12.11.2019 09:46

Oberliga


Der Emporstieg: Der MTV Celle ist aus dem Schatten des TuS getreten

Tünderns kommender Gegner hat eine kurze, aber aufregende Fußball-Historie hinter sich / Klindworth: „Unsere Idee ist, auf junge Spieler zu setzen, die aus Celle stammen“
Mannschaftsfoto MTV Eintracht Celle
Der MTV Eintracht Celle ist Tünderns letzter Gegner in der Hinrunde (Foto: MTV Eintracht Celle).

In Celle hat vor einigen Jahren eine Wachablösung stattgefunden. Jahrzehntelang war der TuS Celle FC eines der Aushängeschilder des niedersächsischen Fußballs. Über viele Jahre hinweg waren die Celler stolzes Regionalliga-Mitglied, feierten 1981 und 1990 die Niedersachsenmeisterschaft und wurden 1981 Niedersachsenpokal-Sieger. Nach der Jahrtausendwende führte der Weg jedoch langsam, aber sicher bergab. Finanzielle Probleme begleiteten den Verein jahrelang. Die Konsequenz: auch sportlich führte der Weg nach unten – trotz einer zwischenzeitlichen Rückkehr in die Oberliga. Mittlerweile ist der TuS in der Kreisliga angekommen und spielt dort in Niemandsland der Tabelle – und gegen die zweite Herren des MTV Eintracht Celle.

Im Schatten des TuS

Ganz anders verlief indes der Weg des MTV Eintracht Celle. Im Jahr 2005 bündelten der MTV sowie der SV Eintracht ihre Kräfte und fusionierten zum MTV Eintracht. Die neu formierte Fußball-Abteilung startete ihren Weg zur Saison 2005/06 in der Bezirksliga Ost – damals noch im Schatten des großen TuS. Und so sollte es lange Jahre bleiben. Auf Bezirksebene spielte der Männerturnverein mal oben mit, mal im Mittelfeld – und 2011/12 musste das Team den Gang in die Kreisliga antreten. Der Abstieg wirkte wie ein Weckruf.

Der steile Aufstieg

Die Mannschaft um den langjährigen Trainer Frank Weber – der im Verein als Legende gilt – wurde in den Folgejahren neu aufgestellt. Jörg Klindworth war zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied des großen Lokalrivalen TuS Celle. 46 Jahre hat er dem Klub die Treue gehalten. „Ich habe den Weg des MTV natürlich mitverfolgt. Damals haben sie unter Weber auf junge, talentierte Spieler gesetzt“, erinnert sind Klindworth. Die Eintracht schaffte 2012/13 mit einem astronomischen Vorsprung von 17 Punkten den direkten Wiederaufstieg in die Bezirksliga. Und es ging steil bergauf: Kaum in der neuen Klasse angekommen, wurde die Weber-Elf prompt Vizemeister, schaffte damit noch nicht den Durchmarsch. Dieser sollte jedoch in der Folgesaison 2014/15 mit der Meisterschaft folgen. Und dann war es angerichtet: 2015/16 spielten der MTV Eintracht Celle und der geschichtsträchtige TuS in der Landesliga – der Emporkömmling auf dem aufsteigenden und der „alte Haudegen“ auf dem absteigenden Ast. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt fanden Gespräche über eine Fusion statt, die im Mai 2015 endgültig ad acta gelegt wurden. Klindworth, zu diesem Zeitpunkt noch Vorstandsmitglied des TuS, weiß: „Es ist an den alteingesessenen TuS-Mitgliedern gescheitert. Wir wollten ursprünglich die Kräfte bündeln, um den Leistungsfußball in Celle zu sichern. Es war klar, dass der Weg des TuS ansonsten nach unten führt.“ Infolge der gescheiterten Fusion trat der TuS-Vorstand um den Vorsitzenden Peter Hoop zurück – inklusive Klindworth. Parallel wechselte Klindworths Sohn Tjark zur Saison 2015/16 als Torwart vom TuS zum MTV und sein Vater folgte ihm als neuer sportlicher Leiter. Nach dem Rücktritt von Trainer Weber, der fortan aus zeitlichen Gründen als Co-Trainer und aktuell als Coach der Zweiten agiert, wurde Hilger Wirtz von Elmendorf verpflichtet. Mit ihm zeigte die Erfolgskurve weiterhin steil nach oben.

Die Wachablösung

„Nach dem gescheiterten Zusammenschluss wurde beim TuS nur noch vom Sportplatzverein gesprochen, wenn es um den MTV ging. Es hat ein bisschen an die Rivalität von Bayern München und 1860 München erinnert“, meint Klindworth. Hintergrund: Der TuS nannte und nennt das Günther-Volker-Stadion sein Zuhause, der Lokalrivale wohnt bis heute am Eintracht-Platz in der Nienburger Straße. An den sich umkehrenden sportlichen Machtverhältnissen sollte dies jedoch nichts ändern. Vor über 1.000 Zuschauern gewann der MTV Eintracht am 16. August 2015 beim großen Widersacher, im Rückspiel siegte das Team von Hilger Wirtz von Elmendorf mit 3:1 – der Aufsteiger erreichte einen beachtlichen dritten Rang, der Traditionsverein musste den Gang in die Bezirksliga antreten. Die Befürchtungen des ehemaligen TuS-Vorstands stellten sich als begründet heraus.

