„In Schaumburg hatte ich nicht die Einsatzzeiten, die ich gerne gehabt hätte. Ich befand mich in einer schwierigen Situation. Mit Daniel Hoffmann hatte ich einen starken Konkurrenten vor mir, auf den der Trainer mehr gesetzt hat. Dementsprechend war ich auch offen dafür, mich nach etwas anderem umzusehen. Dann hat sich Robert (VfL Hameln-Manager Robert Drechsler, Anm. d. Red.) bei mir gemeldet. Nach zwei längeren Telefonaten hat er mich zum Training eingeladen und ich habe mich mit ihm, Marc Siegesmund und Frank Rosenthal zusammengesetzt und gesprochen. Ich habe gemerkt, dass der Verein Bock hat, hier etwas voranzubringen. Und auch mein Bauchgefühl hat mir gesagt, dass Hameln ein geiles Projekt wird. Dementsprechend habe ich noch in der Kabine nach dem Probetraining meinen Handschlag gegeben und fest zugesagt.“
Bisher hat sich Dein Wechsel scheinbar als absoluter Glücksgriff für den VfL herausgestellt, Trainer und Mitspieler loben Dich immer wieder in den höchsten Tönen für Deine starken Paraden und Reflexe. Warum hat die Einfindung bei Dir auf Anhieb so gut geklappt?
„Ich glaube, dass dafür mehrere Punkte zusammenkommen. Zum einen haben mir Marc Siegesmund als Trainer und später auch Mats Schmidt als Co-Trainer vom ersten Tag an echt viel Vertrauen entgegengebracht. Wenn du weißt, du darfst auch mal einen Fehler machen und musst keine Angst haben, direkt ausgewechselt zu werden, bringt das extrem viel Lockerheit. Man spielt ein Stück weit befreiter auf. Außerdem hat mich die Mannschaft vom ersten Tag an mit offenen Armen empfangen. Die Jungs reißen sich Woche für Woche den Hintern in der Abwehr auf, um mir zu helfen. Dadurch läuft´s auch bei mir besser und die Brust wird Woche für Woche breiter.“
Wer den VfL schon länger verfolgt, weiß, dass Zuschauer und Verein eine eingeschworene Verbindung sind. Wie blickst Du als relativ „Neuer“ im Hause der „Rattenfänger“ auf das Konzept „VfL Hameln“ - was war für Dich neu, was hat Dich vielleicht überrascht, was war eine Umstellung?
„Neu war auf jeden Fall diese Halle. Ich hatte das noch nie, dass ich Woche für Woche vor einer so vollen Halle spielen durfte - mit so einem Fanclub, der uns anpeitscht. Das siehst du in dieser Liga nirgendwo anders. Das pusht einen, das macht richtig Spaß. Besonders ist auch die Konstellation in der Mannschaft. Jeder ist gefühlt ein Ur-Hamelner – und dann kommen Ayke Donker, Louis Fuhlrott, Yendrick Weißhaar und ich als einzige Auswärtige neu dazu. Trotzdem sind wir super aufgenommen worden, vom Team und von den Fans gleichermaßen.“
Hier wurde der Spitzname „Super Saiya-Jens“ geboren.
Nicht nur aufgrund Deiner sportlichen Leistung bist Du in der Hinrunde immer wieder positiv aufgefallen. Markant ist bei Dir auch der exzessive Jubel bei eigenen Paraden oder Toren der Mitspieler, der Dir unter anderem den Spitznamen „Super Saiya-Jens“ eingebracht hat. Emotional gesehen: Wie läuft ein Spiel für Dich persönlich ab?
„Das ist relativ schwierig zu sagen. Gedanken gehen einem während des Spiels nicht viele durch den Kopf. Oftmals hat man gegen den einen oder anderen Spieler schon gespielt oder ihn auf Video gesehen. Viele Bewegungen entstehen dann einfach aus dem Bauchgefühl heraus. Wenn dann ein freier Wurf aufs Tor geht, egal ob Siebemeter, Durchbruch oder Konter, und du diesen Ball hältst, geht einfach ein richtiger Dopaminstoß durch den Körper. Wenn ich den nicht rauslassen würde, würde ich platzen (lacht). Und so etwas kann sich im Laufe eines Spiels auch mal ein Stück weit hochspielen.“
Doch nicht nur bei Dir persönlich läuft´s derzeit so richtig, auch Ihr als Mannschaft habt bisher eine Serie der Extraklasse hingelegt. Elf Spiele, zehn Siege, keine Niederlage, beste Offensive – die Liste ist lang. Was kann Euch bei der Mission „Meisterschaft“ noch gefährlich werden? Worauf kommt es im neuen Jahr an?
