer erzielt und warst damit natürlich maßgeblich am Aufstieg Deiner Mannschaft beteiligt. Welches Deiner Tore war das schönste?
„Ich weiß, dass das Phrasenschwein jetzt anklopft, es ist aber die Wahrheit (lacht): Meine Mitspieler haben wir viel aufgelegt, von daher waren viele der Tore nicht besonders schwierig zu versenken. Gegen Bad Pyrmont II habe ich in der Hinrunde einen Ball aus 18 Metern mit Vollspann reingehauen und gegen Bisperode habe ich im Rückspiel einen Schuss in den Winkel gesetzt. An die beiden Treffer kann ich mich ganz gut erinnern.“

Was sind Eure Ziele in der Bezirksliga?
„Seitdem es die Bezirksklasse nicht mehr gibt, ist der Sprung in den Bezirk viel größer. Die Qualität im Kader haben wir, aber es gehören auch andere Faktoren dazu. Wir haben schon vorletzte Saison gesehen, dass viel dazwischen kommen kann. Wenn man erstmal einige Verletzte hat, wird es einfach viel, viel schwieriger. Wir hoffen, dass wir dieses Pech nicht noch einmal haben. Der MTSV Aerzen ist da ein sehr gutes Beispiel. Wenn sie ihre erste Elf auf dem Platz haben, gehören sie für mich zu den besseren Mannschaften der Bezirksliga, trotzdem kämpfen sie oft gegen den Abstieg. Zur kommenden Saison haben wir viele talentierte, junge und hungrige Spieler dazubekommen und wenn wir die Entwicklung nehmen, die wir uns erhoffen, sind  wir gut aufgestellt.“

Von der Bundes- bis zur Kreisliga hast Du mit deinen 30 Jahren sehr viel erlebt. Welche Mitspieler und Trainer sind Dir besonders in Erinnerung geblieben?
„Das ist schwierig zu sagen, da ich das Glück hatte, in meiner Laufbahn viele tolle Menschen kennenlernen zu dürfen. Prägende Trainer im Amateurbereich waren sicherlich Philipp Gasde und Paul Bicknell. In Hannover war Thomas Flath ein toller Trainer und Mensch. Er ist sehr fürsorglich mit seinen Spielern umgegangen. Willi Kronhardt war in meiner Zeit in Halberstadt ebenfalls ein super Coach. Und Andreas Bergmann werde ich immer dankbar dafür sein, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat, Bundesliga-Luft schnuppern zu dürfen. Was Mitspieler betrifft, war Jannik Hilker, mit dem ich in der Jugend und bei Hannover 96 zusammengespielt habe, sicherlich ein treuer Weggefährte. In Pyrmonter Zeiten ist Gerrit Pape zu einem echten Freund geworden. Auf dem Hagen muss ich Marcus Middel nennen, sonst ist er sauer (lacht). Rein fußballerisch gesehen, war Ferhat Bikmaz wohl einer meiner besten Mitspieler. Damals haben wir in Hannover zusammen gespielt und kürzlich ist er erst mit dem HSC Hannover in die Regionalliga aufgestiegen. Ich könnte jetzt noch viele weitere Spieler nennen, aber das würde den Rahmen sprengen.“

Mit dem HSC BW Tündern ist einer Deiner Jugendvereine nun in die Oberliga aufgestiegen. Hat es Dich gereizt, dein Glück vielleicht noch einmal bei den „Schwalben“ in dieser Liga zu versuchen?
„Das Kapitel, höherklassig zu spielen, ist für mich persönlich abgeschlossen. Ich gönne Tündern nur das Beste. Sie nehmen in Hameln-Pyrmont die Rolle eines Vorbilds ein. Die Vereinsführung leistet Unglaubliches, ebenso wie die Mannschaft. Fast alle Spieler stammen aus der eigenen Jugend. Ich hoffe, dass sie diesen Weg so weiterführen und nicht der Versuchung verfallen, viele Spieler zu holen, um mit aller Macht in der Oberliga zu bleiben.“

Florian, wir danken Dir für das ausführliche Gespräch!
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Autor des Artikels

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