So spektakulär das erste Halbfinale zwischen dem SV Azadi Hameln und der SG Großenwieden/Rohden/Segelhorst am gestrigen Mittwochabend auch war (Endstand 4:1), so starke Nerven mussten die rund 250 mitgereisten Zuschauer am Abend beim zweiten Teil des „Final Four“ in Hemeringen beweisen. Wo gestern noch spielerische Finesse und sagenhafte Abschlüsse an der Tagesordnung waren, regierten zwischen Bisperode und Emmerthal lange Zeit offensive Harmlosigkeit und rassige Zweikämpfe das Spielgeschehen.
Besonders im ersten Durchgang war vor den Toren von Felix König (Emmerthal) und dem eingesprungenen Niklas Pfleger (Bisperode) fast völlig tote Hose. Während die TSG in der Anfangsphase noch etwas Dynamik über die linke Seite um Kevin Vogt und Kartal Özbek versprühte und auf spielerische Lösungen aus war, versuchte Bisperode auffällig oft den pfeilschnellen Leon Pötsch über lange Bälle in Szene zu setzen. Beides erwies sich nicht wirklich als zielführend. Unruhe auf den Zuschauerbänken und Fehlpässe dominierten das Spiel, unfair wurde es auf dem Rasen aber zu keiner Zeit.
Nach wirklichen „Chancen“ bis zur Pause suchte man jedoch so gut wie vergeblich. Eine Emmerthaler Vogt-Hereingabe von der linken Seite fand um Haaresbreite keinen Abnehmer (13.). Vielversprechender wurde es für die von der eigenen Zuschauerschaft angepeitschten Emmerthaler zwei Minuten später. Özbek ließ im Zentrum gleich vier Blau-Gelbe aussteigen, befand sich in guter Abschlussposition – und jagte die Kugel über den Fangzaun. Auf der Gegenseite stellte ein vollkommen ungefährlicher Kopfball von Bisperodes Jarno Schmedecke nach TSV-Freistoß von der Mittellinie den einzigen „Schuss“ aufs Tor bis zum Seitenwechsel dar. Damit sind die Highlights in Durchgang eins auch schon erzählt. „Es war das erwartete Spiel. Bisperode hat viel über lange Bälle versucht, die wir aber weitestgehend sehr gut verteidigt haben“, erklärte TSG-Trainer Daniel Wohlleben nach dem Abpfiff. Bisperodes Co-Trainer Konrad Voss betonte derweil: „Vom Läuferischen und Kämpferischen haben wir heute alles abgerufen, was möglich war.“
Wer dachte, nach dem Pausentee würde die Begegnung an spielerischer Klasse zunehmen, sah sich zunächst getäuscht. Zehn Minuten nach Wiederanpfiff war das „Gesangs-Battle“ der mitgereisten Fanlager das größte Highlight. Die Ballbesitzanteile wurden nun ausgeglichener, doch von Torgefahr fehlte zunächst weiter jede Spur – bis zur 63. Minute. Nach einer Flanke stand Bisperodes Robert Voss aussichtsreich vor dem Kasten in Position, traf die Kugel jedoch nicht richtig. Doch fünf Minuten später wurden die Zuschauer in Hemeringen dann doch aus der Trance gerissen. Wieder einmal wurde Pötsch auf links lang geschickt, hatte diesmal im Vergleich zu den etlichen anderen Versuchen aber etwas mehr Platz. Sein Flankenball fand Robert Voss auf der anderen Seite, der per Kopf in die Mitte ablegte. Dort stand der eingewechselte Joschua Wiechens mutterseelenallein und versenkte die Kugel punktgenau im linken unteren Eck.
Der Treffer beflügelte die Begegnung merklich – auch die bis dahin im zweiten Durchgang völlig abgemeldete TSG-Offensive. Ein Eckball vom eingewechselten Jan Branske landete auf dem Kopf von Dennis Matzeit. Der ließ die Kugel über den Scheitel rutschen – und traf damit eher unabsichtlich das Bein von Teamkollege Luca Schulz. Von dort sprang die Kugel zum 1:1 über die Linie. Kurios: Es war der erste Schuss, der aufs Tor der Bisperoder kam. „In der zweiten Hälfte hat Bisperode super verteidigt. Wir hatten knapp 40 Minuten lang keine Torchance, von daher war ich über den Ausgleich sehr froh“, so Wohlleben.