„Die Rechnung ist einfach: der einzig sichere Weg ist es, jedes Spiel zu gewinnen. Das Einzige, was uns gefährlich werden kann, sind im Prinzip wir selbst. Wir sind ungeschlagen, haben 21:1-Punkte auf dem Konto und alles selbst in der Hand. Daher sehe ich den Druck bei der Konkurrenz höher. Wir gehen mit einer komfortablen Situation in die Rückserie. Wichtig ist es, dass wir die 'Pflichtsiege', die noch kommen, einfahren, weiterhin fokussiert bleiben und in den Topspielen unseren Stiefel herunterspielen. Hinzu kommt, dass wir den den Vorteil haben, gegen Vinnhorst und Himmelsthür zuhause vor unseren Fans spielen zu dürfen.“
Gab es in der bisherigen Saison ein Spiel, ein Ergebnis oder einen Moment, der sinnbildlich für Euer bisheriges Abschneiden war – und falls ja, wie sah er aus?
„Sinnbildlich ist ein bisschen das Spiel gegen Warberg (33:26-Erfolg, Anm. d. Red.). In der ersten Hälfte haben wir überhaupt nichts auf die Kette bekommen. Zur Pause lagen wir mit drei Treffern hinten, ich habe keinen Ball gestriffen und Janne Siegesmund hatte wahrscheinlich eine Quote von drei von 15 (lacht). Und dann kommen wir zur zweiten Hälfte zurück in die Halle, gewinnen diese Halbzeit mit zehn Toren Differenz. Janne macht plötzlich elf Tore in der zweiten Hälfte. Generell gilt: wenn Janne beispielsweise mal enger gedeckt wird, dann kommt eben Louis Fuhlrott und macht mal eben fünf Tore in fünf Minuten. Da fällt mir auch das Topspiel in Vinnhorst (35:34-Erfolg, Anm. d. Red.) ein, wo Janne nicht wirklich zu seinem Spiel fand, anschließend sogar mit Rot vom Feld flog. Dafür sind dann plötzlich zwei ganz junge Spiele ins kalte Wasser geworfen worden, mit denen wir dieses Spiel gewonnen haben. Das sind Momente, die zeigen, dass die Mannschaft miteinander funktioniert. Wir haben sowohl als Mannschaft wie auch als Einzelspieler die Qualitäten, solche Spiele zu entscheiden. Und wenn du so ein Spiel gewinnst, ist das ein unfassbar geiles Gefühl.“
Wenn Du nach jetzigem Stand ein Team aus den besten Spielern der Hinrunde zusammenstellen müsstest: Welche Spieler dürften darin auf keinen Fall fehlen?
„Da muss ich jetzt aufpassen, was ich sage. Louis Fuhlrott hat mir gesagt, dass er mir beim Training nur noch ins Gesicht wirft, wenn sein Name nicht dabei ist (lacht). Spaß beiseite. Wenn ich so auf die Tabelle schaue, bleibt eigentlich nur die Mannschaft des VfL Hameln übrig, oder? (lacht).“
Abschließend: Der VfL Hameln packt die Oberliga-Meisterschaft, weil...?
„...wir eine Mannschaft sind, die unfassbar breit aufgestellt ist. Wir haben auf jeder Position die Qualität, die du brauchst, um die Oberliga zu gewinnen. Selbst wenn mal Szenarien auftreten wie die Rote Karte von Janne Siegesmund gegen Vinnhorst, dann kommen eben ein Lion Fielitz nach wochenlanger Verletzung und der 17-jährige Benjamin Schieb in seinem dritten Herrenspiel auf die Platte, spielen die Crunchtime im Topspiel und wir gewinnen. Wenn einer einen schlechten Tag, kommt der nächste rein – das macht den Unterschied.“
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