11.12.2017 14:59

Meldung


Beeindruckend, aber: "Da will man nicht hineingeraten!"

Als Köln in Belgrad war, war auch Glock da / „Es war eine unglaubliche Stimmung“
Roter Stern Belgrad Ultras Bengalo Pyro Feuerwerk AWesA
Die Fans von Roter Stern Belgrad feiern den 1:0-Siegtreffer mit einer Pyroshow. Bild: privat.
Fußball in Deutschland ist mittlerweile vor allem einen Familienerlebnis. Für nicht jugendfreie Fanplakate gibt es ordentlich Ärger, die berühmt-berüchtigten Bengalos ziehen saftige Konsequenzen für die „Täter“ mit sich – oft auch für die Vereine dieser Anhänger. Alkohol wird bei brisanten Begegnungen im Stadion nicht mehr ausgeschenkt, stattdessen gibt es an jeder Ecke - teilwesie völlig sinnfreie - Fanartikel zu erwerben. Selbst die von eingefleischten Fans heiß geliebten Stehtribünen stehen immer mal wieder in der Diskussion. Sogar im „Mutterland“ des Fußballs, in England, gibt es in der Premier League nur noch Sitzschalen. Mehr denn je wird offensichtlich: Fußball ist in Westeuropa zu einem Unterhaltungsgeschäft geworden. Darunter leidet vielerorts die Stimmung, auch hier dient England als Musterbeispiel. Vielen Fans, für die Fußball eine Lebenseinstellung ist, blutet das Herz. Was dabei von vielen gerne übersehen wird: Deutsche Stadien sind im Umkehrschluss sicherer denn je. Meistens zumindest. All das ist in vielen osteuropäischen Ligen noch völlig anders. Zumindest versprechen das unzählige Amateuraufnahmen von leidenschaftlichen Choreos, leuchtenden „Pyroshows“ oder gar massenhaften Ausschreitungen auf YouTube, in deren Kommentarsektionen diverse Ultragruppieren ihren Respekt ausdrücken. „Respect from XY“. Deshalb machte sich Daniel Glock, freier Mitarbeiter von AWesA und frischgebackener Null-Fehler-Schiri, auf den Weg nach Serbien – genauer gesagt Belgrad. Einmal wollte er leibhaftig erleben, wie es in serbischen Stadien zugeht.
 
Ungültige Tickets
 
Dorf Serbien AWesA
Das Dorf, das Glock und sein Freund besuchten. Bild: privat.
Da kam der Auswärtsauftritt des 1. FC Köln bei Roter Stern Belgrad doch gerade recht. Also schossen sich Glock und ein serbischer Freund schnell zwei Tickets und flogen am Dienstag, 5. Dezember, los. Nach gerade einmal einer Stunde und 45 Minuten in der Luft waren sie in der serbischen Hauptstadt. „Schon im Flugzeug haben wir viele Kölner gesehen. Da haben wir schon gemerkt: Das könnten mehr werden“, ahnte Glock bereits, dass die FC-Fans zahlreich erscheinen würden. Noch am gleichen Tag stand für seinen Kumpel ein Besuch bei der Familie an, die in einem rund 20 Kilometern von Belgrad entfernten Dorf beheimatet ist. Für Glock kam es einer Zeitreise gleich. „Das Stadtbild ist modern geprägt. Man könnte sich auch genauso gut in einer westeuropäischen Metropole befinden, alles ist jedoch viel günstiger. Je weiter man sich vom Stadtgebiet entfernt hat, desto spartanischer wurde es aber. Das doch recht große Dorf war dann nicht mehr mit einem kleinen Ort in Deutschland vergleichbar.“ Nachdem am Mittwoch und Donnerstagvormittag noch umfassende Stadtbesichtigungen anstanden, wurde mit Fortschreiten der Zeit immer deutlicher, dass am gleichen Abend noch ein Europa League-Duell anstand. „Man hat immer mehr Kölner gesehen. Gleichzeitig sah man auch ein immer höheres Polizeiaufkommen“, so Glock, der mit seinem Gefährten noch kurzerhand neue Tickets besorgen musste. „Es hat sich herausgestellt, dass die Karten, die wir gekauft haben, aus irgendeinem mir nicht bekannten Grund ungültig waren. Daher hat mein Kumpel alle Hebel in Bewegung gesetzt, um neue Tickets besorgen. Zum Glück hat es geklappt.“ Um 18 Uhr, rund drei Stunden vor Spielbeginn, erreichten die beiden schließlich das Stadion Rajko Mitić.

