14.06.2018 10:01

med & train


Verletzungen vorbeugen

Die Physiotherapeuten Schweins & Plaul berichten vom 13. Präventionssymposium Fußball der VBG & in Zusammenarbeit mit dem DFB und seinen Verbänden
Patrick Borchers Kolja Schweins Andreas Plaul Physiotherapeut BayArena AWesA
Die Physiotherapeuten Patrick Borchers (li.), Kolja Schweins und Andreas Plaul (re.).
BayArena Panorama Fussball Bundesliga Stadion Bayer 04 Leverkusen AWesA
Physiotherapeut Kolja Schweins ließ es sich nicht nehmen, die BayArena im Panorama zu fotografieren.
Von Kolja Schweins & Andreas Plaul.

Am 26. Mai lud die VBG zum 13. Präventionssymposium Fußball, in Zusammenarbeit mit dem DFB und seinen Verbänden, in der Leverkusener BayArena ein. Rund 200 angemeldete Gäste aus dem Leistungssport wurden von Sven Pistor (WDR2) durch ein interessantes und abwechslungsreiches Programm geführt.

Verletzungen vermeiden ist – egal ob im breiten- oder leistungsorientierten Fußball – ein zentrales Thema. Auch am Ende der Saison kommen immer wieder Aussagen von Offiziellen eines Vereines: „Wir haben eine schwache Saison gespielt, da wir ein so hohes Verletzungspech hatten.“

Ist dieses vielzitierte Verletzungspech denn wirklich Schicksal oder gibt es unterschiedliche Stellschrauben, mit denen eine Verletzungsanzahl minimiert oder sogar vermeidbar wäre?

An diesem Gedanken wird seit 2013 in regelmäßigen Abständen bei diesen Veranstaltungen im Austausch von Offiziellen der VBG, des DFB und seinen Landesverbänden, Sportwissenschaftlern, Trainern, Athletiktrainern und den medizinischen Teams, bestehend aus Sportärzten und Sportphysiotherapeuten, diskutiert.

Eines wurde von Beginn an klar angesprochen: Zahlreiche Studien zeigen, dass im Fußball, wie auch in vielen anderen Sportarten, durch gezielte Präventionsmaßnahmen die Anzahl und Schwere der Verletzungen deutlich reduziert werden kann. Ein gesunder Spieler ist leistungsfähig und kann ohne Ausfall optimal trainiert werden, um auch am Ende einer Saison, und vielleicht gerade dann, wenn es besonders darauf ankommt (Meisterschaft, Abstiegskampf, Relegation, Pokalfinale, etc.), für sein Team die goldenen Meter zu gehen. Nicht der Kader der auf dem Papier führt zum Erfolg, sondern der Kader, der konstant auf dem Platz steht.

Das Thema „Prävention“ ist jedoch sehr vielschichtig und wird auch je nach Professur unterschiedlich interpretiert. Deshalb stellte Christian Klein, VBG-Sportreferent und leitender Organisator in dem ersten Vortrag, die sehr provokante Frage: „Was wollt Ihr eigentlich? Prävention aus Trainersicht“. Diese Frage wurde in einer online-Umfrage, mit einem Fragenkatalog aus vier Kategorien und mit jeweils 15 Fragen, an 2000 zufällig ausgesuchte Fußballtrainer (wobei die meisten aus dem Bereich A-Lizenz/Elite-Jugend-Lizenz kamen) gestellt. Die Verletzungen des Oberschenkels wurden dabei als statistisch häufigste Verletzung (s. VBG-Sportreport 2016) aus Trainersicht „unterschätzt“.

Ein Ergebnis der Befragung war die „Top Ten“ der Ursachen von Verletzungen aus Sicht der Trainer.
Als häufigste Ursache wurde eine
  1. mangelnde Fitness und Athletik von den Trainern benannt,
  2. gefolgt von Vorverletzungen,
  3. mangelnder Regeneration &
  4. falschem/schlechtem Training.

Das sind Ursachen, auf die man als Trainerteam direkt Einfluss nehmen kann.

Auf den weiteren Plätzen kamen dann 5) Foul/Unfairness und 6) Gegnerkontakt, gefolgt von
7) unzureichendem Warm-Up, 8) schlechter Ernährung, 9) schlechten Bodenverhältnissen, 10) mangelnder Technik. Schiedsrichter/Regelwerk, Equipment und Pech hatten eine untergeordnete Rolle bei der Beantwortung dieser Frage.

Diese Auflistung zeigt, dass der Gedanke schon über die letzten Jahre immer mehr bei den Trainern angekommen ist und sie und ihre Mannschaft selbst viele Möglichkeiten der Beeinflussung haben.

Leistungsdiagnostische Testverfahren und der medizinische „Check-Up“, als Erkennung der Leistungsfähigkeit der Spieler, wurde besonders von Trainern der höheren Leistungsklassen herausgestellt, die von der VBG für ihre Versicherten finanziell unterstützt werden.

