25.11.2022 11:19

WM-Kommentar


Endlich Fußball!

Ein Kommentar zur Weltmeisterschaft, Moral und echten Konsequenzen
Matthias Koch AWesA WM Kommentar
AWesA-Geschäftsführer Matthias Koch.


Von Matthias Koch

Die WM ist bislang einfach nur furchtbar. Es wird über so ziemlich alles diskutiert und „gefachsimpelt” - nur nicht über Fußball. Wir reden über Moral, über politische Statements und die Hauptfrage scheint zu lauten: wer hat das mutigste Zeichen gesetzt?

Was hat unsere Nationalmannschaft eigentlich konkret mit ihrer „Wir-lassen-uns-den-Mund-nicht-verbieten”-Geste bewegt? Gar nichts! Denn man lässt sich doch ganz offenbar den Mund verbieten. Der DFB hat sich den Regeln dieser irren FIFA-Funktionäre unterworfen. Er hat sie mit seiner Teilnahme an der Weltmeisterschaft quasi unterschrieben. Ganz offen gesagt: Mich wundert der große Aufschrei, eine Kapitänsbinde mit politischer oder gesellschaftlicher Aussage nun nicht tragen zu dürfen - schon wirklich sehr. Denn wer sich nicht an Regeln hält, dem drohen eben auch Strafen.

Deshalb müssen sich alle Beteiligten - auch jeder einzelne Spieler (!) - die Frage stellen: Warum bin ich eigentlich nach Katar gereist? Warum nehme ich an diesen Spielen teil?
Schließlich hätte es doch eine echte Möglichkeit des Widerstands gegeben, die mehr gewesen wäre als im Sande verlaufende Symbolik. Nämlich: Diese WM zu boykottieren! Punkt. Hätte Deutschland, hätten einzelne Spieler eine solch gut begründete Entscheidung durchgezogen, wären ihnen andere Akteure und Nationen gefolgt. Davon bin ich überzeugt. Auch wenn dies nicht die Fragen beantwortet, warum bei der WM in Russland und den Olympischen Spielen in Peking der kritische Diskurs - so zumindest mein Eindruck - gänzlich gefehlt hat. So wie bei jedem großen Turnier davor wohl auch.

Jetzt sind „wir” da, kritisieren aus der Ferne. Aus warmen Räumen, die möglicherweise bald mit Flüssig-Gas aus Katar beheizt sind. Auch das gehört zur Wahrheit dazu!

Meine Hoffnung: die kontroverse Diskussion hat zumindest bewegt, dass der Sport in Zukunft „sauberer” wird und dass ausrichtende Nationen vor der Vergabe besser unter die Lupe genommen werden. Und: dass sich die Lage der Menschen auch in Katar verbessert. Ich gebe zu: meine Hoffnung ist größer als der tatsächliche Glaube daran.

Jedenfalls wünsche ich mir ganz persönlich, dass ich mich in den nächsten Tagen noch irgendwie für dieses Turnier begeistern kann. Was hat man schließlich schon für wunderbare, unvergessliche Momente während dieser Wochen erlebt? Es scheint irgendwie verdammt lange her zu sein, dass der Fußball die Menschen zusammengeführt und begeistert hat. Dass man zusammen den Sport feierte, dass sich völlig fremde Personen bei Public Viewing und Autokorsos glücklich in den Armen lagen.

Das könnte damit beginnen, dass sich unsere Mannschaft mit all ihrer (Körper-)Sprache auf ihren eigentlichen Auftrag konzentriert: ein Tor mehr zu schießen als der Gegner! Denn darum geht’s in diesem Sport. Man kann es sich kaum noch vorstellen. Japan hat uns genau diesen Willen, diese Einstellung, diesen Glauben beeindruckend vorgelebt.
Dazu gehört auch, dass unser Spielführer mit einer Kapitänsbinde aufläuft, die nur genau drei Farben zieren darf: schwarz, rot und gold!

So wie übrigens viele Kapitäne in der Kreisklasse und Bezirksliga ihre Mitspieler auf den Platz führen. Und das ist meine noch größere Hoffnung: dass die Menschen endlich wieder ihren Fokus auf den ehrlichen Sport legen, den wir alle so lieben. Und den findet man im Sportverein im Dorf und im Stadtteil - mit seinen wichtigen sozialen Funktionen, Ehrenamt, Jugendarbeit und der Pflege von Gemeinschaft.
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Matthias Koch
Matthias Koch
Matze ist Gründer, Gesellschafter und Geschäftsführer von AWesA und damit seit Sommer 2008 auch als Redakteur mit dabei.
Telefon: 0176 / 81066165
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