Oberliga

Derweil war der MTV noch nicht an seinem Zenit angekommen. Im zweiten Landesliga-Jahr 2016/17 steigerten sich die Celler nochmals, feierten die Landesliga-Meisterschaft, den Aufstieg in die Oberliga und damit den größten Erfolg der Vereinsgeschichte. In der höchsten Klasse Niedersachsens wurden der Mannschaft jedoch die Grenzen aufgezeigt. „Man hat gesehen, dass das junge Team noch grün hinter den Ohren war. Spielerisch hatten die Jungs das nötige Niveau, aber gegen gestandene Oberliga- und ehemalige Regionalliga-Spieler braucht man auch eine gewisse Erfahrung“, erläutert der sportliche Leiter des MTV. Als Vorletzter stieg der MTV Eintracht Celle direkt wieder in die Landesliga ab. Jedoch habe die Degradierung der Mannschaft gut getan. Klindworth: „Wir haben die Mannschaft noch einmal verstärkt. Unsere Idee ist, auf junge Spieler zu setzen, die aus Celle stammen. Damit sind wir bis heute gut gefahren.“ Das beweist die Saison 2018/19. Mit zehn Punkten Vorsprung holte Celle erneut den Landesliga-Titel und feierte eine souveräne Rückkehr in der „Königsklasse“ Niedersachsens. „Und das mit einem Kern von 15 Mann“, lacht Klindworth, der die Mannschaft im Sommer diesen Jahres zahlreich verstärkte, um die nötige Kaderbreite für die Oberliga herzustellen: „Vom etatmäßigen 24-Mann-Kader sind allerdings sechs verletzt und der eine oder andere ist immer mal wieder gesperrt. Damit ist unser Kader aktuell genauso dünn wie letzte Saison. So kann's auch gehen.“ Besonders stolz seien sie im Verein darauf, den Lockrufen von großen Vereinen aus dem Raum Hannover standhalten zu können. Mit Moussa Doumbouya ist erst kürzlich der 34 Tore-Mann der abgelaufenen Saison zu Hannover 96 II gewechselt, vor zwei Jahren wechselte Topscorer Felix Krüger zum TSV Havelse in die Regionalliga – mittlerweile ist Letzterer zurückgekehrt, wenn auch mit viel Verletzungspech. „Wir sind froh, dass wir weitere Abgänge zu den größeren Vereinen aus der näheren Umgebungen vermeiden konnten. Wir haben einen Top-Trainer, eine junge und entwicklungsfähige Mannschaft und bei uns macht das Fußballspielen einfach Spaß. Unsere Spieler wissen das zu schätzen. Darauf sind wir sehr stolz“, unterstreicht Klindworth.

Formtief – gegen Tündern soll der Befreiungsschlag folgen

Aktuell steht der MTV Eintracht in der Oberliga relativ souverän da. Celle ist Zehnter, hat fünf Punkte Vorsprung auf die Abstiegsplätze und ein Spiel weniger als die aktuellen Absteiger absolviert. Im Niedersachsenpokal sorgte das Team für eine faustdicke Überraschung und schmiss Oberliga-Spitzenreiter VfV Borussia Hildesheim mit einem spektakulären 5:4-Sieg aus dem Wettbewerb, feierte darüber hinaus drei Auswärtserfolge in Folge. In den letzten vier Partien zeigte die Formkurve allerdings steil nach unten. Gegen die Kickers Emden, Spelle-Venhaus und den MTV Gifhorn setzte es drei Heimniederlagen in Folge, zuletzt musste sich der MTV beim Heeslinger SC deutlich mit 1:4 geschlagen geben. „Unser Verletzungspech hat daran sicherlich einen großen Anteil. Wir haben vor dieser Negativserie eineinhalb Jahr lang kein Heimspiel verloren“, erklärt Klindworth, der gegen Tündern auf einen Befreiungsschlag hofft: „Nicht, weil Tündern unten steht, sondern weil Tündern ein Verein ist, der mit uns auf einer Welle schwimmt – und vier Heimniederlagen hintereinander darf es einfach nicht geben. Gegen Kickers Emden und Gifhorn gab es zudem schon zwei Niederlagen gegen direkte Konkurrenten. Deshalb werden wir alles versuchen, die drei Punkte in Celle zu lassen.“
102 / 164

Autor des Artikels

Jannik Schröder
Jannik Schröder
Jannik stieg nach seinem Praktikum vor einigen Jahren neben dem Studium als Freier Mitarbeiter bei AWesA ins Boot – und ist nach seinem Master-Abschluss in Germanistik und Geschichte seit Oktober 2015 Chefredakteur.
Telefon: 0176 - 6217 6014
schroeder@awesa.de

Webdesign & CMS by cybox