Wenn jedoch ein Spieler verletzt ist, kommt die „Funktionelle Diagnostik“ ins Spiel. Das Thema des Vortrages von Dr. Burak Yildrim & Dr. Hauke Dewitz, die im Institut für funktionelle Diagnostik beheimatet sind, zeigte Möglichkeiten vom Amateur- bis zum Profifußball auf. Nicht nur die Wichtigkeit von funktionellen Tests, sondern auch die regelmäßige Wiederholung, um daraus erkennbare Leistungsabfälle zu interpretieren und Verletzungen zu vermeiden oder um Lösungen für chronische Problematiken zu erkennen, wurde besonders betont. Auch die daraus resultierende Kommunikation im Trainer-/Medizinstab ist in einem modernen, leistungsorientierten Team nicht wegzudenken. „Funktionelle Diagnostik kann sehr umfangreich sein, ist aber nicht nur etwas für die Top-Vereine. Auch für den kleinen Geldbeutel kann man mit einem geschulten Trainerteam (Trainer, Therapeuten, Ärzte) und dem existierenden Testverfahren, wie es die VBG mitentwickelt hat und für seine Versicherten mitfinanziert, im Bereich der:
  • Stabilität,
  • Kraft,
  • Koordination &
  • Beweglichkeit

in einer Trainingseinheit aussagekräftige Ergebnisse erzielen, die bei regelmäßiger Testung ein individuelles Bild des einzelnen Spielers und seiner Belastbarkeit zeigt.

Diese Bilder/Tests sollten optional im Jugendbereich anfangen. Die VBG hat mit „GOKIXX“ eine App entwickelt, die von >50% der Junioren-Spieler der Profi-Vereine genutzt wird. Der Fokus liegt in der Prävention. Bestandteile der App liegen in Befragungen, Events und Informationen, wodurch die Spieler auf weitere Themenfelder aufmerksam gemacht werden, die sie mit dem Vereinsumfeld, wie Chef-/ Athletiktrainer, Physiotherapeut, Teamarzt, Ernährungsexperten, etc. weiter vertiefen können. 

Dr. Patrick Luig stellte sich in seinem Vortrag die Frage:
„Richtige Trainingssteuerung: Hart oder Smart?“

Die immer wiederkehrende Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Verletzungen und Trainingssteuerung? Dies wurde von Dr. Luig mit einem klaren „Ja“ beantwortet. Natürlich ist die gleiche Belastung (10 Minuten laufen in einer Geschwindigkeit von 15km/h) für jeden einzelnen Sportler eine andere Beanspruchung und das Trainerteam sollte diesen Unterschied berücksichtigen und kann ihn auch messbar/planbar machen. Durch die messbaren Beanspruchungs-/ (internal load) und Belastungsparameter (external load) ist es möglich, berichtet Dr. Luig.

Und so muss das präventive Training im Allgemeinen auch individuell auf jeden Einzelnen abgestimmt werden. Hendrik Bloch beschäftigte sich mit folgendem Thema: „Präventives Training - Eins für alle“. Fakt ist: Präventive Trainingsprogramme reduzieren das Verletzungsrisiko. Jedoch darf man trotz der Programme die Variationen und die Individualisierung nicht außer Acht lassen. Wenn das präventive Training auch ins Mannschaftstraining eingefügt werden sollte, so geben einige Studien einen klaren Wegweiser:
  • Bereits im Nachwuchs beginnen
  • 10-20 Minuten pro Trainingseinheit, 2-3 Mal pro Woche = 30-60 Minuten/Woche
  • Je höher die Compliance (Beachtung), desto höher der Effekt
  • Multimodal:
              Beweglichkeit
              Kraft
              Gleichgewicht
              Sprung- und Landetraining

Mit der richtigen Testung und der Nutzung des Praxistools der VBG kann man zusätzlich das individuelle Risiko ermitteln und mit gezielten Übungen präventiv tätig werden.

Regeneration ist auch ein wichtiger Schlüssel der Verletzungsvermeidung. Was dort gezählt wird, wurde von Anton Blessing beschrieben und in verständlicher Sprache übersetzt. Das „Projekt Wolverin“ zeigt interessante Ansätze und verpackt Einzelbausteine der Regeneration (Schlaf, Restauration, Mikronährstoffe und Food).

Auf die „Ernährung im Fußball: Fußball is(s)t unser Leben“ ging Vanessa Oertzen-Hagemann sehr spezifisch noch ein. Als Verletzungsmanagement, Trainingsadaptation, Regeneration sowie Optimierung des Immunsystems und zur Aufrechterhaltung der vollen Leistungsfähigkeit über 90 Minuten ist die Ernährung wichtig. Auch hier kommt die Fachfrau aus dem allgemein wichtigen Bereich der speziellen Energiebereitstellung im Fußball auf die Besonderheiten zu sprechen: vor, während, in der Pause und nach dem Training und/oder Spiel oder auch bei einer akuten oder chronischen Verletzung.

Gerade bei der Regeneration und Rehabilitation ist die Gabe spezieller Inhaltsstoffe wie Kreatin, Zink, Vitamin C, D und Calcium oder auch Omega 3-Fettsäuren, also essentielle Fettsäuren, besonders zu beachten.

Nicht nur in der Theorie war dies eine interessante Veranstaltung.  In den zwei Praxisworkshops zeigten Carsten Rademacher (Leiter Rehatherapie Bayer 04 Werkstatt) die Nutzung des Speedcourts in der BayArena und Tim Riedel (Athletiktrainer NLZ Bayer 04 Leverkusen) ein „Modernes Aufwärmen im Fußball“, bestehend aus Lauf-ABC, (Dynamischen) Stabiübungen und mit Hinzunahme des geliebten Fußballs.
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Autor des Artikels

Team AWesA
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