11.01.2022 14:50
Meldung
Über Werder, Chemnitz, Berlin & Koblenz nach... Was macht eigentlich Kristian Taag?
Der gebürtige Hamelner ist erwachsen geworden - und hat sich Alternativen geschaffen...
Kristian Taag zu A-Jugend-Zeiten Werder-Trikot - mittlerweile spielt er für den Nachbarverein in der Regionalliga.
Das Leben als professioneller Fußballer stellen sich viele Fans so einfach vor: 10 Millionen Euro Gehalt, wohnen in einer Riesenvilla mit Pool und eigenem Futsal-Platz, Urlaub auf der ganzen Welt, mit 35 und einem prall gefüllten Konto in Frührente. Das trifft allerdings nur auf die absolute Elite des Fußballs zu. Spieler von den ganz großen Bundesligisten sind in der Lage, diesen Luxus auch wirklich zu leben. Für die meisten Profis gilt: hoffen. Gerade im unteren Profibereich, also 3. Liga und teilweise Regionalliga, ist das Profileben mehr oder weniger ein normaler Job und häufig alles andere als gut bezahlt. Leistungsdruck, der nicht nur von Medien und Fans kommt, sondern auch von einem knurrenden Magen oder fehlenden vier eigenen Wänden. Nach ganz oben schafft es nur die Elite der Elite, der Rest schaut sich früher oder später nach Alternativen um, studiert nebenbei oder macht eine Ausbildung, schafft Alternativen.
Der aus Hameln stammende Kristian Taag hat die Höhen und Tiefen des Profifußballs am eigenen Leibe erfahren. In der Jugend des damaligen Bundesligisten Werder Bremen träumt er von der ganz großen Erstliga-Karriere, von einem finanziell sorglosen Leben. Nachdem es bei Werder nicht weitergeht, wechselt Taag zum Chemnitzer FC in die Herren-Regionalliga und steigt mit dem ostdeutschen Verein sogar in die 3. Liga auf – allerdings gehört er mit seinen jungen 18 Jahren auf der so wichtigen Position des Innenverteidigers nicht zum Stammpersonal. Ohne Spielzeiten kann sich ein Talent nicht weiterentwickeln, also entscheidet er sich für einen Wechsel zu dem Berliner Regionalligisten BFC Dynamo. Zunächst scheint er dort endlich im gehobenen Erwachsenenfußball Fuß zu fassen, erarbeitet sich einen Stammplatz – bis er sich am Meniskus verletzt und operiert werden muss. Zwar erholt sich Taag von diesem Rückschlag, seine Zukunft sieht er aber nicht beim BFC und wechselt zum FC Rot-Weiß Koblenz. Auch die aufflammende Corona-Pandemie spielt eine Rolle. Ähnlich sieht es in Koblenz aus, Corona und die Sehnsucht, wieder näher an der Heimat zu spielen, ziehen ihn zurück in den Norden. Als Glücksfall stellt sich schließlich das Interesse des SV Atlas Delmenhorst heraus, der Verein sucht einen Innenverteidiger und tut sich als Regionalliga-Aufsteiger schwer in der vierten Liga. Taag kann wieder in der Nähe von Bremen wohnen, dort hat er sein Abitur absolviert, in vergangenen Werder-Zeiten viele Freunde gefunden und vor allem trifft er bei Atlas auf einige ehemalige Weggefährten – Atlas Delmenhorst bedient sich immer mal wieder bei den „großen“ grün-weißen Werderanern.
Und plötzlich stellt sich die Kombi Taag und Atlas als Glücksgriff für beide Seiten heraus. Die Allerwenigsten rechnen trotz einiger Verstärkungen für den Kader damit, dass Delmenhorst eine gute Rolle in der zweigeteilten Regionalliga Nord spielen könnte. Doch es kommt genau so: Der SVA wird sensationell Vierter, schlägt im letzten Spiel sogar die große Konkurrenz aus der Nachbarschaft, Werder Bremen II, mit 1:0 und der mittlerweile 22-jährige Taag gehört zu den Leistungsträgern. Endlich bleibt er verletzungsfrei, er fühlt sich wieder heimisch, bringt überragende Leistungen. Delmenhorst qualifiziert sich für die Aufstiegsrunde, ist damit sicher vor dem Abstieg und darf um den Aufstieg in die 3. Liga mitspielen. Nebenbei beginnt er ein Studium der Rechtswissenschaften und arbeitet hart dafür, dass – ob im Sport oder im „normalen“ Leben – eine gute Zukunft auf ihn wartet. Kristian Taag ist erwachsen geworden.
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