26.01.2018 09:07

med & train


Was ist gefährlicher? Fußball vs. Hallenfußball

Die Physiotherapeuten Kolja Schweins & Andreas Plaul geben Aufschluss / Große Unterschiede zwischen Freiluft- und Hallenfußball

Zweikämpfe an der Vollbande bergen ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

Von Kolja Scheins und Andreas Plaul

Es ist wieder so weit, die Wintervorbereitung ist im Fußball wieder im vollen Gange, die Mannschaften sind wieder auf den Plätzen unterwegs. Nein - weit gefehlt, denn die meisten Mannschaften können sich nicht in ihrem Wohnzimmer auf die Rückrunde vorbereiten, da durch die Witterung ihre Plätze gesperrt sind. Nur wenige haben bei uns im Landkreis die Möglichkeiten optimal zu planen, da sie einen Kunstrasenplatz nutzen können. Also müssen andere Möglichkeiten geschaffen werden. Da versuchen viele Trainer mit Kreativität die Vorbereitung zu gestalten. Eine schon immer da gewesen Möglichkeit ist das Ausweichen in die Halle. Eine immer wieder aufflammende Diskussion, ob die Halle gut ist oder nicht, spiegelt sich in der Philosophie der Trainer wider. Für das Training finden jedoch auch hier einige Vereine keine geeigneten Zeiten. Hallenturniere sind eine interessante Abwechslung zum spröden Wintertraining, jedoch birgt die andere Belastung ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

Welche Komponenten sind dafür verantwortlich?

Der Vergleich der Plätze, die Größe, die Bodenbeschaffenheit, die Umrandung und die damit veränderte Art des Spieles, die Mannschaftsgröße, das Wechselverhalten und die Belastung auf den Organismus sind hier die wichtigsten Punkte. In der Halle wird in der Regel ein „schnellerer Ball“ als draußen gespielt. Wenn wir uns den Boden anschauen, sehen wir den Unterschied. Der Spieler muss mit einem anderen Schuhwerk auflaufen. Leider ist dabei die optimale Verbindung zwischen Boden und Schuh nicht vorhanden. Die Gefahr es „Um- & Einknickens“ wird damit gefördert. Das kleinere Spielfeld in der Halle erhöht den Gegnerkontakt und damit das Verletzungsrisiko. Hauptsächlich spiegelt sich dies bei Problematiken der Gelenke, wie Sprung- und Kniegelenk wider. Die Bande in der Halle, an der es bei Zweikämpfen automatisch zu weiterem Kontakt kommt, erhöht die Verletzungsgefahr. Dabei sind Verletzungen im gesamten Bereich des Körpers möglich. Nicht nur die Beine auch Arme, Rippen und im schlimmsten Fall der Kopf können mit Prellungen, Platzwunden bis zu Knochenbrüchen in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Spiel, die Taktik, die Ballsicherheit, der Bewegungsablauf und damit die körperliche Belastung ist zwischen beiden Arten des Fußballspiels komplett unterschiedlich.

  • Das Anforderungsprofil eines Spielers im Bereich des Fußballs (outdoor) zeigt:
  • 1000-1400 Aktionen in einem Spiel (90 Minuten) mit/ohne Ball
  • Nettospielzeit von 55 Minuten
  • Laufstrecke von 8000m-11000m
  • ca. 20-25 Sprünge
  • 20-30 Sprints (Strecke 5m-20m)
  • Wechsel Aktivitätsmusters ca. 4-6 Sek.
(Vortrag Dominik Suslik (NLZ Hannover) VBG Präventionssymposium, 06.01.2018 Hannover)

Weiter aufgeschlüsselt ist die Bewegungsanalyse im Fußball:
  • 5,2% Stehend
  • 60,0% gehend (<7,1 km/h)
  • 26,5% joggend (7,1 -14,3 km/h)
  • 6,4% rennend (14,4 -19,7 km/h)
  • 2,0% high-speed running (19,8 – 25,1 km/h)
  • 0,6% sprintend (> 25,1 km/h)
(Di Salvo (2009, 2010) & Bradley (2010))

Wenn man sich diese Zahlen mit den Aktionen unserer hiesigen Hallenfußballer anschaut, sieht man riesige Unterschiede. Die Spielzeit ist viel geringer, die Laufstrecken damit auch, jedoch wird das Aktivitätsmuster bei weit unter 4 Sekunden liegen, es in der kürzeren Zeit zu mehr Sprüngen,
mehr Sprints und viel geringeren Sprintstrecken kommen. Dies bedingt einen anderen koordinativen Bewegungsablauf, den manche „Outdoor Fußballer“ nicht beherrschen und/oder anatomisch nicht beherrschen können. Das Ergebnis zeigt eine kurzfristig längere und höhere Intensität der Belastung in der Halle als auf dem Großfeld. Damit muss sich der Körper dieser Belastung anpassen. Der Muskel benötigt für seine Tätigkeit Energie. Diese stellt er durch den universellen Brennstoff ATP (Adenosintriphosphat) der Muskelzelle zur Verfügung.  ATP wiederum ist als kleiner Speicher in der Zelle vorhanden. Wenn dieser Speicher ausgeschöpft ist, kann aus unterschiedlichen Prozessen der Zelle ATP produziert werden. Hierbei unterscheiden wir vier weitere Prozesse, die je nach Belastung und Intensität benutzt werden und teilweise auch nebeneinander ablaufen.
  1. ADP (Adenosin Di Phosphat) wird in ATD umgewandelt
  2. Kreatin-Phosphat (KP) wird in ATD umgewandelt
  3. Glykose ohne Sauerstoff (Abfallprodukt Laktat)
  4. Glykose mit Sauerstoff (Abfallprodukt Co2)
  5. Fett mit Sauerstoff (Abfallprodukt Co2 + H2O)

Diese Stoffwechselprozesse müssen weiter vom Körper unterstützt werden. Die zu gebrauchenden Produkte müssen zu den Muskeln gebracht werden, die „Abfallstoffe“ wie Co2 und Laktat zur Weiter- / Endverarbeitung abtransportiert werden. Z.B. muss sich der Puls erhöhen, um eine höhere Pumpleistung zu erzielen. Die Atmung wird schneller, um den benötigten Sauerstoff aufzunehmen. Der Hormonkreislauf reagiert automatisch mit der Ausschüttung von Cortison & Adrenalin. In der Halle wird man sehen, dass durch die veränderte Belastungsintensität der Körper mit einem anderen ATP-Produktionsprozess arbeitet, als im Bereich des Outdoor-Fußballs. Sehr gut kann dies mit einem Vergleich einer Messung der maximalen Belastungspulsfrequenz während der Spiele bestätigt werden. Die Atemfrequenz erhöht sich ebenso und die langfristige Belastbarkeit nimmt ab. Ein enormer Stressfaktor für den Körper, der den Adrenalinspiegel steigen lässt. Vielleicht ein Argument für die höhere aggressive Grundstimmung in der Halle, was wiederum zu einem teilweise sehr unfairen und hochverletzungsrisikoreichen Verhalten im Gegnerkontakt führen kann. Alles im allem sind diese beiden Arten Fußball zu spielen doch in vielen Bereichen doch sehr unterschiedlich und mit einem höheren Verletzungsrisiko auf Seiten der Halle zu betrachten.

Wir hoffen natürlich, dass sich keiner der Akteure beim Dewezet-Supercup an diesem Wochenende etwas tut, ansonsten sind die Damen und Herren vom Deutschen Roten Kreuz und unser Team vom Ambulanten Therapiezentrum da, um eine schlelle Versorgung zu garantieren. 
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Autor des Artikels

Team AWesA
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