„Deutsche Schweine“ 

Roter Stern Belgrad Stadion Rajko Mitić AWesA
Stadion Rajko Mitić in einer Panoramaaufnahme. Bild: privat.
Angekommen, fiel Glock direkt auf: „Das Stadion ist nicht mit einem Deutschen vergleichbar.“ Ein hochmoderner Fußballtempel ist das Stadion wahrlich nicht. Beeindruckt war Glock trotzdem. Von den Fans. „Es war eine unglaubliche Stimmung. Keiner hat gesessen und es hat den Eindruck gemacht, dass mehr Leute drin waren als zugelassen.“ Inklusive 5.000 Kölnern, die offenbar zu viele YouTube-Videos gesehen hatten. „Die Kölner haben Feuerwerk auf den Platz und die Tribüne geworden oder geschossen – keine zehn Meter von uns entfernt. Die Belgrad-Fans haben mit fliegenden Sitzschalen geantwortet.“ Außerdem vernahm Glock deutsche Sprechchöre gegen die Kölner. „'Deutsche Schweine' und nach dem Siegtreffer auch 'Auf Wiedersehen'. Dazu gab es dann noch eine schöne Pyroshow.“ Er und sein Freund beobachteten die Szenen möglichst passiv. „Die Stimmung war schon hitzig. Da will man nicht hineingeraten.“ Auf dem Platz bekamen die beiden keinen Leckerbissen zu sehen.
Stadion Voždovac Serbien Einkaufszentrum AWesA
Das Stadion Voždovac befindet sich auf einem Einkaufszentrum. Bild: privat.
Das war an diesem Abend egal. Es war die Stimmung, die sie nachhaltig beeindruckte. So sehr, dass sie noch nicht genug hatten. „Wir haben von Kölner Fans gehört, dass am Freitag noch ein Spiel an einem ganz besonderen Ort stattfinden sollte.“ Es handelte sich um das Erstliga-Spiel zwischen FK Voždovac und Spartak Subotica. Eintrittspreis: 200 Serbische Dinars, umgerechnet 1,67 Euro – günstiger als ein Kreisligaspiel. Das Bild, das sich Glock und seinem Kumpel bot, als sie das Stadion sahen: unbezahlbar.


Stadion auf einem Einkaufszentrum
 
Stadion Vozdovac Serbien Einkaufszentrum AWesA 2
Das Stadion Voždovac von innen.
Das 5.200 Zuschauer umfassende Stadion ist auf einem Einkaufszentrum gebaut. Richtig gelesen: auf einem Einkaufszentrum. „Von einer Parkhauseinfahrt sind wir dann auf das Einkaufszentrum geklettert und haben uns das Spiel angesehen", lacht Glock. Viel war aber nicht los. „Es waren nicht allzu viele Zuschauer da. Das war auch eher eine kurzfristige Idee. Das Highlight war eher das Stadion als solches." Es spielten aber auch noch die Basketballer der „Roten Sterne". Euroleague gegen Anadolu Efes. „Das stand ohnehin auf unserem Plan, das Fußballspiel haben wir vorher nur kurzerhand eingeschoben", erzählt Glock. Basketball in Osteuropa ist ebenfalls für seine mittlerweile legendäre Stimmung bekannt. Einziger Wehrmutstropfen: Die eigentliche Halle war belegt. „Die Scorpions sollten in der Halle der Belgrader spielen. Daher fand das Spiel in einer kleinen Halle statt, die aber trotzdem noch ein paar tausend Zuschauer fasst." Der Stimmung tat es keinen Abbruch.
Roter Stern Belgrad Basketball AWesA
Auch die legendäre Stimmung beim Basketball ließen sich Glock und sein Kumpel nicht entgehen.
„Es ist unfassbar. In einem geschlossenen Raum sind die Eindrücke noch intensiver. Jeder hat seine Mannschaft leidenschaftlich angefeuert, ob 70 Jahre alt oder sechs. Ich hatte auch das Gefühl, dass die Bengalos jede Sekunde gezündet werden – wurden sie aber nicht." Am Ende siegte Belgrad mit 100:81, Glock und sein Freund feierten ihre Eindrücke anschließend mit ein paar kühlen Getränken und machten sich am Samstag auf den Weg nach Deutschland – mitsamt zahlreichen unvergesslichen Momenten. Glock ist angefixt. „Wir wollen wieder hin und gucken schon nach guten Gelegenheiten." Na dann: guten Flug!

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Team AWesA
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