TSV-Keeper Niklas Pfleger bei der finalen Parade im Elfmeterschießen.
Jetzt war richtig Dampf in der Begegnung. Intensive Zweikämpfe nach dem Motto: Ganz oder gar nicht. Beinahe die direkte Antwort des TSV Bisperode, die in letzter Sekunde entschärft werden konnte. Ein Fernschuss von Voss, der als Bogenlampe getarnt nur hauchzart am Pfosten von Felix König vorbeirauschte, sowie ein weiterer, der zu unplatziert war. In der dritten Minute der Nachspielzeit dann plötzlich nochmal die Grün-Weißen. Am Ende einer Drangphase landete die Kugel knapp 18 Meter vor dem Bisperoder Kasten bei Özbek, der sofort abschloss. „Goalie“ Pfleger setzte zur Flugeinlage an, fuhr die Pranken aus und entschärfte die Kugel sehenswert zur Seite.
Damit war klar (und angesichts des Spielverlaufs auch irgendwie erwartbar): Es muss vom Punkt aus entschieden werden, wer dem SV Azadi ins Kreispokalfinale folgen würde.
Und dort bewiesen beide Seiten, was für abschlussstarke Kicker sie in ihren Reihen haben. Mit teils unhaltbaren Strafstößen ließen die ersten fünf Schützen beider Vereine den Torhütern keine Chance. Auch Schütze Nummer sechs beim TSV, Jarno Schmedecke, setzte sich gegen Emmerthals extra eingewechselten Elfmeter-Torhüter Dr. Ben Schwerdtfeger durch. Anders erging es TSG-Akteur Ansumana Colley. Beim seinem Versuch visierte der Mittelfeldstratege das rechte Eck an. Doch wieder fuhr Pfleger die Pranken aus, kam mit einer Hand an die Kugel und hielt den Sieg der Ostkreisler damit fest. Unter lautstarken Jubelgesängen und Leuchtfeuer-Einsätzen wurde der Held anschließend gebührend geehrt.
„Elfmeterschießen ist immer Lotterie. Heute war das Glück auf unserer Seite. Besonders freut es mich für Niklas Pfleger, der immer – wenn es zeitlich passt – aus der Zweiten aushilft. Meistens erwischt er dann Spiele, wo er einige Dinger schlucken muss. Umso mehr freut es mich, dass er heute mal der Held ist“, kommentierte Voss abschließend. Auf der anderen Seite resümierte Wohlleben: „Elfmeterschießen ist eben Glückssache. Umso bitterer ist der Ausgang heute natürlich. Man muss aber auch sagen, dass sich Bisperode den Sieg über Kampf und Siegeswillen verdient hat.“
Damit steht fest: am kommenden Sonntag stehen sich auf dem frisch zurecht gemachten Rasen im Weserberglandstadion der SV Azadi und der TSV Bisperode im Kreispokalfinale gegenüber – und beide haben bereits so ihre Erfahrungen mit den Pokalfeiern dieses Titels...
TSV Bisperode: Pfleger, Streich, Koop, Genge, Schmedecke, Egly (46. Wiechens), Pötsch, T. Schonscheck, Wetzstein, J. Schonscheck (73. Faßhauer), Voss.
TSG Emmerthal: König (90. +2 Schwerdtfeger), Brakhage, Vogt (84. Kinast), Schulz, Scheel (73. Besecke), Özbek, Garbsch, Batke (56. Branske), Vorrat, Matzeit, Colley.
Schiedsrichter: Laurenz Elias Lamers, Serdal Aydin, Niko Zielonka.
Zuschauer: rund 250.
Tore: 1:0 Joschua Wiechens (68.), 1:1 1:1 Luca Schulz (76.).
Elfmeterschießen:
Joschua Wiechens 2:1
Andrej Vorrat 2:2
Michel Faßhauer 3:2
Kartal Özbek 3:3
Robert Voss 4:3'
Jan Branske 4:4
Maik Genge 5:4
Dennis Matzeit 5:5
Jarno Schmedecke 6:5
Luca Schulz 6:6
Luke Streich 7:6
Niklas Pfleger pariert Schuss von Ansumana Colley.
Kommentare